Stoppt die Preise

Die Rei­chen sol­len zahlen

U. D.

Auf den Sei­ten des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes fan­den sich zum 26. Janu­ar 2022 fol­gen­de Zah­len zur Ent­wick­lung der Ver­brau­cher­prei­se: Infla­ti­on 5,3 %; Ener­gie­prei­se plus 18,3 % und Nah­rungs­mit­tel­prei­se plus 6 %. Allein die­se Zah­len ver­deut­li­chen das Aus­maß der sozia­len Bedro­hung für Mil­lio­nen Men­schen. Sie sind die aktu­el­le Spit­ze einer seit lan­gem anhal­ten­den Entwicklung.

Alstom-Demo in Mannheim, 30. Mai 2011. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Als­tom-Demo in Mann­heim, 30. Mai 2011. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Seit Jah­ren wird bezahl­ba­rer Wohn­raum knapp. „Alte“ Wohn- vier­tel sind zu einem Anla­ge- und Spe­ku­la­ti­ons­feld für „über­schüs­si­ges“ Kapi­tal gewor­den. Bestands­woh­nun­gen wer­den „moder­ni­siert“, Mie­ten zum Teil dras­tisch erhöht und Men­schen mit nied­ri­gem Ein­kom­men aus ihren ange­stamm­ten Vier­teln verdrängt.

Seit Jah­ren ver­folgt die Euro­päi­sche Zen­tral­bank das Ziel einer per­ma­nen­ten durch­schnitt­li­chen Infla­ti­on von zwei Pro­zent und hält an einer Null-Zins­po­li­tik fest. Damit trifft sie unter ande­rem die­je­ni­gen, die ledig­lich klei­ne Spar­rück­la­gen bil­den kön­nen, um auf not­wen­di­ge Neu­an­schaf­fun­gen oder Repa­ra­tu­ren vor­be­rei­tet zu sein. Die­se Rück­la­gen ver­lie­ren jedes Jahr an rea­ler Kaufkraft.

Die Armen wer­den ärmer
Aber die per­ma­nen­te Infla­ti­on ent­wer­tet nicht nur Spar­ein­la­gen, son­dern auch Löh­ne und Gehäl­ter, Kurz­ar­beits-Geld, Trans­fer­leis­tun­gen (Ren­ten, ALG I, Hartz IV usw.) sowie nied­ri­ge Ein­kom­men von Kleinstselbstständigen.

Die wäh­rend der Pan­de­mie abge­schlos­sen Tarif­er­hö­hun­gen wur­den von den gestie­ge­nen Prei­sen längst auf­ge­zehrt. Noch schlech­ter geht es tarif­lo­sen oder mit Nied­rig­lohn Beschäf­tig­ten, deren Löh­ne schon mit der „nor­ma­len“ Infla­ti­on oft­mals nicht mit­hal­ten kön­nen. Mil­lio­nen von arbei­ten­den Men­schen sind so mit einer spür­ba­ren Ver­schlech­te­rung ihrer sozia­len Lage konfrontiert.

Die offi­zi­el­le Preis­stei­ge­rung ist „nur“ eine Durch­schnitts­rech­nung auf Grund­la­ge des soge­nann­ten Waren­korbs. In Wirk­lich­keit ist die per­sön­li­che Betrof­fen­heit jedoch sehr unter­schied­lich und abhän­gig von der jewei­li­gen Ein­kom­mens- und Lebenssituation.

So errech­net sich für ärme­re Haus­hal­te zwar eine nied­ri­ge­re Infla­ti­on als für rei­che­re, aber im rea­len All­tags­le­ben wer­den sie von stei­gen­den Prei­sen viel här­ter getrof­fen. Sie ver­fü­gen über kei­ne finan­zi­el­len Spiel­räu­me und haben am Monats­en­de nichts übrig oder sogar ein Minus. Mit der aktu­el­len Preis­ent­wick­lung rut­schen sie noch mehr in die Schul­den- und Armutsfalle.

Die Rei­chen wer­den reicher
Im Gegen­satz dazu konn­ten Rei­che in den letz­ten Jah­ren ihr Ver­mö­gen in bis­lang unbe­kann­tem Umfang ver­meh­ren. Sie wei­chen der Infla­ti­on mit Inves­ti­tio­nen in Immo­bi­li­en und Grund­be­sitz oder in die glo­ba­len Akti­en- und Finanz­märk­te aus. Die neo­li­be­ra­len Dere­gu­lie­run­gen der letz­ten Jahr­zehn­te machen es möglich.

So konn­te der Tes­la-Grün­der Elon Musk sein Ver­mö­gen inner­halb eines Jah­res auf fan­tas­ti­sche 300 Mrd. US-$ nahe­zu ver­dop­peln. Dies gelang in Deutsch­land auch den Fami­li­en Albrecht (Aldi) und Schwarz (Lidl). Inzwi­schen ver­fü­gen die zehn reichs­ten Män­ner (!) die­ser Welt über so viel Ver­mö­gen wie die ärme­re Hälf­te der Menschheit.

Kapi­ta­lis­mus abschaffen
Die­se Ent­wick­lung folgt der inne­ren Logik des kapi­ta­lis­ti­schen Aus­beu­tungs- und Pro­fit­sys­tems, die letzt­end­lich nur mit der Abschaf­fung des Kapi­ta­lis­mus durch­bro­chen wer­den kann.

Natio­na­lis­ti­sche, ras­sis­ti­sche und faschis­ti­sche Strö­mun­gen füh­ren nicht aus dem Elend des Kapi­ta­lis­mus, son­dern in eine ver­hee­ren­de Sack­gas­se. Sie ver­schär­fen zwi­schen­staat­li­che Kon­flik­te, füh­ren zu Krieg und zur gewalt­tä­ti­gen Aus­gren­zung und Ver­nich­tung von Menschen.

Not­wen­dig sind statt­des­sen inter­na­tio­na­le Soli­da­ri­tät, eine bedürf­niss­ori­en­tier­te, öko­lo­gi­sche Wirt­schaft und eine räte­de­mo­kra­ti­sche, sozia­lis­ti­sche Gesellschaft.

Die Rei­chen sol­len zahlen
Unab­hän­gig von die­sem Ziel, braucht es kurz­fris­tig umsetz­ba­re Maß­nah­men, um die sozia­le Lage von Mil­lio­nen zu verbessern:

1. Einen Lohn­auf­schlag von 200 € für alle abhän­gig Beschäftigten
2. Einen Min­dest­lohn von 15 €
3. Die auto­ma­ti­sche Anpas­sung der Löh­ne und Trans­fer­leis tun­gen an die Preis­ent­wick­lung (glei­ten­de Lohnskala)
4. Die Fest­le­gung eines Preis­stopps für Mie­ten, Ener­gie, Lebens mit­tel und öffent­li­chen Personenverkehr.

Die­se For­de­run­gen soll­ten wir in sozia­le Bewe­gun­gen, Betrie­be und Gewerk­schaf­ten ein­brin­gen. Die anste­hen­den Tarif­run­den bie­ten dazu die nächs­te Gele­gen­heit. Not­wen­dig ist, die­se aktiv und kämp­fe­risch vor­zu­be­rei­ten und kon­se­quent durch­zu­füh­ren. So könn­te auch ein Impuls ent­ste­hen, um die unter­schied­li­chen Kräf­te in einer gemein­sa­men soli­da­ri­schen Front zu bündeln.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Febru­ar 2022
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