Frauenrechte wieder mehr in den Fokus rücken!
C.B./P.S
Im September trafen wir uns, wie beim ersten Treffen im Januar vereinbart, zum halbjährlichen Frauentreffen in Oberhausen. Erfreulicherweise waren diesmal auch befreundete Genossinnen dabei. Unser Treffen war von Vielfalt geprägt. Die Frauen kamen aus diversen Städten der BRD, aus unterschiedlichen politischen Richtungen und gehörten verschiedenen Generationen an. Somit gab es bei den Teilnehmerinnen deutliche Unterschiede hinsichtlich ihrer Sozialisation wie auch ihrer persönlichen und politischen Erfahrungen.
Manche waren bei der zweiten Welle der Frauenbewegung mit dabei, die anderen nur noch bei ihren Ausläufern. Während die einen die bewegte Zeit der 1960er Jahre miterlebt hatten, war die politische Aktivität der anderen geprägt vom Eindruck des Niedergangs der radikalen Linken und dem von den Herrschenden proklamierten „Ende der Geschichte“ in den 1990er Jahren. Ausgangspunkt der Diskussion war: „Warum ist es wichtig, sich als Frauen auch eigenständig zu organisieren?“ Wir fragten uns, wie hier eine positive Veränderung angestoßen werden kann, damit sich mehr Frauen dem RSB anschließen und sich in der Organisation heimisch fühlen können. Als Erstes kann dies nur geschehen, wenn Frauen selbst aktiv werden, sich nicht nach hinten drängen lassen und die Gleichberechtigung und das Gehör für ihre Themenschwerpunkte konsequent einfordern. Im weiteren Schritt ist es wichtig, der Themen- und Meinungsvielfalt in unserer Organisation mehr Raum zu geben und diese zu respektieren.
Angebliche FeministInnen – Männer und auch Frauen, die sich willkürlich selbst zu FeministInnen hochstilisieren – stellen für das Fortkommen des Feminismus und seiner Ziele im Allgemeinen, aber auch bei uns , ein großes Problem dar. Gegen eine solche Vereinnahmung müssen wir uns immer wieder konstruktiv zu Wehr setzen. Erschreckend ist der festgestellte gesellschaftliche Rollback zu traditionellen Werten, die zunehmend wieder propagiert und als Ideal ver- kündet werden. In der BRD bereits Erreichtes, wie zum Beispiel Quotenregelungen, Gender Mainstreaming und das in Ansätzen vorhandene Selbstbestimmungsrecht von Frauen über den eigenen Körper, wird auf vielen Ebenen zurückgedrängt und ist auf einmal nicht mehr selbstverständlich. Das Bewusstsein von Frauenunterdrückung ist, auch in linken Organisationen, merklich zurückgegangen. Ein Beispiel: Mit der Einführung des Betreuungsgeldes wird die Frau zurück ins traditionelle Rollenmuster gedrängt. Die „Reproduktionsarbeit“ wird nicht nur immer noch, sondern sogar verstärkt den Frauen zugedacht. Die Möglichkeit, vom Partner wirtschaftlich unabhängig zu sein, in die Sozialkassen einzubezahlen und Rentenansprüche zu erwerben , nimmt entsprechend ab. Altersarmut und die Armut bei der Trennung vom Partner, so wie eine massive Schädigung des Sozialsystems sind die Folge.
Nach wie vor gibt es eine erhebliche Lücke zwischen Frauen- und Männerlöhnen (derzeit ca. 23 % vom Durchschnittslohn) und eine unterschiedliche Bewertung der Arbeitskraft der Geschlechter. Je höher die berufliche Qualifikation ist, um so mehr nehmen auch die Lohnunterschiede zu. Auch die geringere Entlohnung ist ein Grund dafür, dass vornehmlich Frauen für die unbezahlte Familienarbeit zuständig sind. Wir diskutierten über die Veränderungen in der Arbeitswelt, wie wachsende Prekarisierung und Arbeitsverdichtung, ebenso wie über die damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren für Frauen. Auch das zunehmende Mobbing gegen engagierte GewerkschafterInnen war Gegenstand der Diskussion. Da Frauen einen eher kooperativen Stil im Miteinander pflegen und dies auch bei der Arbeit tun, suchen sie schneller die Fehler bei sich, als an Mobbing oder Bossing zu denken. Dies macht es den oft patriarchalischen Führungen besonders leicht, sie zum Opfer zu machen. Hier bedarf es der Aufklärung von Frauen. Zur Frage der Umverteilung von Arbeitszeit berichtete eine Teilnehmerin von der Konferenz „Arbeitszeitverkürzung jetzt!“, die in Ham- burg stattgefunden hat (siehe www.kongress-azv2014.de). Hier war sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, wie vielschichtig das Thema „radikale Arbeitszeitverkürzung“ ist und welches Potential für die Organisierung von Widerstand diese Forderung hat. In diesem Zusammenhang stellte eine andere Teilnehmerin die „Vier-in-einem-Perspektive“ von Frigga Haug vor (siehe www.vier-in-einem.de).
Frigga Haug schlägt eine grundlegende Veränderung von Arbeitsteilung vor, bei der sich alle Menschen in den vier Bereichen menschlicher Tätigkeit engagieren: Erwerbsarbeit, Reproduktionsarbeit, Kultur und Politik. Hierbei trat die Bedeutung von Solidarität, und was Solidarität für uns praktisch bedeutet in den Vordergrund. Hier gab es unterschiedliche Sichtweisen, welche Erwartungen an andere gestellt werden können bzw. sollen. Dies soll zukünftig noch genauer unter die Lupe genommen werden. Wir waren uns in der Einschätzung einig, dass jede politische Frage auch Auswirkungen auf Frauen hat und darum ein „Frauenthema“ ist. Darum müssen sich alle tatsächlich fortschrittlichen Kräfte mit „Frauenthemen“ auseinandersetzen und Frauen in ihrem Kampf um ihre Rechte unterstützen. Übereinstimmend stellten wir fest, dass bei aller Unterschiedlichkeit des politischen Hintergrundes und der persönlichen Erfahrungen unsere Beurteilung der gesellschaftlichen Entwicklung, die Formulierung der anstehenden politischen Aufgaben und die Vorstellungen von einer wirksamen Frauenbewegung recht ähnlich sind. Das nächste RSB-Frauentreffen ist in einem halben Jahr geplant. In der Zwischenzeit werden wir uns in unserem jeweiligen politischen und gewerkschaftlichen Umfeld verstärkt für das Voranbringen der momentan gering agierenden Frauenbewegung einsetzen, um die Gleichberechtigung und Wertschätzung der Arbeit von Frauen wieder in den Fokus zu rücken. Wir werden gemeinsam dran bleiben!