K. S.
„Frieden schaffen mit noch mehr Waffen“ ist eine sehr gefährliche und kurzsichtige „Logik“.
Sie unterfüttert den Krieg bis zum „Endsieg“ der stärkeren Seite, statt ihn zu beenden. Die grausamen Leiden der Zivilbevölkerung, die sinnlosen, mit Orden dekorierten Verstümmelungen oder „Heldentode“ der Soldaten beider Seiten und die skrupellose Zerstörung von Gebäuden, Infrastruktur und Umwelt werden dadurch vervielfacht.
Wir treten deshalb für einen sofortigen Waffenstillstand und den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine ein. Doch wie kann Druck aufgebaut werden, damit sich das Geschäft mit dem Krieg nicht mehr lohnt?
Gegen Kriegstreiberei
Die NATO unter US-Führung ist am Krieg in der Ukraine als imperialistisches Bündnis involviert − mit Waffenlieferungen, „Wirtschaftssanktionen“ gegen Russland und verdeckter militärischer Hilfe.
Erklärtes Ziel der USA ist es, Russland durch einen Abnutzungskrieg in der Ukraine langfristig zu schwächen. Damit steigen auch die Gewinne vor allem der Rüstungsproduzenten und der Energiekonzerne. Ein lohnendes Mordsgeschäft.
Dass die Bundesregierung sogar ein 100 Mrd. € schweres Sondervermögen für die weitere Aufrüstung der Bundeswehr ins Grundgesetz aufnehmen will, lässt die Kassen bei Rheinmetall und Co. noch lauter klingeln.
Gegen diesen kriegerischen Kurs braucht es antimilitaristischen Widerstand. Doch er muss verbunden werden mit einer friedenspolitischen Alternative zum fortgesetzten Morden in der Ukraine.
Wie lässt sich eine politische Beendigung des Krieges herbeiführen? Die Umrisse einer neutralen und unabhängigen Ukraine sind schnell skizziert. Doch die Weltenaufteiler und Militaristen, die gerade das Sagen haben, wollen keinen schnellen Frieden. Die politische Initiative des italienischen Ministerpräsidenten Draghi ist ak- tuell eine Ausnahme von dieser Regel.
„Soziale Verteidigung“?
Wäre überhaupt ein gewaltfreier, antimilitaristischer Weg möglich? Diese Frage wird in der Friedensbewegung unter dem Begriff der „Sozialen Verteidigung“ diskutiert. Damit wird eine grundsätzlich andere, eine demokratische Antwort auf einen militärischen Überfall bezeichnet.
Statt der Unterstützung des Einsatzes der autoritären Kriegsmacht der „eigenen“ herrschenden Klasse werden mobilisierende zivile Aktionen des Widerstands und des Ungehorsams gegen die fremde Besatzungsmacht propagiert.
Dieser Ansatz beruht auf einer klassenpolitischen Organizing-Perspektive. Er verschiebt die politische Handlungslogik weg von Krieg und Nationalismus hin zum internationalen Klassenkampf gegen die Herrschenden.
In Verbindung damit könnte die Anwendung des Konzepts der „offenen Stadt“ die Zerstörung der ukrainischen Städte und Ortschaften durch die russische Armee verhindern. Eine „offene Stadt“ ist ein Ort, der nicht militärisch verteidigt wird und deshalb nach Artikel 25 der Haager Landkriegsordnung auch nicht angegriffen oder bombardiert werden darf.
Die Besetzung eines Staates wie der Ukraine würde die Kräfte des russischen Imperialismus überfordern. Sie stellte viel größere logistische und politische Herausforderungen dar als ein − zudem dilettantisch organisierter − militärischer Überfall. Einem unterdrückten Land spielen das eigene Territorium, das Engagement der eigenen Bevölkerung und der Faktor Zeit in die Hände.
Wie den Krieg stoppen?
Die Organisation des Widerstands in den Betrieben, in der Infrastruktur, in der Verwaltung, in der Öffentlichkeit, in Stadt und Land ist möglich und wirksam. Vor allem die arbeitende Klasse kann mit Streiks, Besetzungen, Sabotagehandlungen, Blockaden weit bessere Alternativen organisieren, als sich im Krieg als uniformiertes oder ziviles Kanonenfutter verheizen lassen zu müssen.
Selbst im geschichtsvergessenen Deutschland war das zum Beispiel anlässlich der Ruhrbesetzung 1923 der Fall. Die Besatzer können sich auf Dauer nicht halten. Sie müssen letztendlich abziehen. Und mit ihnen zieht der Makel des Scheiterns ab ins Land des Aggressors.
Das mörderische Rad des Krieges dreht sich in der Ukraine unerbittlich weiter. Nur eine starke internationale Antikriegsbewegung kann den Kriegstreibern Einhalt gebieten.
Die Gesellschaften der Ukraine und Russlands werden beide mit den Mitteln der herrschenden Klassen im Kriegszustand gehalten. Wege aus dieser totalisierenden Logik werden jedoch auch dort von unten gesucht − mit Antikriegsprotesten, Kriegsdienstverweigerung, Desertion, Flucht …
Unsere Aufgabe ist es, diese Formen des Widerstands gegen den Krieg zu popularisieren und zu unterstützen. Friedenslogik statt Kriegslogik macht zivilen sozialen Widerstand notwendig. Dieser wird zunehmen, je erschöpfter und ermüdeter die Arbeiter und Bauern in Uniform und die große Mehrheit der Zivilbevölkerung werden.
Die politischen Kosten des hochprofitablen Geschäfts mit dem Krieg und der Aufrüstung müssen steigen. Wir müssen die Kriegstreiber und die Profiteure der Aufrüstung stoppen!