Vor­wärts und nie ver­ges­sen: die Solidarität!“

Gelun­ge­nes Som­mer­se­mi­nar 2025 der ISO-Rhein-Neckar

 

R. G.

ISO-Sommerseminar in Mannheim, 27. Juli 2025. (Foto:Privat.)

ISO-Som­mer­se­mi­nar in Mann­heim, 27. Juli 2025. (Foto:Privat.)

Soli­da­ri­tät war das The­ma unse­re Som­mer­se­mi­nars am 27. Juli 2025 in Mann­heim. Soli­da­ri­tät hat zwar „offi­zi­ell“ eine zen­tra­le Bedeu­tung für lin­ke Orga­ni­sa­tio­nen und Gewerk­schaf­ten, aber im poli­ti­schen All­tag scheint sie immer mehr an Bedeu­tung zu verlieren.

In drei Semi­nar­tei­len haben wir unter­schied­li­che Aspek­te die­ses The­mas dis­ku­tiert. Unter ande­rem ging es um fol­gen­de Fra­gen: Was ver­ste­hen wir unter Soli­da­ri­tät? Wie haben wir selbst bereits Soli­da­ri­tät erfah­ren? Wie wird Soli­da­ri­tät zer­stört? Wie kann heu­te Soli­da­ri­tät kon­kret ent­wi­ckelt werden?

Zum Semi­nar­ein­stieg beschrie­ben die Teil­neh­men­den ihre per­sön­li­chen Erfah­run­gen mit Soli­da­ri­tät. Dabei zeig­te sich, wie unter­schied­lich die jewei­li­gen Erfah­rungs­wel­ten sind. Wer kei­ne betrieb­lich-gewerk­schaft­li­chen Erfah­run­gen hat, nann­te eher All­tags­si­tua­tio­nen wie zum Bei­spiel Unter­stüt­zung bei Krank­heit. Ande­re hat­ten Erfah­run­gen von betrieb­li­cher und über­be­trieb­li­cher Soli­da­ri­tät oder gar von Soli­da­ri­tät unter den Bedin­gun­gen einer Diktatur.

Ent­so­li­da­ri­sie­rung als Herrschaftsinstrument
Der zwei­te Semi­nar­teil setz­te sich dif­fe­ren­ziert mit dem Begriff Soli­da­ri­tät auseinander.

Ursprüng­lich war die­ser Begriff eng mit der his­to­ri­schen Arbei­ter­be­we­gung ver­knüpft. Im Kapi­ta­lis­mus erfah­ren die Arbei­ten­den Spal­tung und Ver­ein­ze­lung als „Nor­mal­zu­stand“. Das macht sie ohn­mäch­tig gegen­über der Kapi­tal­macht. Erst Soli­da­ri­tät ermög­licht den Arbei­ten­den, einen gemein­sa­men und erfolg­rei­chen Klas­sen­kampf für ihre eige­nen Inter­es­sen zu führen.

In den letz­ten Jahr­zehn­ten wur­de Soli­da­ri­tät – nicht zuletzt durch die herr­schen­de neo­li­be­ra­le Poli­tik – aus die­sem Klas­sen­zu­sam­men­hang geris­sen und poli­tisch ent­leert. Ange­sichts der aktu­el­len Kri­sen sol­len wir alle soli­da­risch zusam­men­hal­ten – unab­hän­gig von unse­rer sozia­len Lage. Die gegen­sätz­li­chen Klas­sen­in­ter­es­sen von Kapi­ta­lis­ten und Arbei­ten­den wer­den dabei bewusst ver­wischt, um eine anti­ka­pi­ta­lis­ti­sche Gegen­wehr zu erschwe­ren oder ganz zu verhindern.

Soli­da­ri­tät ist machbar
Im drit­ten Semi­nar­block ging es dar­um, wie Soli­da­ri­tät kon­kret ent­wi­ckelt und wirk­sam wer­den kann. Dazu erin­ner­te der Refe­rent an die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Komi­tees gegen BR-Mob­bing. 2012 wur­de beim Wein­hei­mer Boden­be­lag­her­stel­ler nora sys­tems dem akti­ven Betriebs­rat Hel­mut Schmitt mit Zustim­mung der dama­li­gen Betriebs­rats­mehr­heit gekündigt.

Das war der Aus­gangs­punkt für eine brei­te betrieb­li­che und über­be­trieb­li­che Unter­stüt­zungs­kam­pa­gne mit inten­si­ver Öffent­lich­keits­ar­beit (Info­stän­de, Flug­blät­ter, Kon­zert, Ver­an­stal­tun­gen usw.). Dies und die erfolg­rei­che Kün­di­gungs­schutz­kla­ge führ- ten dazu, dass Hel­mut Schmitt wie­der ein­ge­stellt wer­den muss­te. Aus die­ser kon­kre­ten Soli­da­ri­täts­ar­beit ist das heu­ti­ge Komi­tee ent­stan­den, wel­ches bis heu­te über­re­gio­nal Soli­da­ri­tät mit gemobb­ten BR-Kolleg:innen organisiert.
Der Refe­rent beton­te dabei die Bedeu­tung von akti­ven und beharr­li­chen Grup­pen, die – auch wenn sie klein sind – wich­ti­ge Impul­se geben kön­nen. So zitier­te er einen Satz der Anthro­po­lo­gin Mar­ga­ret Mead: „Zweif­le nie­mals dar­an, dass eine klei­ne Grup­pe enga­gier­ter Men­schen die Welt ver­än­dern kann“.

Ein gelun­ge­ner Tag
Unter­stri­chen wur­de die­ser Gedan­ke vom Video einer Rede unse­res fran­zö­si­schen Genos­sen Oli­vi­er Besan­cenot am 6. Mai 2025 in Paris. Dar­in for­der­te er unter ande­rem die Orga­ni­sa­tio­nen und Initia­ti­ven der poli­ti­schen Lin­ken auf, ange­sichts zuneh­men­der Repres­si­on und wach­sen­der faschis­ti­scher Gefahr, trotz aller poli­ti­schen Unter­schie­de soli­da­risch zusam­men­zu­ste­hen und den gemein­sa­men Wider­stand zu organisieren.

Schließ­lich berich­te­te ein Teil­neh­mer von den geplan­ten Ände­run­gen des Wohn-, Teil­ha­be- und Pfle­ge­ge­set­zes (WTPG) in Baden-Würt­tem­berg. Die­se brin­gen für die Betreu­ten Ent­mün­di­gung und Ver­schlech­te­run­gen. Dage­gen regt sich Wider­stand. Es ist jetzt not­wen­dig, dass alle, die sich dazu in der Lage sehen, poli­ti­schen, orga­ni­sa­to­ri­schen und gewerk­schaft­li­chen Druck gegen die­se als „Reform“ ver­kauf­te Poli­tik aufbauen.

Auch die­ses Som­mer­se­mi­nar war von einer offe­nen und soli­da­ri­schen Dis­kus­si­ons­kul­tur geprägt. Die Refe­ra­te und die inten­si­ven Dis­kus­sio­nen gaben vie­le theo­re­ti­sche und prak­ti­sche Anre­gun­gen. So fiel das Urteil über das Semi­nar durch­weg posi­tiv aus.

Nicht ver­ges­sen wer­den darf an die­ser Stel­le, dass nach den „Anstren­gun­gen“ des Semi­nar­ta­ges unser abend­li­ches Som­mer­fest die­sen Tag wun­der­bar abrun­de­te und aus­klin­gen ließ.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Sep­tem­ber 2025
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