Tarif­ab­schluss im Öffent­li­chen Dienst der Länder

Lücke geschlos­sen?

 

Hel­mut Born

Am 9. Dezem­ber 2023 wur­de nach der drit­ten Ver­hand­lungs­run­de eine Eini­gung zwi­schen der Tarif­ge­mein­schaft der Län­der (TDL) und den DGB-Gewerk­schaf­ten des Öffent­li­chen Diens­tes (ver.di, GEW und GDP) sowie des Deut­schen Beam­ten­bun­des (DBB) bekanntgegeben.

Mannheimer Warnstreik im ÖD, 6. März 2023. (Foto: helmut-roos@web.de)

Mann­hei­mer Warn­streik im ÖD, 6. März 2023. (Foto: helmut-roos@web.de)

In den Wochen vor­her hat­te es eine erfreu­lich gute Betei­li­gung der Beschäf­tig­ten an den zahl­rei­chen Streik­ak­tio­nen gege­ben. Dabei fiel die star­ke Betei­li­gung der Beschäf­tig­ten in den Kran­ken­häu­sern beson­ders auf.

Aber auch die Akti­vi­tä­ten der stu­den­ti­schen Hilfs­kräf­te, der ange­stell­ten Lehr­kräf­te sowie der Erzie­he­rin­nen und Erzie­her dür­fen nicht uner­wähnt blei­ben. Bei der ein­drucks­vol­len Streik­de­mons­tra­ti­on von über 15.000 Beschäf­tig­ten am 5. Dezem­ber in Düs­sel­dorf war zudem die star­ke Betei­li­gung von Polizist:innen nicht zu übersehen.

Das Ergeb­nis
Der Tarif­ab­schluss sieht im Ein­zel­nen vor:
• im Dezem­ber 2023 einen Infla­ti­ons­aus­gleich von 1.800 €
• von Janu­ar bis Okto­ber 2024 je 120 € Inflationsausgleich
• ab Novem­ber 2024 bis Janu­ar 2025 200 € tabel­len­wirk­sa­me Erhöhung 
• ab Febru­ar 2025 5,5 % linea­re Erhöhung
• Auf­sto­ckung falls bei­de Erhö­hun­gen kei­ne 340 € ergeben
• 1.000 € Infla­ti­ons­aus­gleich für Azu­bis, Dual-Stu­die­ren­de und Praktikant:innen im Dezem­ber 2023 und monat­lich 50 € von Janu­ar bis Okto­ber 2024.

Ein Tarif­ver­trag für stu­den­ti­sche Hilfs­kräf­te konn­te nicht erreicht wer­den. Aller­dings gibt es erst­mals eine Rege­lung für den Min­dest­lohn (13,25 €) und zu den Bedin­gun­gen der Beschäftigung.

Aus­zu­bil­den­de mit einem Abschluss, der min­des­tens befrie­di­gend ist, wer­den unbe­fris­tet übernommen.

Wei­te­re Rege­lun­gen, mit teil­wei­se spür­ba­ren Ver­bes­se­run­gen, konn­ten für ein­zel­ne Berufs­grup­pen erreicht wer­den (Erzieher:-innen, Sozialarbeiter:innen, Straßenarbeiter:innen).

Die Bewer­tung
In der Stel­lung­nah­me von ver.di wird betont, dass es damit gelun­gen ist, das Ergeb­nis der Tarif­run­de Öffent­li­cher Dienst Kommunen/Bund von April 2023 auch auf die Lan­des­be­schäf­tig­ten zu über­tra­gen. Dies ist rich­tig, aber es reicht nicht aus, um die Ein­kom­mens­ver­lus­te der bei­den letz­ten Jah­re auszugleichen.

Die letz­te Tarif­er­hö­hung gab es im Dezem­ber 2022 mit 2,8 %. Schon die­se Tarif­er­hö­hung konn­te die Preis­stei­ge­run­gen von 2022 nur zu einem Teil aus­glei­chen. Für das Jahr 2022 muss also von einem Lohn­ver­lust von rund 4 % aus­ge­gan­gen wer­den. Hin­zu kom­men die Preis­stei­ge­run­gen in die­sem Jahr von ca. 3,5 %. Das allei­ne ergibt schon 7,5 % die jetzt erst ein­mal auf­ge­holt wer­den müss­ten. Dazu kommt eine erwar­te­te Infla­ti­ons­ra­te für 2024 und 2025 von je 3 % ‒ zusam­men­ge­rech­net 13,5 %.

Dass für die stu­den­ti­schen Hilfs­kräf­te kein eigen­stän­di­ger Tarif­ver­trag erreicht wur­de, wird bei ihnen sicher­lich Ent­täu­schung her­vor­ru­fen, aber zumin­dest gibt es ers­te Rege­lun­gen und für 2025 die Opti­on, das The­ma erneut einzubringen.

Beson­ders zu kri­ti­sie­ren ist die wie­der­um lan­ge Lauf­zeit von 25 Mona­ten bis Okto­ber 2025. Auch hier wur­de die Rege­lung des Tarif­ver­tra­ges des Öffent­li­chen Diensts für Bund und Kom­mu­nen vom Früh­jahr 2023 übernommen.

Gewerk­schafts­ba­sis stärken
Ver.di wird wie­der eine Mit­glie­der­be­fra­gung zu die­sem Ergeb­nis durch­füh­ren. Dabei wird sicher­lich eine Mehr­heit der Mit­glie­der für die­ses Ergeb­nis stim­men. Bei den gewerk­schaft­lich akti­ven Mit­glie­dern wird es eine Debat­te über die fol­gen­de Fra­ge geben müs­sen: Wie kann ver.di so auf­ge­stellt wer­den, dass die Ent­gel­te der Beschäf­tig­ten nicht nur gesi­chert, son­dern wirk­sam erhöht werden?

In die­sem Zusam­men­hang ist auch zu dis­ku­tie­ren, wie­so es nicht gelun­gen ist, die teil­wei­se erheb­lich höhe­ren For­de­run­gen aus den Basis­gre­mi­en, in der Tarif­kom­mis­si­on durch­zu­set­zen. Das Agie­ren der Tarif­kom­mis­si­on muss kri­tisch hin­ter­fragt und der Ein­fluss der Basis­grup­pen gestärkt werden.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Janu­ar 2024
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