S. K.
Folgendes Schreiben erreichte vor kurzem irrtümlicherweise die Redaktion von Avanti². Da wir der Aufklärung verpflichtet sind, können und dürfen wir es unseren geneigten Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten.
Hallo liebe Macherinnen und Machern vom ARD-Tatort! Falls Euch die Ideen für Eure sonntägliche Sendung ausgehen sollten, haben wir einen – sogar kostenlosen – Vorschlag für ein neues Drehbuch.
Schauplatz ist eine idyllische Stadt, in der schon so mancher sein Herz verloren haben soll. Die zwielichtigen Hauptfiguren sind die drei Geschäftsführer einer nur dem Namen nach prominenten Firma. Zwei Brüder, die sich nicht ganz grün sind, und ein von außen eingekaufter Manager. Nennen wir letzteren Dr. NO und die beiden ersteren DA und RE.
Aufgepasst: Die Geschichte ist hochpolitisch und wirklich brisant! Das Unternehmen macht zwar mit seinen weltweit verkauf- ten Produkten enorme Gewinne, aber diese reichen den „Entscheidern“ noch nicht. Sie entwickeln deshalb die hochintelligente Idee, hunderte von Arbeitsplätzen unter anderem in das mit „dem Westen“ eng befreundete China zu verlagern.
Das Problem bei der Sache: Es gibt einen Betriebsrat der gewerkschaftlich organisiert ist. Der könnte die cleveren Pläne der Hauptfiguren eventuell behindern und einen teuren Sozialplan verlangen. Was also tun?
Ein Glück, dass Dr. NO einschlägige Erfahrungen hat. Seine ruhmreiche Karriere führte in unter anderem in die dunkle Welt der Unrechtskanzleien. Ihre Spezialität ist die „Kündigung von Unkündbaren“. Sie besorgen gegen gutes Geld die „legale“, illegale, …egale Entsorgung von unbequemen Betriebsräten.
Der boomenden Branche werden beispielsweise Naujoks, Schreiner + Partner oder Hogan Lovells zugerechnet. Und siehe da: Bei Letzteren hatte auch Dr. NO mehrere Jahre angeheuert.
Aber schweifen wir nicht ab! Die Risiken des Verlagerungssplans müssen minimiert werden. Kurz vor den anstehenden Betriebsratswahlen wird deshalb eine prominent-gelbe Liste aus dem Hut gezaubert. Sie gewinnt die Wahl durch massive Beeinflussung − wenn auch nur mit hauchdünnem Vorsprung.
Jetzt kann der nächste Schritt unternommen werden: die Kündigung des bisherigen BR-Vorsitzenden unter dem billigen Vorwand, er hätte Freunden gegenüber im Netz über die Firma hergezogen.
Bei diesen Umtrieben tritt nun eine neue Figur auf. Nennen wir sie Dr. GO von der Kanzlei Weinberg. Zufällig war auch er bei Hogan Lovells tätig. Sein Job ist es, dem Gekündigten vor dem Arbeitsgericht den Garaus zu machen.
Nun leben wir ja in einem Rechtsstaat, werdet Ihr, liebe Macherinnen und Macher des Tatorts, einwenden. und deshalb muss der Gekündigte auch seine Unschuld beweisen. Oder? Gibt es da etwa Widerspruch? Noch nie etwas von „Verdachtskündigung“ gehört, dem braun gefärbten Zauberwort der Unrechtskanzleien?
Das Ende der Geschichte verraten wir Euch natürlich jetzt noch nicht. Aber vielleicht ist Euch ja aufgefallen, dass gar nicht von der Gewerkschaft und den von ihr organisierten Protesten die Rede ist. Doch, doch die Gewerkschaft gibt es auch in der idyllischen Stadt, aber der örtliche Gewerkschaftschef ist sauer. Stinksauer sogar. Und zwar auf den gekündigten ehemaligen BR-Vorsitzenden. Warum? Dieser Lümmel hat tatsächlich vor Jahren die Abwahl des sehr vertraulich mit der Geschäftsführung kooperierenden früheren BR-Vorsitzenden mitbetrieben. Und der war der Buddy des örtlichen Gewerkschaftschefs. Und an dem vergreift man sich doch nicht, oder?
In der Hoffnung auf baldige Antwort und mit kriminalistischen Grüßen, S L.