Solidarität gegen BR-Mobbing
Avanti² hat Helmut Schmitt vom Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“ in Mannheim gefragt, wie sich die Corona-Pandemie auf die Arbeit des Solikomitees ausgewirkt hat. Wir haben ihn ferner gebeten, eine wirksame Strategie gegen BR-Mobbing zu skizzieren. Wir veröffentlichen im Folgenden seine Antworten. Die Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion eingefügt.
Seit Mitte März 2020 können wir wegen der Corona-Pandemie unsere 14-tägigen Präsenzsitzungen nicht mehr durchführen. Wir mussten auf Videokonferenzen umstellen.
Das erschwert oder verunmöglicht einerseits die Teilnahme derjenigen, die auf keine Videotechnik zurückgreifen können. Andererseits hat sich dadurch der Kreis der Teilnehmenden aber auch ausgeweitet.
So haben sich über die Videokonferenzen auch von BR-Mobbing Betroffene aus größerer Entfernung bei uns eingeklinkt. Das ist sehr gut, aber natürlich fehlt uns auch der persönliche Kontakt in einer Präsenzsitzung.
Trotzdem versuchen wir alles, um aus dieser Situation das Beste zu machen. Zum Beispiel durch persönliche Betreuung über regelmäßige Telefonate aber auch, falls möglich, durch persönliche Treffen unter Beachtung der Gesundheitsschutzregeln im kleinen Kreis.
Im März war uns allen klar, dass wir unsere Sitzungen nicht ausfallen lassen können, da ja auch in den betroffenen Betrieben das BR-Mobbing nicht wegen Corona aufgehört hat.
Im Gegenteil! Das BR-Mobbing wurde teilweise während der Corona-Zeit erst richtig begonnen. Für die Betroffenen, die zum Beispiel im „Home-Office“ sind, ist dies besonders fatal. Sie können sich keinen Rückhalt bei ihren Kolleginnen und Kollegen holen, zumal diese oft genug ebenfalls zu Hause arbeiten.
Diese Situation wird von Geschäftsleitungen aber auch von firmennahen Betriebsratsmehrheiten ausgenutzt, um unliebsame Betriebsratsmitglieder fertigzumachen.
Kollegiales gemeinsames Vorgehen beziehungsweise gewerkschaftlicher Widerstand ist unter solchen Bedingungen nur sehr schwer organisierbar.
Wirksame Gegenwehr erforderlich
Generell gilt bei BR-Mobbing, dass eine effektive Gegenwehr von einer einzelnen Person allein nicht wirklich und dauerhaft geleistet werden kann. Hier gilt ganz klar der Spruch: Allein machen sie Dich ein!
Das gilt beim Mobbing durch die Geschäftsleitung, und erst recht gilt das beim zusätzlichen Mobbing durch Betriebsratsmehrheiten. In beiden Fällen hat die jeweilige Gegenseite das Ziel, aktive und kritische Betriebsratsmitglieder zum Schweigen zu bringen und, wenn das nicht klappt, sie aus dem Betriebsrat und dem Betrieb zu entfernen.
Deshalb ist es eine der wichtigsten Aufgaben, soweit als möglich Unterstützung zu organisieren – sowohl innerhalb, als auch außerhalb des Betriebs.
Bei der zuständigen Gewerkschaft ist Unterstützung einzufordern.
Innerhalb des Betriebes beziehungsweise des Betriebsrats gilt es, einen harten Kern zu bilden, der Vertrauen ermöglicht und der kontinuierlich das eigene strategische Vorgehen bespricht.
Je nach Situation sollte das Ziel die Stärkung der eigenen Position und auf längere Sicht auch die Eroberung von Mehrheiten im Betriebsrat sein.
Die Methode des „Organizing“ im Betrieb ist das eigentliche Instrument, um systematisch und effektiv vorgehen zu können.
Außerhalb des Betriebes ist es wichtig, einen Solidaritätskreis zu organisieren, der auch die Öffentlichkeitsarbeit mit übernimmt.
Darüber hinaus ist die Vernetzung überbetrieblich und überregional notwendig, auch um der Behauptung besser entgegentreten zu können, es gäbe nur Einzelfälle von BR-Mobbing.
Besonders wichtig ist es im Falle von BR-Mobbing, die eigene Gesundheit im Auge zu behalten. Das heißt, sich nicht immer weiter in eine die Gesundheit zerstörende Situation treiben zu lassen, sondern rechtzeitig, durch präventive Maßnahmen und das Einholen vertrauenswürdiger ärztlicher Empfehlungen gegenzusteuern. Wenn erst die Gesundheit zerstört ist, ist niemand mehr in der Lage zu kämpfen.
Bundesweite Vernetzung stärken
Solidarität aber auch Erfahrungswissen brauchen alle diejenigen, die bisher mehr oder weniger vereinzelt um ihr „Überleben“ im Betrieb und Betriebsrat kämpfen müssen.
Hierbei spielt die überregionale Vernetzung eine wichtige Rolle. Für die von BR-Mobbing Betroffenen sind Anlaufstellen wichtig, an die sie sich wenden können. Je mehr es solche Anlaufstellen gibt, zum Beispiel in Form von Solikreisen, umso besser kann geholfen werden.
Um aber insgesamt dem Thema Betriebsrats-Mobbing und Gewerkschaftsbekämpfung die Bedeutung zu geben, die es braucht, muss mehr passieren. Das kriminelle Verhalten von Geschäftsleitungen und ihrer Helfershelfer, der Unrechtsanwälte und „gelben“ Betriebsratsmehrheiten muss öffentlich gemacht und skandalisiert werden. Nur wenn diese Machenschaften in der Gesellschaft mehr wahrgenommen und breiter diskutiert werden, kann es gelingen, diese Angriffe zu stoppen.
Wenn sich mehr Gewerkschaftsmitglieder, insbesondere auch Betroffene oder ehemalige Betroffene, an dieser absolut notwendigen Arbeit beteiligen würden, wäre dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.