Unter­schrif­ten­kam­pa­gne gegen BR-Mob­bing bei ProMinent

3.000 Unter­schrif­ten an Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter Heil übergeben

 

O. T.

Am 4. Mai 2024 konn­te die Unter­schrif­ten­kam­pa­gne gegen das Betriebs­rats-Mob­bing beim Dosier­an­la­gen­her­stel­ler Pro­Mi­nent in Hei­del­berg abge­schlos­sen wer­den. Mit­ei­gen­tü­mer des Unter­neh­mens ist Rai­ner Dul­ger, der Prä­si­dent der Bun­des­ver­ei­ni­gung der Deut­schen Arbeit­ge­ber­ver­bän­de e. V. (BDA).

Unterschriftenübergabe an Bundesminister Heil in Berlin, 4. Mai 2024. (Foto: Privat.)

Unter­schrif­ten­über­ga­be an Bun­des­mi­nis­ter Heil in Ber­lin, 4. Mai 2024. (Foto: Labournet.TV.)

Die Über­ga­be der Unter­schrif­ten­lis­ten an den Bun­des­ar­beits- minis­ter und des­sen danach erfolg­te Zusa­ge, sich um die Bekämp­fung des BR-Mob­bings nicht nur ins­ge­samt, son­dern auch im spe­zi­el­len Fall von Pro­Mi­nent zu küm­mern, sind auf jeden Fall als wich­ti­ger Erfolg zu werten.

Ob die in Ber­lin durch­ge­führ­te Akti­on auch im Unter­neh­men des BDA-Prä­si­den­ten etwas bewirkt, bleibt abzuwarten.

Nach­dem der dor­ti­ge, in der IG Metall orga­ni­sier­te Betriebs­rat durch das jah­re­lan­ge Mob­bing der Geschäfts­lei­tung und ihrer Hand­lan­ger zer­schla­gen wor­den ist, muss es die vor­dring­li­che Auf­ga­be der Gewerk­schaft und ihrer Hei­del­ber­ger Geschäfts­stel­le sein, die­sen wie­der neu aufzubauen.

Kampf gegen BR-Mob­bing erforderlich
Auf­grund der bis­her wei­test­ge­hend feh­len­den Unter­stüt­zung durch die ört­li­che IG Metall wird dies aber alles ande­re als leicht wer­den. Das durch die­ses Ver­sa­gen zer­stör­te Ver­trau­en der betrof­fe­nen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen in die Gewerk­schaft kann – wenn über­haupt – nur durch per­so­nel­le Ver­än­de­run­gen in der Betriebs­be­treu­ung, vor allem aber durch eine längst über­fäl­li­ge offen­si­ve Bekämp­fung der Mob­ber im Unter­neh­men zurück­ge­won­nen werden.

In der anläss­lich der Ber­li­ner Akti­on ver­öf­fent­lich­ten Pres­se­er­klä­rung des Netz­werks gegen BR-Mob­bing, die wir im Fol­gen­den wie­der­ge­ben, heißt es: „Auf der Bun­des­kon­fe­renz der SPD-Arbeits­ge­mein­schaft für Arbeit (AfA) am 4. Mai 2024 in Ber­lin konn­ten Ver­tre­ter der AfA, des Mann­hei­mer Komi­tees ‚Soli­da­ri­tät gegen Betriebs­rats-Mob­bing!‘ und von Work Watch eine lan­ge Lis­te von Unter­neh­men und Anwalts­kanz­lei­en, die gezielt Betriebs­rä­te bekämp­fen, und Tau­sen­de Unter­schrif­ten des Offe­nen Briefs von Gün­ter Wall­raff zum Betriebs­rats-Mob­bing beim Hei­del­ber­ger Dosier­an­la­gen­her­stel­ler Pro­Mi­nent der Fami­lie Dul­ger unter gro­ßem Bei­fall der Dele­gier­ten aus ganz Deutsch­land per­sön­lich dem Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter überreichen.

Zusa­gen von Bun­des­mi­nis­ter Heil
Nach sei­nem Rede­bei­trag auf der Kon­fe­renz stand Huber­tus Heil den Über­ge­bern zum Aus­tausch zur Ver­fü­gung. Der Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter sag­te zu, wegen des Betriebs­rats-Mob­bings das Gespräch mit Ver­ant­wort­li­chen auf Arbeit­ge­ber­sei­te zu suchen und die davon Betrof­fe­nen sowie die Unter­stüt­zer des Offe­nen Brie­fes über das Ergeb­nis des Gesprächs zu infor­mie­ren. Außer­dem kün­dig­te er an, noch vor Ende der Legis­la­tur­pe­ri­ode die Initia­ti­ve zur Auf­wer­tung des § 119 Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) in Angriff zu nehmen.

Die SPD hat in ihrem Zukunfts­pro­gramm beschlos­sen, den Kün­di­gungs­schutz für Betriebs­rä­te aus­zu­wei­ten und eine Behin­de­rung von Betriebs­rä­ten stär­ker zu ver­fol­gen. Dies ist nun nach dem Koali­ti­ons­ver­trag der Ampel umzu­set­zen, indem die Behin­de­rung der demo­kra­ti­schen Mit­be­stim­mung künf­tig als Offi­zi­al­de­likt ein­ge­stuft wer­den soll – d. h. von Staats wegen ver­folgt wer- den muss.

Das wäre ein wich­ti­ger Schritt in Rich­tung eines moder­nen Betriebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes. Bei einer gesetz­li­chen Novel­lie­rung müs­sen aller­dings wei­ter­ge­hen­de Punk­te mit auf­ge­nom­men wer­den. So beschlos­sen die Dele­gier­ten der AfA-Kon­fe­renz unter ande­rem die For­de­run­gen nach einer Beweis­last­um­kehr bei Behin­de­rung oder Stö­rung der Wahl oder Arbeit eines Betriebs-/Per­so­nal­rats sowie die Straf­bar­keit der ‚fahr­läs­si­gen Betriebsratsbehinderung‘.

Erfor­der­lich ist zudem, dass Unter­neh­mens­be­ra­ter, Anwalts­kanz­lei­en, Arbeit­ge­ber­ver­bän­de und Wirt­schafts­de­tek­tei­en, die durch ihr Han­deln, die demo­kra­ti­schen Mit­be­stim­mungs­rech­te miss­ach­ten, bestraft wer­den. Rechts­an­walts­kam­mern sind anzu­hal­ten, in ihren Stan­des­ord­nun­gen den Gebüh­ren­an­spruch für Rechts­an­wäl­te aus­zu­schlie­ßen, wenn die­se mit den Metho­den des ‚Uni­on Bus­ting‘ (Gewerk­schafts­be­kämp­fung) wer­ben oder die­se zur Befrie­di­gung von Man­dan­ten­in­ter­es­sen geset­zes­wid­rig anwenden.

Unrechts­ver­hal­ten verfolgen
Sol­ches Unrechts­ver­hal­ten muss künf­tig in Aus­schrei­bungs- und Ver­ga­be­ver­fah­ren als Aus­schluss­kri­te­ri­um nega­tiv berück­sich­tigt werden.

Protestaktion vor der BDA-Zentrale in Berlin, 4. Mai 2024. (Foto: Privat.)

Pro­test­ak­ti­on vor der BDA-Zen­tra­le in Ber­lin, 4. Mai 2024. (Foto: Privat.)

Seit eini­gen Jah­ren häu­fen sich die Fäl­le von BR-Mob­bing und Gewerk­schafts­be­kämp­fung. In eini­gen Bran­chen ist die Behin­de­rung oder Ver­mei­dung von Betriebs­rä­ten und der gewerk­schaft­li­chen Orga­ni­sie­rung inzwi­schen gän­gi­ge Pra­xis. Juris­ti­sche Fol- gen hat das kaum. Die im Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz vor­ge­se­he­nen Sank­tio­nen wer­den nur in den sel­tens­ten Fäl­len durch­ge­setzt. Obwohl sie ganz offen­sicht­lich gegen gel­ten­des Recht ver- sto­ßen, kom­men die Unter­neh­mens­lei­tun­gen also meist straf­frei davon.

Knapp 3.000 Unter­schrif­ten allein zum Betriebs­rats-Mob­bing bei Pro­Mi­nent waren zusam­men­ge­kom­men. Dabei han­delt es sich nicht um zufäl­lig ein­ge­sam­mel­te Unter­schrif­ten. Gan­ze Betriebs­rats­gre­mi­en haben den Brief gemein­sam dis­ku­tiert und unter­zeich­net, außer­dem zahl­rei­che bekann­te Gewerk­schaf­ter wie Jür­gen Ker­ner, 2. Vor­sit­zen­der der IG Metall, und der renom­mier­te Arbeits­recht­ler Wolf­gang Däubler.

Vor der Über­ga­be der Unter­schrif­ten an Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter Heil hat­ten meh­re­re Betriebs­rä­te und Gewerkschafter:innen vor dem Haus der Deut­schen Wirt­schaft in Ber­lin eine Pro­test­ak­ti­on durch­ge­führt. Sie wie­sen dar­auf hin, dass dort mit der BDA, dem BDI und der DIHK die Orga­ni­sa­tio­nen sit­zen, die kein Inter­es­se an einem auf­ge­wer­te­ten § 119 BetrVG haben. Denn dann wür­den sich unter ande­rem auch die Ver­ant­wort­li­chen für das Betriebs­rats-Mob­bing bei Pro­Mi­nent der rea­len Gefahr einer straf­recht- lichen Ver­fol­gung aussetzen.“

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juni 2024
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