Die Reichen sollen zahlen
U. D.
Auf den Seiten des Statistischen Bundesamtes fanden sich zum 26. Januar 2022 folgende Zahlen zur Entwicklung der Verbraucherpreise: Inflation 5,3 %; Energiepreise plus 18,3 % und Nahrungsmittelpreise plus 6 %. Allein diese Zahlen verdeutlichen das Ausmaß der sozialen Bedrohung für Millionen Menschen. Sie sind die aktuelle Spitze einer seit langem anhaltenden Entwicklung.
Seit Jahren wird bezahlbarer Wohnraum knapp. „Alte“ Wohn- viertel sind zu einem Anlage- und Spekulationsfeld für „überschüssiges“ Kapital geworden. Bestandswohnungen werden „modernisiert“, Mieten zum Teil drastisch erhöht und Menschen mit niedrigem Einkommen aus ihren angestammten Vierteln verdrängt.
Seit Jahren verfolgt die Europäische Zentralbank das Ziel einer permanenten durchschnittlichen Inflation von zwei Prozent und hält an einer Null-Zinspolitik fest. Damit trifft sie unter anderem diejenigen, die lediglich kleine Sparrücklagen bilden können, um auf notwendige Neuanschaffungen oder Reparaturen vorbereitet zu sein. Diese Rücklagen verlieren jedes Jahr an realer Kaufkraft.
Die Armen werden ärmer
Aber die permanente Inflation entwertet nicht nur Spareinlagen, sondern auch Löhne und Gehälter, Kurzarbeits-Geld, Transferleistungen (Renten, ALG I, Hartz IV usw.) sowie niedrige Einkommen von Kleinstselbstständigen.
Die während der Pandemie abgeschlossen Tariferhöhungen wurden von den gestiegenen Preisen längst aufgezehrt. Noch schlechter geht es tariflosen oder mit Niedriglohn Beschäftigten, deren Löhne schon mit der „normalen“ Inflation oftmals nicht mithalten können. Millionen von arbeitenden Menschen sind so mit einer spürbaren Verschlechterung ihrer sozialen Lage konfrontiert.
Die offizielle Preissteigerung ist „nur“ eine Durchschnittsrechnung auf Grundlage des sogenannten Warenkorbs. In Wirklichkeit ist die persönliche Betroffenheit jedoch sehr unterschiedlich und abhängig von der jeweiligen Einkommens- und Lebenssituation.
So errechnet sich für ärmere Haushalte zwar eine niedrigere Inflation als für reichere, aber im realen Alltagsleben werden sie von steigenden Preisen viel härter getroffen. Sie verfügen über keine finanziellen Spielräume und haben am Monatsende nichts übrig oder sogar ein Minus. Mit der aktuellen Preisentwicklung rutschen sie noch mehr in die Schulden- und Armutsfalle.
Die Reichen werden reicher
Im Gegensatz dazu konnten Reiche in den letzten Jahren ihr Vermögen in bislang unbekanntem Umfang vermehren. Sie weichen der Inflation mit Investitionen in Immobilien und Grundbesitz oder in die globalen Aktien- und Finanzmärkte aus. Die neoliberalen Deregulierungen der letzten Jahrzehnte machen es möglich.
So konnte der Tesla-Gründer Elon Musk sein Vermögen innerhalb eines Jahres auf fantastische 300 Mrd. US-$ nahezu verdoppeln. Dies gelang in Deutschland auch den Familien Albrecht (Aldi) und Schwarz (Lidl). Inzwischen verfügen die zehn reichsten Männer (!) dieser Welt über so viel Vermögen wie die ärmere Hälfte der Menschheit.
Kapitalismus abschaffen
Diese Entwicklung folgt der inneren Logik des kapitalistischen Ausbeutungs- und Profitsystems, die letztendlich nur mit der Abschaffung des Kapitalismus durchbrochen werden kann.
Nationalistische, rassistische und faschistische Strömungen führen nicht aus dem Elend des Kapitalismus, sondern in eine verheerende Sackgasse. Sie verschärfen zwischenstaatliche Konflikte, führen zu Krieg und zur gewalttätigen Ausgrenzung und Vernichtung von Menschen.
Notwendig sind stattdessen internationale Solidarität, eine bedürfnissorientierte, ökologische Wirtschaft und eine rätedemokratische, sozialistische Gesellschaft.
Die Reichen sollen zahlen
Unabhängig von diesem Ziel, braucht es kurzfristig umsetzbare Maßnahmen, um die soziale Lage von Millionen zu verbessern:
1. Einen Lohnaufschlag von 200 € für alle abhängig Beschäftigten
2. Einen Mindestlohn von 15 €
3. Die automatische Anpassung der Löhne und Transferleis tungen an die Preisentwicklung (gleitende Lohnskala)
4. Die Festlegung eines Preisstopps für Mieten, Energie, Lebens mittel und öffentlichen Personenverkehr.
Diese Forderungen sollten wir in soziale Bewegungen, Betriebe und Gewerkschaften einbringen. Die anstehenden Tarifrunden bieten dazu die nächste Gelegenheit. Notwendig ist, diese aktiv und kämpferisch vorzubereiten und konsequent durchzuführen. So könnte auch ein Impuls entstehen, um die unterschiedlichen Kräfte in einer gemeinsamen solidarischen Front zu bündeln.