N. B.
Mittlerweile hat ein sehr großer Teil der Bevölkerung mindestens eine Corona-Infektion durchgemacht. Genaue Zahlen für diesen gesundheitspolitischen Skandal gibt es nicht.
Bekannt ist aber: Viele dieser Menschen sind nach ein, zwei oder auch vier Wochen nicht wieder gesund. Sie leiden unter Long COVID.
Was ist Long COVID?
Menschen mit Long COVID sind nicht mehr akut infiziert, also auch nicht ansteckend. Ihre Symptome halten aber entweder an oder es treten neue Symptome in Folge der Corona-Erkrankung auf. Diese können körperlicher, kognitiver und psychischer Art sein und schränken die Betroffenen in ihrem Alltag stark ein.
Zu den häufigsten Symptomen gehören Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit (auch „Fatigue“ genannt), Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen, Muskelschwäche und -schmerzen, psychische Probleme, wie depressive Stimmungen und Angstsymptome, sowie Riech- und Schmeckstörungen.
Im schlimmsten Fall kommt es zum Chronischen Erschöpfungssyndrom oder anderen körperlichen Folgen, die Menschen von umfassender Pflege abhängig machen. Manchmal ist für Betroffene schon der Gang ins Bad kaum zu bewältigen, sind Licht und Lärm kaum auszuhalten.
Die Symptome halten Wochen, Monate und manchmal auch Jahre an − ohne eine Gewissheit, wann und ob sie sich wieder legen. Bestehen sie noch länger als 12 Wochen nach Beginn der Corona-Infektion, wird dies als Post-COVID-Syndrom bezeichnet.
Wen trifft Long COVID?
Der Forschungsstand zu Long COVID stellt sich dürftig dar. Begründet wird dies beispielweise vom RKI mit der Neuartigkeit der Erkrankung, die sicher ihren Teil dazu beiträgt.
Doch insbesondere zu Beginn der Pandemie berichteten viele Betroffene, in ihren Beschwerden nicht ernstgenommen worden zu sein. Es dauerte daher eine beträchtliche Zeit, bis über- haupt erste Untersuchungen zu Ursachen, Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten eingeleitet wurden.
Die Daten zur Häufigkeit von Long COVID variieren in unterschiedlichen Forschungsarbeiten zwischen 7,5 % und 41 %. Das ist zwar wenig aussagekräftig, macht aber deutlich, dass Long COVID ein breites und ernstzunehmendes Problem darstellt.
Die Wahrscheinlichkeit, an Long COVID zu erkranken, nimmt mit der Schwere des Verlaufs der Corona-Erkrankung zu. Dennoch können auch nach milden oder gar symptomfreien Verläufen Long COVID-Symptome auftreten.
Entgegen allen Behauptungen, die Pandemie sei für Kinder und Jugendliche ungefährlich, können auch sie von Long COVID betroffen sein. Der Forschungsstand lässt hier allerdings noch mehr zu wünschen übrig als bei Erwachsenen.
Was tun?
Der einzige sichere Schutz vor Long COVID besteht darin, sich nicht zu infizieren. Ein vollständiger SARS-CoV-2-Impfschutz kann das Risiko von Long COVID verringern, aber nicht beseitigen.
Auf individueller Ebene bleibt uns – trotz allem „Freiheitsgerede“ – die Verantwortung für den Schutz der Gesundheit von uns und unseren Mitmenschen. Das ist durch die Einhaltung der AHA-L-Regeln leicht möglich. Zudem verbessert sich der Schutz vor schweren Erkrankungen durch eine vollständige Impfung.
Insbesondere brauchen wir aber endlich einen konsequenten Infektionsschutz im öffentlichen Raum und am Ausbildungs- sowie am Arbeitsplatz. Sein Kern ist die planmäßige und kontrollierte Umsetzung des TOP-Prinzips, das heißt die Verwirklichung technischer, organisatorischer und persönlicher Schutzmaßnahmen (vgl. z. B.: www.iso-4-rhein-neckar.de/cor1 oder www.iso-4-rhein-neckar.de/cor2).
Gesundheit oder Profit?
Nach einer Corona-Infektion müssen Betroffene genügend Zeit haben, sich auszukurieren. Häufig wird der Eindruck vermittelt, mit einem negativen Testergebnis könne man direkt wieder anfangen zu arbeiten. Dabei sagt es aber wenig darüber aus, ob die betreffende Person wieder gesund ist.
Die Arbeitsbelastung trägt außerdem nicht zur Gesundung bei. Sie kann dazu führen, dass Menschen nach wenigen Tagen oder Wochen wieder vermehrt unter Erschöpfungs- und anderen Symptomen leiden.
Es sollte eine Selbstverständlichkeit und keine Ausnahme sein, dass Infizierte auch nach einer akuten Erkrankung sich noch schonen können. Die Rückkehr an den Arbeitsplatz darf nur nach der Wiederherstellung der vollen Belastbarkeit erfolgen.
Zudem müssen einfache Wege geschaffen werden, auf denen Long COVID als Berufskrankheit anerkannt, die finanzielle Sicherheit und die medizinische wie gegebenenfalls pflegerische Versorgung gewährleistet werden. Nur mit finanzieller, beruflicher, medizinischer und sozialer Sicherheit haben Menschen die Möglichkeit wieder wirklich zu gesunden.