Lücke geschlossen?
Helmut Born
Am 9. Dezember 2023 wurde nach der dritten Verhandlungsrunde eine Einigung zwischen der Tarifgemeinschaft der Länder (TDL) und den DGB-Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes (ver.di, GEW und GDP) sowie des Deutschen Beamtenbundes (DBB) bekanntgegeben.
In den Wochen vorher hatte es eine erfreulich gute Beteiligung der Beschäftigten an den zahlreichen Streikaktionen gegeben. Dabei fiel die starke Beteiligung der Beschäftigten in den Krankenhäusern besonders auf.
Aber auch die Aktivitäten der studentischen Hilfskräfte, der angestellten Lehrkräfte sowie der Erzieherinnen und Erzieher dürfen nicht unerwähnt bleiben. Bei der eindrucksvollen Streikdemonstration von über 15.000 Beschäftigten am 5. Dezember in Düsseldorf war zudem die starke Beteiligung von Polizist:innen nicht zu übersehen.
Das Ergebnis
Der Tarifabschluss sieht im Einzelnen vor:
• im Dezember 2023 einen Inflationsausgleich von 1.800 €
• von Januar bis Oktober 2024 je 120 € Inflationsausgleich
• ab November 2024 bis Januar 2025 200 € tabellenwirksame Erhöhung
• ab Februar 2025 5,5 % lineare Erhöhung
• Aufstockung falls beide Erhöhungen keine 340 € ergeben
• 1.000 € Inflationsausgleich für Azubis, Dual-Studierende und Praktikant:innen im Dezember 2023 und monatlich 50 € von Januar bis Oktober 2024.
Ein Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte konnte nicht erreicht werden. Allerdings gibt es erstmals eine Regelung für den Mindestlohn (13,25 €) und zu den Bedingungen der Beschäftigung.
Auszubildende mit einem Abschluss, der mindestens befriedigend ist, werden unbefristet übernommen.
Weitere Regelungen, mit teilweise spürbaren Verbesserungen, konnten für einzelne Berufsgruppen erreicht werden (Erzieher:-innen, Sozialarbeiter:innen, Straßenarbeiter:innen).
Die Bewertung
In der Stellungnahme von ver.di wird betont, dass es damit gelungen ist, das Ergebnis der Tarifrunde Öffentlicher Dienst Kommunen/Bund von April 2023 auch auf die Landesbeschäftigten zu übertragen. Dies ist richtig, aber es reicht nicht aus, um die Einkommensverluste der beiden letzten Jahre auszugleichen.
Die letzte Tariferhöhung gab es im Dezember 2022 mit 2,8 %. Schon diese Tariferhöhung konnte die Preissteigerungen von 2022 nur zu einem Teil ausgleichen. Für das Jahr 2022 muss also von einem Lohnverlust von rund 4 % ausgegangen werden. Hinzu kommen die Preissteigerungen in diesem Jahr von ca. 3,5 %. Das alleine ergibt schon 7,5 % die jetzt erst einmal aufgeholt werden müssten. Dazu kommt eine erwartete Inflationsrate für 2024 und 2025 von je 3 % ‒ zusammengerechnet 13,5 %.
Dass für die studentischen Hilfskräfte kein eigenständiger Tarifvertrag erreicht wurde, wird bei ihnen sicherlich Enttäuschung hervorrufen, aber zumindest gibt es erste Regelungen und für 2025 die Option, das Thema erneut einzubringen.
Besonders zu kritisieren ist die wiederum lange Laufzeit von 25 Monaten bis Oktober 2025. Auch hier wurde die Regelung des Tarifvertrages des Öffentlichen Diensts für Bund und Kommunen vom Frühjahr 2023 übernommen.
Gewerkschaftsbasis stärken
Ver.di wird wieder eine Mitgliederbefragung zu diesem Ergebnis durchführen. Dabei wird sicherlich eine Mehrheit der Mitglieder für dieses Ergebnis stimmen. Bei den gewerkschaftlich aktiven Mitgliedern wird es eine Debatte über die folgende Frage geben müssen: Wie kann ver.di so aufgestellt werden, dass die Entgelte der Beschäftigten nicht nur gesichert, sondern wirksam erhöht werden?
In diesem Zusammenhang ist auch zu diskutieren, wieso es nicht gelungen ist, die teilweise erheblich höheren Forderungen aus den Basisgremien, in der Tarifkommission durchzusetzen. Das Agieren der Tarifkommission muss kritisch hinterfragt und der Einfluss der Basisgruppen gestärkt werden.