ISO
Der Krieg in der Ukraine hat mehrere Dimensionen: Die Bevölkerung in der Ukraine wehrt sich zu Recht verzweifelt gegen die russische Invasion und Fremdherrschaft. Dieser Krieg ist aber auch ein Krieg um die Ukraine, ein Machtkampf zwischen der NATO und Russland mit der Gefahr eines Atomkriegs.
Vor diesem Hintergrund lässt sich die ISO von folgenden Überlegungen leiten:
1. Die russischen Truppen müssen aus der Ukraine abziehen. Die ukrainische Bevölkerung hat jedes Recht, sich der Invasion und Fremdherrschaft zu widersetzen.
2. Wir lehnen jedwedes Denken in Einflusszonen als imperialistisch ab – die NATO-Osterweiterung ebenso wie den angeblichen „Sicherheitsgürtel“ um Russland. Der Kampf um solche Einflusszonen ist ein wesentlicher Grund für den Überfall auf die Ukraine – er ist Ausdruck der zunehmenden innerimperialistischen Rivalität.
3. Mit militärischen Mitteln ist der vielschichtige Konflikt mit der Atommacht Russland nicht zu lösen, dazu braucht es Verhandlungen. Deeskalation ist deshalb das Gebot der Stunde. Weitere Rüstungsexporte und Waffenlieferungen verlängern nur den Krieg, kosten täglich tausende Menschenleben und bringen unermessliche physische und psychische Zerstörungen.
4. Dieser Krieg hätte verhindert werden können. Er hätte schon zu Beginn gestoppt werden können. Sowohl die Minsker Abkommen als auch die Istanbuler Vermittlungsgespräche mit dem Angebot Selenskyjs boten dazu Gelegenheit. Beides wurde durch Intervention der NATO-Staaten, insbesondere auf britischen Druck hin, vereitelt. Und jetzt wird erneut das Vermittlungsangebot Chinas zurückgewiesen.
5. Die Lieferung immer schwerer und weitreichenderer Waffen zur Unterstützung der Ukraine birgt die Gefahr, dass der Krieg eskaliert und außer Kontrolle gerät. Mittelbar ist die NATO jetzt schon Kriegspartei. Will sie tatsächlich einen militärischen Sieg über Russland erzielen, muss sie unmittelbar Kriegspartei werden und riskiert damit einen Atomkrieg. Die NATO hatte deshalb gehofft, eine Neutralisierung des militärischen Bedrohungspotentials Russlands über Sanktionen erreichen zu können, das hat sich als Irrtum herausgestellt.
6. Von diesem Krieg profitieren nur die Rüstungs-, Energie-, Finanz- und Lebensmittelindustrien auf beiden Seiten. Die arbeitende Bevölkerung in Europa und im globalen Süden hingegen zahlt einen hohen Preis für einen Krieg, den sie nicht verursacht hat und auf den sie keinen Einfluss hat. Es wird uns vorgemacht, der Krieg werde für Demokratie gegen Autoritarismus geführt. Die „westlichen Werte“ erschöpfen sich aber in Beutezügen.
7. In der Ukraine wird der Krieg begleitet von massiven Angriffen auf Arbeiterrechte und politische Freiheiten. Die arbeitende Klasse wird hier von zwei Seiten in die Mangel genommen: von den russischen Truppen und von der Regierung Selenskyj. Wir können sie nicht militärisch unterstützen. Aber wir können unsere Klassensolidarität zum Ausdruck bringen, indem wir ihr humanitäre Hilfe zukommen lassen. Dem dient der Aufruf zur Unterstützung der ukrainischen Gewerkschaften (siehe S. 5). Wir unterstützen auch die russische Antikriegsbewegung. Deserteure müssen hierzulande die gleiche Anerkennung bekommen wie ukrainische Flüchtlinge.
8. Um den Krieg beenden zu können, bedarf es einer starken Antikriegsbewegung hierzulande und international. Dadurch können wir den politischen und sozialen Druck erzeugen, der die Bundesregierung von ihrem militaristischen Kurs abbringt.