Nach der Wahl – neue Angriffe?

Soli­da­ri­sche Gegenwehr!

U. D.

Unab­hän­gig von mög­li­chen Regie­rungs­ko­ali­tio­nen ste­hen die wirk­li­chen Wahl­ge­win­ner bereits fest: Das kapi­ta­lis­ti­sche Wirt­schafts­sys­tem und sei­ne Pro­fi­teu­re, die sich wei­ter unge­hin­dert berei­chern wer­den. Die Wahl­ver­lie­rer sind CDU/CSU und Links­par­tei. Aber wirk­lich ver­lo­ren haben die arbei­ten­de Klas­se und das Klima.

Kundgebung auf dem Marktplatz in Mannheim, 1. Mai 2020. (Foto: Copyright by helmut-roos@web.de)

Kund­ge­bung auf dem Markt­platz in Mann­heim, 1. Mai 2020. (Foto: Copy­right by helmut-roos@web.de)

Rund 95% der gewähl­ten Abge­ord­ne­ten ver­tre­ten kapi­ta­lis­ti­sche Par­tei­en unter­schied­li­cher Rich­tun­gen. Ihnen gemein­sam ist, dass sie den Kapi­ta­lis­mus nicht grund­sätz­lich in Fra­ge stel­len. Wor­über sich Kapi­tal und neo­li­be­ra­le Ideo­lo­gen beson­ders freu­en dürf­ten: Der Anti­ka­pi­ta­lis­mus hat auf Mas­se­ne­be­ne zur­zeit kei­ne Anziehungskraft.

Nie­der­gang der „Volks­par­tei­en“?
Über Jahr­zehn­te hin­weg waren CDU/CSU und SPD die tra­gen­den Säu­len des par­la­men­ta­ri­schen Sys­tems. Ange­sichts der Kri­sen des Kapi­ta­lis­mus und deren Fol­gen für Mensch, Natur und Gesell­schaft haben die poli­ti­schen Ant­wor­ten die­ser „Volks­par­tei­en“ an inte­gra­ti­ver Kraft ver­lo­ren. Den­noch erhal­ten sie immer noch 50 % der abge­ge­be­nen Stimmen.

Schö­ne neue Welt – Grü­ne und FDP
Die Hoff­nung der Neo­li­be­ra­len in bei­den Par­tei­en scheint sich end­lich zu erfül­len: Es wächst zusam­men, was zusam­men­ge­hört. Öko- und Neo­li­be­ra­le sehen die Chan­ce, ihre Inhal­te erfolg­reich in eine Regie­rungs­ko­ali­ti­on ein­zu­brin­gen. Damit droht eine ka- pital­freund­li­che öko-neo­li­be­ra­le Poli­tik, für die das Sozia­le nur im Rah­men einer not­wen­di­gen Befrie­dung des „Wahl­vol­kes“ von Bedeu­tung ist.

Nazis, AFD und Corona-Leugnung
Mil­lio­nen Men­schen haben reak­tio­nä­re oder offen faschis­ti­sche Par­tei­en gewählt. Auto­ri­tä­re, ras­sis­ti­sche, anti-semi­ti­sche und faschis­ti­sche Ideo­lo­gien haben erfolg­reich den öffent­li­chen Raum zurück­er­obert, sich im Par­la­ment ver­an­kert und die gesell­schaft­li­che Dis­kus­si­on nach rechts verschoben.

Dies stellt eine rea­le Gefahr dar. Umso wich­ti­ger sind anti­fa­schis­ti­sche Mobi­li­sie­rung und **Auf­klä­rung. Dabei muss deut­lich gemacht wer­den, dass Anti­fa­schis­mus ohne Anti­ka­pi­ta­lis­mus und ohne gewerk­schaft­li­che Mobi­li­sie­rung kei­nen Erfolg haben wird.

Die ange­pass­te Linkspartei
Die Außen­wir­kung der Links­par­tei wird maß­geb­lich durch die Spit­ze ihrer Par­la­ments­frak­ti­on geprägt. So ist das Bild einer sys­tem­in­te­grier­ten Par­tei ent­stan­den, die sich nicht an der Über­win­dung des Kapi­ta­lis­mus, son­dern an der Über­win­dung der 5-%-Hürde ori­en­tiert. Die nicht mehr das Not­wen­di­ge, son­dern das „Mach­ba­re“ im Blick hat und die vor allem ihre Regie­rungs­fä­hig­keit bewei­sen möchte.

FFF-Demo in Mannheim, 24. September 2021. (Foto: helmut-roos@web.de)

FFF-Demo in Mann­heim, 24. Sep­tem­ber 2021. (Foto: helmut-roos@web.de)

Haupt­ver­lie­rer: arbei­ten­de Klasse …
Längst zahlt die arbei­ten­de Klas­se die Zeche für die kapi­ta­lis­ti­sche Kri­se. Stei­gen­de Mie­ten, stei­gen­de Ener­gie­prei­se, Angrif­fe auf sozia­le Siche­rungs­sys­te­me, digi­ta­le Ratio­na­li­sie­rung, Arbeits­platz­ver­nich­tung, Betriebs­schlie­ßun­gen, pre­kä­re Beschäf­ti­gung, Leih­ar­beit, Nied­rig­löh­ne usw. sind längst All­tag geworden. 
Das jet­zi­ge Par­la­ment und die kom­men­de Regie­rung wer­den dar­an nichts ändern. Ganz im Gegen­teil: Die Pan­de­mie­kos­ten und der öko­lo­gisch-digi­ta­le „Umbau“ der Gesell­schaft sol­len noch radi­ka­ler auf Kos­ten der arbei­ten­den Klas­se finan­ziert werden.

… und Klima
Auch wenn fast alle Par­tei­en den Kli­ma­wan­del zum Wahl­the­ma gemacht haben, wird es kei­ne wirk­sa­men Ver­än­de­run­gen geben. Ein kon­se­quen­ter öko­lo­gi­scher Umbau wür­de die Besei­ti­gung der kapi­ta­lis­ti­schen Pro­fit­wirt­schaft erfor­dern. Die über­gro­ße Mehr­heit der Abge­ord­ne­ten ist dazu nicht bereit und will weder den Kapi­ta­lis­mus abschaf- fen, noch die Kapi­tal­macht brechen.

Was tun!
Von der neu­en Bun­des­re­gie­rung posi­ti­ve Ver­än­de­run­gen zu erwar­ten, wür­de wei­ter läh­men. Statt­des­sen müs­sen, wo immer mög­lich, außer­par­la­men­ta­ri­sche Bewe­gun­gen auf­ge­baut und mit­ein­an­der ver­netzt werden.

Beson­de­re Bedeu­tung hat dabei die poli­ti­sche Arbeit in den Betrie­ben und Gewerk­schaf­ten. Nur wenn dort die poli­ti­sche Lin­ke ihren Ein­fluss wie­der ver­grö­ßern kann, wer­den soli­da­ri­sche Ideen auch auf Mas­se­ne­be­ne wie­der popu­lär. Nur so kann eine brei­te anti­ka­pi­ta­lis­ti­sche Bewe­gung auf­ge­baut wer­den, die sowohl Neo­li­be­ra­lis­mus als auch Faschis­mus zurück­drän­gen kann.

Dazu müs­sen die poli­ti­sche und die gewerk­schaft­li­che Lin­ke ihre Kräf­te bün­deln, statt poli­ti­sche Eigen­hei­ten und Nischen zu kul­ti­vie­ren. Dies kann gelin­gen, wenn sie gemein­sam und soli­da­risch eine außer­par­la­men­ta­ri­sche sozia­le und öko­lo­gi­sche Front der gesell­schaft­li­chen Gegen­wehr aufbaut.


Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Okto­ber 2021
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