R. G.
Das Thema des gelungenen Infoabends der ISO Rhein-Neckar im April lautete „Militarismus, Aufrüstung, Krieg − wohin führt die Logik des kapitalistischen Klassenkampfs?“.
Unser Referent stellte zu Anfang fest, dass der russische Angriffs-Krieg durch nichts zu rechtfertigen sei. Die NATO sei für die militärische Eskalation zwar mitverantwortlich, aber in diesem Krieg sei Russland der Angreifer. Die besondere Gefahr dieses Krieges sei, dass er sich zu einem dritten, atomar geführten Weltkrieg auf europäischem Boden entwickeln könne.
Kriegspolitik
Dieser Krieg sei die blutig-militärische Fortsetzung des sich seit Jahren zuspitzenden wirtschaftlichen und geopolitischen Konflikts zwischen den NATO-Staaten und Russland. Es sei nicht nur ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine, sondern auch ein Krieg zwischen Russland und dem „westlichen“ Block.
Kriege stünden in einem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung des Kapitalismus. In den letzten fünf Jahrzehnten hätten Neoliberalismus und kapitalistische Globalisierung nicht zu einer friedlicheren und demokratischeren Welt geführt, sondern die weltweiten Krisen (Klima, Wirtschaft, Ernährung, Gesundheit, Kriegen und Flucht usw.) verstärkt.
Die herrschenden Klassen hätten auf diese Krisen im Kern nur die Antwort „Weiter so“. Das bedeute nichts anderes, als die zerstörerische Ausbeutung von Natur und Mensch fortzusetzen und um Einflusszonen, Bodenschätze und Absatzmärkte zu konkurrieren. Diese Politik habe den gigantischen Reichtum weniger auf Kosten vieler ermöglicht, die Konkurrenz zwischen den kapitalistischen Industriestaaten verschärft und somit die Kriegsgefahr dramatisch gesteigert.
Kriegskapitalismus
Bereits in „Friedenszeiten“ würden die wirtschaftlich starken kapitalistischen Länder einen permanenten wirtschaftlichen Unterwerfungskrieg führen. Die Schwachen müssten sich dabei den Stärke- ren fügen. Wer sich widersetze, würde zuerst politisch-diplomatisch, dann wirtschaftlich und zuletzt auch militärisch unter Druck gesetzt.
Um die „eigene“ Bevölkerung von dieser aggressiven Unterwerfungs-Politik zu „überzeugen“, würden sich die herrschenden Klassen reaktionärer Ideologien wie Nationalismus, Rassismus, religiösem Fanatismus und Militarismus bedienen.
Dass derartige Menschenverachtung so viel Zuspruch erfahre, sei eng mit der organisatorischen und politischen Schwächung der internationalen Bewegung der arbeitenden Klasse verbunden. Denn damit sei die einzige soziale Kraft, die auf Krisen und Kriege eine internationalistische Antwort geben könne, nicht im notwendigen Maße handlungsfähig.
Diskussion
Dem Referat folgte eine intensive Diskussion. Einig war man sich im „Nein zum Krieg“. Gemeinsame Sicht war auch, dass Russland in diesem Krieg der zu verurteilende Aggressor und die NATO kein Friedensbündnis sei.
Fragen gab es bezüglich des „Rechts von Nationen auf Selbstverteidigung“ und was dies, gerade auch hinsichtlich der Waffenexporte an die Ukraine, konkret bedeute. Eine ablehnende Haltung gab es gegenüber den gegen Russland verhängten Sanktionen. Diese träfen nicht zielgerichtet die Oligarchen und die „Putinisten“, sondern vor allem die arbeitenden Klassen und die Armen.
Bei der Entwicklung politischer Positionen und Forderungen müsse von dem, was ist − also der konkreten Situation − ausgegangen werden. Dabei müsse immer die Frage gestellt werden: „Wem nutzt etwas?“. Das heißt, wer wird letztendlich von Forderungen und Entscheidungen profitieren.
Perspektiven
Mehrere Diskutierende betonten, dass ohne die Überwindung des Kapitalismus eine friedliche Welt nicht möglich sei. Wer Krieg ablehne, müsse auch vom Kapitalismus reden. Ein Wissen, das insbesondere innerhalb der arbeitenden Klasse und ihrer Gewerkschaften wieder populär zu machen ist.
Aktuelle Aufgabe der politischen und gewerkschaftlichen Linken sei es, in der Ukraine und Russland diejenigen zu unterstützen, die gegen den Krieg und für die emanzipatorische Überwindung des Kapitalismus kämpfen. Darüber hinaus müsse hierzulande der Widerstand gegen den Militarismus sowie dessen soziale und politische Folgen organisiert werden.
Die politische Linke wird sich leider auch in Zukunft mit Aufrüstung und Krieg beschäftigen müssen. Umso wichtiger ist es, unsere politischen Antworten und Aktivitäten weiterzuentwickeln.