Wah­len zur Jugend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung (JAV)

Stör­fak­tor für das Kapital?

N. C.

Alle zwei Jah­re fin­den in der Zeit vom 1. Okto­ber bis zum 30. Novem­ber die Wah­len zur Jugend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung (JAV) statt.

Azubis bei Alstom-Demo in Mannheim, 2. November 2010. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Azu­bis bei Als­tom-Demo in Mann­heim, 2. Novem­ber 2010. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Wahl­be­rech­tigt für die­se betrieb­li­che Inter­es­sen­ver­tre­tung sind unge­ach­tet ihres Alters Aus­zu­bil­den­de und Dual Stu­die­ren­de sowie jugend­li­che Beschäf­tig­te unter 18 Jah­ren. Alle Wahl­be­rech­tig­ten und zusätz­lich alle im Betrieb Arbei­ten­den unter 25 Jah­ren kön­nen zur JAV kandidieren.

Auf­ga­ben der JAV
Die Auf­ga­ben der JAV lei­ten sich aus dem Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) ab und glei­chen in gewis­sem Maße den Auf­ga­ben eines Betriebs­rats. Ein wesent­li­cher Unter­schied ist, dass die JAV nur für eine spe­zi­el­le Beschäf­tig­ten­grup­pe zustän­dig ist.

Die JAV ach­tet unter ande­ren dar­auf, dass Geset­ze und Tarif­ver­trä­ge, die die Aus­bil­dung betref­fen, ein­ge­hal­ten wer­den. Sie ist Anlauf­stel­le bei Pro­ble­men und für Ver­bes­se­rungs­vor­schlä­ge in Bezug auf die Aus­bil­dungs­si­tua­ti­on. Sie über­wacht die Qua­li­tät der Berufs­aus­bil­dung und setzt sich für den Gesund­heits­schutz und die Über­nah­me nach der Aus­bil­dung ein.

Gemein­sam mit dem Betriebs­rat hat die JAV also für gute Arbeits- und Aus­bil­dungs­be­din­gun­gen für jun­ge Men­schen zu kämpfen.
Din­ge zum Posi­ti­ven zu ver­än­dern und die The­men von Aus­zu­bil­den­den und Dual Stu­die­ren­den vor­an­zu­brin­gen, das stellt selbst eine enga­gier­te JAV oft vor gro­ße Herausforderungen.

Sie muss als Inter­es­sen­ver­tre­tung prä­sent, aktiv und ansprech­bar sein. Sie benö­tigt Durch­set­zungs­fä­hig­keit gegen­über der Geschäfts­lei­tung und oft auch gegen­über dem Betriebs­rat. Letz­te­rer hat die JAV zu unter­stüt­zen und zu ermutigen.

Ver­tei­di­gung der JAV
Lei­der gibt es immer noch Betrie­be, in denen, obwohl die Vor­aus­set­zun­gen gege­ben sind, kei­ne JAV exis­tiert. Gera­de in den ers­ten Jah­ren der Coro­na-Pan­de­mie ist die Wahl­be­tei­li­gung bei JAV-Wah­len zurückgegangen.

Star­ke Jugend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tun­gen sind jedoch in zuneh­mend raue­ren Zei­ten noch wich­ti­ger als bisher. 
Es ist kein Zufall, dass die Rech­te von JAV in vie­len Betrie­ben der Repu­blik der­zeit atta­ckiert wer­den. Beson­ders ist dies bei enga­gier­ten JAV der Fall, und wenn es um die Über­nah­me in ein fes­tes Voll­zeit-Arbeits­ver­hält­nis geht.

Die Erfül­lungs­ge­hil­fen des Kapi­tals (Geschäfts­füh­run­gen, Manage­ment etc.) jam­mern zwar laut­stark über den „Fach­kräf­te- man­gel“, aber sie wol­len oft Azu­bis nur mit Befris­tun­gen übernehmen.

Umso mehr stört es sie, dass Mit­glie­der der JAV einen Anspruch auf unbe­fris­te­te Über­nah­me nach § 78a BetrVG haben. Wich­tig zu wis­sen ist: Die­ser gesetz­li­che Anspruch gilt auch für Ersatz­mit­glie­der, die als ordent­li­che Mit­glie­der in die JAV nachrücken.

JAV als Gegenmacht
Es ist in einer Klas­sen­ge­sell­schaft immer schwie­rig, etwas zum Woh­le der arbei­ten­den Men­schen zu ver­bes­sern. Auto­ma­ti­sche Sicher­hei­ten und Garan­tien für Fort- schrit­te in die­sem Sin­ne gibt es nicht.

Im Betrieb spie­len daher die kon­se­quen­te Wahr­neh­mung der sehr ein­ge­schränk­ten demo­kra­ti­schen Rech­te und eine akti­ve gewerk­schaft­li­che Orga­ni­sie­rung eine ent­schei­den­de Rol­le. Sie bie­ten die Mög­lich­keit auch für jun­ge Beschäf­tig­te, zum Bei- spiel die eige­nen Aus­bil­dungs- und Stu­di­en­be­din­gun­gen posi­tiv zu beeinflussen.

Wich­tig sind gute Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen, die sich nicht auf Stell­ver­tre­ter­po­li­tik beschrän­ken, son­dern gemein­sam mit ihren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen betrieb­li­che Durch­set­zungs­kraft und Gegen­macht ent­wi­ckeln. Eine akti­ve JAV kann und muss dabei eine wich­ti­ge Rol­le spielen.

Betrieb­lich und gewerk­schaft­lich Akti­ve sind des­halb in der Pflicht, ihre jun­gen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zu unter­stüt­zen. Sie sind zu ermu­ti­gen, sich an den Wah­len zur JAV aktiv als Kan­di­die­ren­de und natür­lich auch als Wäh­len­de zu beteiligen.

Ange­sichts der sich zuspit­zen­den Kri­sen des Kapi­ta­lis­mus, der immensen Preis­stei­ge­rung und den stän­di­gen Angrif­fen auf die Rech­te der arbei­ten­den Klas­se ist eine akti­ve Gegen­wehr im Betrieb drin­gend erforderlich.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Novem­ber 2022
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