Mili­ta­ris­mus und Klassenkampf

 

R. G.

Das The­ma des gelun­ge­nen Info­abends der ISO Rhein-Neckar im April lau­te­te „Mili­ta­ris­mus, Auf­rüs­tung, Krieg − wohin führt die Logik des kapi­ta­lis­ti­schen Klassenkampfs?“.

Unser Refe­rent stell­te zu Anfang fest, dass der rus­si­sche Angriffs-Krieg durch nichts zu recht­fer­ti­gen sei. Die NATO sei für die mili­tä­ri­sche Eska­la­ti­on zwar mit­ver­ant­wort­lich, aber in die­sem Krieg sei Russ­land der Angrei­fer. Die beson­de­re Gefahr die­ses Krie­ges sei, dass er sich zu einem drit­ten, ato­mar geführ­ten Welt­krieg auf euro­päi­schem Boden ent­wi­ckeln könne.

Titelbild Avanti² Nr. 92. (Foto: Privatarchiv.)

Titel­bild Avan­ti² Nr. 92. (Foto: Privatarchiv.)

Kriegs­po­li­tik
Die­ser Krieg sei die blu­tig-mili­tä­ri­sche Fort­set­zung des sich seit Jah­ren zuspit­zen­den wirt­schaft­li­chen und geo­po­li­ti­schen Kon­flikts zwi­schen den NATO-Staa­ten und Russ­land. Es sei nicht nur ein Krieg zwi­schen Russ­land und der Ukrai­ne, son­dern auch ein Krieg zwi­schen Russ­land und dem „west­li­chen“ Block.

Krie­ge stün­den in einem direk­ten Zusam­men­hang mit der Ent­wick­lung des Kapi­ta­lis­mus. In den letz­ten fünf Jahr­zehn­ten hät­ten Neo­li­be­ra­lis­mus und kapi­ta­lis­ti­sche Glo­ba­li­sie­rung nicht zu einer fried­li­che­ren und demo­kra­ti­sche­ren Welt geführt, son­dern die welt­wei­ten Kri­sen (Kli­ma, Wirt­schaft, Ernäh­rung, Gesund­heit, Krie­gen und Flucht usw.) verstärkt.

Die herr­schen­den Klas­sen hät­ten auf die­se Kri­sen im Kern nur die Ant­wort „Wei­ter so“. Das bedeu­te nichts ande­res, als die zer­stö­re­ri­sche Aus­beu­tung von Natur und Mensch fort­zu­set­zen und um Ein­fluss­zo­nen, Boden­schät­ze und Absatz­märk­te zu kon­kur­rie­ren. Die­se Poli­tik habe den gigan­ti­schen Reich­tum weni­ger auf Kos­ten vie­ler ermög­licht, die Kon­kur­renz zwi­schen den kapi­ta­lis­ti­schen Indus­trie­staa­ten ver­schärft und somit die Kriegs­ge­fahr dra­ma­tisch gesteigert.

Kriegs­ka­pi­ta­lis­mus
Bereits in „Frie­dens­zei­ten“ wür­den die wirt­schaft­lich star­ken kapi­ta­lis­ti­schen Län­der einen per­ma­nen­ten wirt­schaft­li­chen Unter­wer­fungs­krieg füh­ren. Die Schwa­chen müss­ten sich dabei den Stär­ke- ren fügen. Wer sich wider­set­ze, wür­de zuerst poli­tisch-diplo­ma­tisch, dann wirt­schaft­lich und zuletzt auch mili­tä­risch unter Druck gesetzt.

Um die „eige­ne“ Bevöl­ke­rung von die­ser aggres­si­ven Unter­wer­fungs-Poli­tik zu „über­zeu­gen“, wür­den sich die herr­schen­den Klas­sen reak­tio­nä­rer Ideo­lo­gien wie Natio­na­lis­mus, Ras­sis­mus, reli­giö­sem Fana­tis­mus und Mili­ta­ris­mus bedienen.

Dass der­ar­ti­ge Men­schen­ver­ach­tung so viel Zuspruch erfah­re, sei eng mit der orga­ni­sa­to­ri­schen und poli­ti­schen Schwä­chung der inter­na­tio­na­len Bewe­gung der arbei­ten­den Klas­se ver­bun­den. Denn damit sei die ein­zi­ge sozia­le Kraft, die auf Kri­sen und Krie­ge eine inter­na­tio­na­lis­ti­sche Ant­wort geben kön­ne, nicht im not­wen­di­gen Maße handlungsfähig.

Dis­kus­si­on
Dem Refe­rat folg­te eine inten­si­ve Dis­kus­si­on. Einig war man sich im „Nein zum Krieg“. Gemein­sa­me Sicht war auch, dass Russ­land in die­sem Krieg der zu ver­ur­tei­len­de Aggres­sor und die NATO kein Frie­dens­bünd­nis sei.

Fra­gen gab es bezüg­lich des „Rechts von Natio­nen auf Selbst­ver­tei­di­gung“ und was dies, gera­de auch hin­sicht­lich der Waf­fen­ex­por­te an die Ukrai­ne, kon­kret bedeu­te. Eine ableh­nen­de Hal­tung gab es gegen­über den gegen Russ­land ver­häng­ten Sank­tio­nen. Die­se trä­fen nicht ziel­ge­rich­tet die Olig­ar­chen und die „Puti­nis­ten“, son­dern vor allem die arbei­ten­den Klas­sen und die Armen.
Bei der Ent­wick­lung poli­ti­scher Posi­tio­nen und For­de­run­gen müs­se von dem, was ist − also der kon­kre­ten Situa­ti­on − aus­ge­gan­gen wer­den. Dabei müs­se immer die Fra­ge gestellt wer­den: „Wem nutzt etwas?“. Das heißt, wer wird letzt­end­lich von For­de­run­gen und Ent­schei­dun­gen profitieren.

Per­spek­ti­ven
Meh­re­re Dis­ku­tie­ren­de beton­ten, dass ohne die Über­win­dung des Kapi­ta­lis­mus eine fried­li­che Welt nicht mög­lich sei. Wer Krieg ableh­ne, müs­se auch vom Kapi­ta­lis­mus reden. Ein Wis­sen, das ins­be­son­de­re inner­halb der arbei­ten­den Klas­se und ihrer Gewerk­schaf­ten wie­der popu­lär zu machen ist.

Aktu­el­le Auf­ga­be der poli­ti­schen und gewerk­schaft­li­chen Lin­ken sei es, in der Ukrai­ne und Russ­land die­je­ni­gen zu unter­stüt­zen, die gegen den Krieg und für die eman­zi­pa­to­ri­sche Über­win­dung des Kapi­ta­lis­mus kämp­fen. Dar­über hin­aus müs­se hier­zu­lan­de der Wider­stand gegen den Mili­ta­ris­mus sowie des­sen sozia­le und poli­ti­sche Fol­gen orga­ni­siert werden.

Die poli­ti­sche Lin­ke wird sich lei­der auch in Zukunft mit Auf­rüs­tung und Krieg beschäf­ti­gen müs­sen. Umso wich­ti­ger ist es, unse­re poli­ti­schen Ant­wor­ten und Akti­vi­tä­ten weiterzuentwickeln.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Mai 2022
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