Krieg − ein Mordsgeschäft?

K. S.

Frie­den schaf­fen mit noch mehr Waf­fen“ ist eine sehr gefähr­li­che und kurz­sich­ti­ge „Logik“.

 ISO-Aufkleber in Mannheim,  24. Mai 2022. (Foto: Avanti².)

ISO-Auf­kle­ber in Mann­heim, 24. Mai 2022. (Foto: Avanti².)

Sie unter­füt­tert den Krieg bis zum „End­sieg“ der stär­ke­ren Sei­te, statt ihn zu been­den. Die grau­sa­men Lei­den der Zivil­be­völ­ke­rung, die sinn­lo­sen, mit Orden deko­rier­ten Ver­stüm­me­lun­gen oder „Hel­den­to­de“ der Sol­da­ten bei­der Sei­ten und die skru­pel­lo­se Zer­stö­rung von Gebäu­den, Infra­struk­tur und Umwelt wer­den dadurch vervielfacht.

Wir tre­ten des­halb für einen sofor­ti­gen Waf­fen­still­stand und den Abzug der rus­si­schen Trup­pen aus der Ukrai­ne ein. Doch wie kann Druck auf­ge­baut wer­den, damit sich das Geschäft mit dem Krieg nicht mehr lohnt?

Gegen Kriegs­trei­be­rei
Die NATO unter US-Füh­rung ist am Krieg in der Ukrai­ne als impe­ria­lis­ti­sches Bünd­nis invol­viert − mit Waf­fen­lie­fe­run­gen, „Wirt­schafts­sank­tio­nen“ gegen Russ­land und ver­deck­ter mili­tä­ri­scher Hilfe.

Erklär­tes Ziel der USA ist es, Russ­land durch einen Abnut­zungs­krieg in der Ukrai­ne lang­fris­tig zu schwä­chen. Damit stei­gen auch die Gewin­ne vor allem der Rüs­tungs­pro­du­zen­ten und der Ener­gie­kon­zer­ne. Ein loh­nen­des Mordsgeschäft.

Dass die Bun­des­re­gie­rung sogar ein 100 Mrd. € schwe­res Son­der­ver­mö­gen für die wei­te­re Auf­rüs­tung der Bun­des­wehr ins Grund­ge­setz auf­neh­men will, lässt die Kas­sen bei Rhein­me­tall und Co. noch lau­ter klingeln.

Gegen die­sen krie­ge­ri­schen Kurs braucht es anti­mi­li­ta­ris­ti­schen Wider­stand. Doch er muss ver­bun­den wer­den mit einer frie­dens­po­li­ti­schen Alter­na­ti­ve zum fort­ge­setz­ten Mor­den in der Ukraine.

Wie lässt sich eine poli­ti­sche Been­di­gung des Krie­ges her­bei­füh­ren? Die Umris­se einer neu­tra­len und unab­hän­gi­gen Ukrai­ne sind schnell skiz­ziert. Doch die Wel­ten­auf­tei­ler und Mili­ta­ris­ten, die gera­de das Sagen haben, wol­len kei­nen schnel­len Frie­den. Die poli­ti­sche Initia­ti­ve des ita­lie­ni­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Draghi ist ak- tuell eine Aus­nah­me von die­ser Regel.

Sozia­le Verteidigung“?
Wäre über­haupt ein gewalt­frei­er, anti­mi­li­ta­ris­ti­scher Weg mög­lich? Die­se Fra­ge wird in der Frie­dens­be­we­gung unter dem Begriff der „Sozia­len Ver­tei­di­gung“ dis­ku­tiert. Damit wird eine grund­sätz­lich ande­re, eine demo­kra­ti­sche Ant­wort auf einen mili­tä­ri­schen Über­fall bezeichnet.

Statt der Unter­stüt­zung des Ein­sat­zes der auto­ri­tä­ren Kriegs­macht der „eige­nen“ herr­schen­den Klas­se wer­den mobi­li­sie­ren­de zivi­le Aktio­nen des Wider­stands und des Unge­hor­sams gegen die frem­de Besat­zungs­macht propagiert.

Die­ser Ansatz beruht auf einer klas­sen­po­li­ti­schen Orga­ni­zing-Per­spek­ti­ve. Er ver­schiebt die poli­ti­sche Hand­lungs­lo­gik weg von Krieg und Natio­na­lis­mus hin zum inter­na­tio­na­len Klas­sen­kampf gegen die Herrschenden.

In Ver­bin­dung damit könn­te die Anwen­dung des Kon­zepts der „offe­nen Stadt“ die Zer­stö­rung der ukrai­ni­schen Städ­te und Ort­schaf­ten durch die rus­si­sche Armee ver­hin­dern. Eine „offe­ne Stadt“ ist ein Ort, der nicht mili­tä­risch ver­tei­digt wird und des­halb nach Arti­kel 25 der Haa­ger Land­kriegs­ord­nung auch nicht ange­grif­fen oder bom­bar­diert wer­den darf.

Die Beset­zung eines Staa­tes wie der Ukrai­ne wür­de die Kräf­te des rus­si­schen Impe­ria­lis­mus über­for­dern. Sie stell­te viel grö­ße­re logis­ti­sche und poli­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen dar als ein − zudem dilet­tan­tisch orga­ni­sier­ter − mili­tä­ri­scher Über­fall. Einem unter­drück­ten Land spie­len das eige­ne Ter­ri­to­ri­um, das Enga­ge­ment der eige­nen Bevöl­ke­rung und der Fak­tor Zeit in die Hände.

DGB-Kundgebung in Mannheim, 1. Mai 2022. (Foto: helmut-roos@web.de.)

DGB-Kund­ge­bung in Mann­heim, 1. Mai 2022. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Wie den Krieg stoppen?
Die Orga­ni­sa­ti­on des Wider­stands in den Betrie­ben, in der Infra­struk­tur, in der Ver­wal­tung, in der Öffent­lich­keit, in Stadt und Land ist mög­lich und wirk­sam. Vor allem die arbei­ten­de Klas­se kann mit Streiks, Beset­zun­gen, Sabo­ta­ge­hand­lun­gen, Blo­cka­den weit bes­se­re Alter­na­ti­ven orga­ni­sie­ren, als sich im Krieg als uni­for­mier­tes oder zivi­les Kano­nen­fut­ter ver­hei­zen las­sen zu müssen.

Selbst im geschichts­ver­ges­se­nen Deutsch­land war das zum Bei­spiel anläss­lich der Ruhr­be­set­zung 1923 der Fall. Die Besat­zer kön­nen sich auf Dau­er nicht hal­ten. Sie müs­sen letzt­end­lich abzie­hen. Und mit ihnen zieht der Makel des Schei­terns ab ins Land des Aggressors.

Das mör­de­ri­sche Rad des Krie­ges dreht sich in der Ukrai­ne uner­bitt­lich wei­ter. Nur eine star­ke inter­na­tio­na­le Anti­kriegs­be­we­gung kann den Kriegs­trei­bern Ein­halt gebieten.

Die Gesell­schaf­ten der Ukrai­ne und Russ­lands wer­den bei­de mit den Mit­teln der herr­schen­den Klas­sen im Kriegs­zu­stand gehal­ten. Wege aus die­ser tota­li­sie­ren­den Logik wer­den jedoch auch dort von unten gesucht − mit Anti­kriegs­pro­tes­ten, Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rung, Deser­ti­on, Flucht …

Unse­re Auf­ga­be ist es, die­se For­men des Wider­stands gegen den Krieg zu popu­la­ri­sie­ren und zu unter­stüt­zen. Frie­dens­lo­gik statt Kriegs­lo­gik macht zivi­len sozia­len Wider­stand not­wen­dig. Die­ser wird zuneh­men, je erschöpf­ter und ermü­de­ter die Arbei­ter und Bau­ern in Uni­form und die gro­ße Mehr­heit der Zivil­be­völ­ke­rung werden.

Die poli­ti­schen Kos­ten des hoch­pro­fi­ta­blen Geschäfts mit dem Krieg und der Auf­rüs­tung müs­sen stei­gen. Wir müs­sen die Kriegs­trei­ber und die Pro­fi­teu­re der Auf­rüs­tung stoppen!

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juni 2022
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