Warum eigentlich nur in Frankreich?
E. B.
Nach dem Scheitern der Regierung Bayrou am 9. September 2025 ernannte Staatspräsident Macron umgehend den rechten Politiker Lecornu zum neuen Premierminister. Offenbar setzt Macron darauf, dass Lecornu im französischen Parlament eher mit der Unterstützung des faschistischen Rassemblement National von Le Pen rechnen kann.

„Geld für Löhne, nicht für Krieg“ – Paris, 10. September 2025. (Foto: Photothèque Rouge / Martin Noda / Hans Lucas.)
France, Paris, 2025-0-10. Une pancarte sur laquelle on peut lire “L argent pour les salaires, pas pour la guerre”. Rassemblement a la place du Chatelet. 1er journee du mouvement Bloquons tout Photographie de Martin Noda / Hans Lucas
Dieses parlamentarische Manöver konnte allerdings die aktuelle Protestwelle gegen weiteren Sozialabbau in Frankreich nicht stoppen.
Erfolgreiche Moibilisierungen
Schon der Auftakt am 10. September war ein Erfolg. Den ganzen Tag über war die Mobilisierung massiv. Über 200.000 gingen auf die Straße. Die Beteiligung der Jugend war groß. Zehntausende Streikende im Öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft setzten ein Zeichen, obwohl es keinen Streikaufruf der Gewerkschaften gab.
Der branchenübergreifende Streiktag eines breiten Gewerkschaftsbündnisses am 18. September war noch bedeutender. Die Demos waren massiv und die Streikzahlen in einigen Branchen hoch, allerdings noch schwach in der Industrie. Die offenkundige Wut auf die asoziale Regierungspolitik war genauso wenig zu überhören wie der Ruf nach sozialer Gerechtigkeit. Laut der Gewerkschaft CGT beteiligten sich über eine Million Menschen an den Protesten im ganzen Land.
Nach dem Aktionstag der Jugend am 25. September rufen nun alle Gewerkschaftsorganisationen für den 2. Oktober zu einem noch massiveren Protest- und Streiktag auf.
Für soziale Gerechtigkeit
Ihre Botschaft ist klar: „Soziale und steuerliche Gerechtigkeit. Der Sparhaushalt muss begraben werden, ebenso wie die Geschenke an die Superreichen und Großunternehmen. Wir wollen einen Haushalt, der den sozialen und ökologischen Notlagen gerecht wird.“
Unsere Genoss:innen der NPA-l’Anticapitaliste unterstützen natürlich auch diese Mobilisierung aktiv. Sie fordern jedoch, die Kampfmaßnahmen zu einem unbefristeten Streik auszuweiten. Nur so können ihrer Ansicht nach die Ziele der Gewerkschaften durchgesetzt werden.
Unsere französische Schwesterorganisation schlägt zudem vor, einerseits bereits existierende bereichsbezogene und/oder örtliche Forderungen aufzugreifen: gegen den Abbau von Arbeitsplätzen in der Privatwirtschaft, für die Schaffung von Arbeitsplätzen im Öffentlichen Dienst und für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Einheit und Radikalität
Andererseits sollten der NPA zufolge Forderungen aufgestellt werden, die die Bewegung vereinheitlichen: gegen die Haushaltskürzungen im Sozialbereich, gegen den Abbau öffentlicher Dienstleistungen, für die Verteidigung der Sozialversicherungen und für einen Haushalt, der den sozialen Bedürfnissen entspricht.
Kurzum: Es geht der NPA darum, Macrons „Spar“- und Kriegspolitik zu stoppen und den Weg für eine antikapitalistische Politik zu ebnen. Eine Politik, die die sozialen und ökologischen Notlagen bekämpft.
Während die Armut weiter zunimmt, kassieren die Superreichen ab: über 211 Milliarden Euro durch staatliche Unternehmenshilfen, 100 Milliarden durch Dividenden an die Aktionäre der 40 Unternehmen des Aktienindexes CAC (entspricht dem DAX) und dutzende Milliarden durch Steuerbetrug.
Die NPA fordert deshalb die Abschaffung der Subventionen für Großunternehmen, die Enteignung der Banken und ein Ende der Aufrüstung, für die allein im Zeitraum 2024-2030 413 Milliarden Euro vorgesehen sind.
Zudem müssten dringend Löhne und Sozialleistungen erhöht, Mieten und Preise für Grundbedarfsgüter jedoch eingefroren werden.
Gegen Arbeitslosigkeit und Arbeitsstress sollten die Wochenarbeitszeiten ohne Lohnverlust verkürzt, die Entlassungen verboten und das Renteneintrittsalter von 60 Jahren wieder einge- führt werden.
Für eine soziale und politische Front
Der Kampf für solche Forderungen könnte nach Meinung der NPA auch dazu beitragen, eine dringend erforderliche soziale und politische Front der Gewerkschaften, der sozialen Bewegungen und der politischen Linken aufzubauen. Nur so könne die Protestbewegung der drohenden Sackgasse einer parlamentarischen „Krisenbewältigung“ durch Wahlen entkommen und eine Wende in Richtung einer solidarischen Gesellschaft durchsetzen.