Bericht vom Infoabend der ISO Rhein-Neckar im September 2024
N. B.
Das weitere Erstarken der AfD, insbesondere bei den jüngsten Landtagswahlen, und zunehmende Angriffe gegen abhängig Beschäftigte und Gruppen in prekären Lebenslagen sind bedrohliche Entwicklungen. Wir beschäftigen uns schon länger damit, aber die Lage spitzt sich immer mehr zu.
So diskutierten wir auch bei unserem Infoabend am 27.09.2024 angeregt, vielfältig, besorgt und voller Tatendrang, wie wir noch mehr zur Gegenwehr beitragen können.
Faschistische Bedrohung
In seinem knappen, aber umfassenden Referat stellte unser Referent einige Fakten zum anhaltenden Rechtsruck heraus. In den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg in den letzten Wochen erhielt die AfD jeweils etwa 1/3 der gültigen Stimmen.
In der Diskussion machte eine Teilnehmerin besonders auf das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) aufmerksam. Dessen Führungsikone vertritt für die Partei bei ihrem teilweise sozialen Anspruch in vielen Punkten neoliberale bis national-reaktionäre Positionen.
Unser Referent ergänzte, dass das BSW auch ein Ergebnis der Zersetzung der großen Parteien sei. Das daraus entstehende politische Vakuum werde bisher nur von rechten bis faschistischen Kräften gefüllt, da es an durchsetzungsfähigen linken und klassenpolitischen Perspektiven fehle.
Doch was kennzeichnet den Faschismus? Durch die Zersplitterung der arbeitenden Klasse setzt er die kapitalistische Ausbeutung gewaltsam durch und schafft eine offene und aggressive Diktatur des Kapitals.
Dabei erscheint der wirtschaftliche Unterschied zum Neoliberalismus größer, als er tatsächlich ist. 2023 besaßen laut einer Oxfam-Studie die reichsten 0,1 % in Deutschland 20,4 % des Vermögens, während die ärmere Hälfte gerade einmal über 1,3 % des Vermögens verfügt. Diese extremen Machtverhältnisse höhlen die parlamentarische Demokratie im herrschenden Neoliberalismus zunehmend aus.
Krise der Industrie oder Krise der Gegenmacht?
Dieses nicht nur finanzielle Machtverhältnis zeigt sich auch in der medialen Präsenz der Lügen der großen Konzerne. Während VW 2023 mit 16,3 Milliarden US-Dollar Gewinn der Automobilhersteller mit dem drittgrößten Gewinn weltweit war, klagt der Konzern heute über seine „Krise“. Sie könne nur mit massenhaften Kündigungen und mit Standortschließungen bewältigt werden.
Und was tut die zuständige Gewerkschaftsführung? Sie hat ihre Forderung nach Arbeitszeitverkürzung genau zu dem Zeitpunkt fallengelassen, zu dem sie besonders einleuchtend und bedeutsam ist. Und sie wagt nicht, die Logik der kapitalistischen Profitmaximierung real zu bekämpfen.
Einen Hoffnungsschimmer in einer sich verdüsternden Lage sahen die Diskutierenden im Organisieren von Solidarität in konkreten Auseinandersetzungen, die Menschen direkt betreffen. Das gilt für betriebliche Auseinandersetzungen um den Erhalt von Arbeitsplätzen oder die Verteidigung demokratischer Rechte genauso wie für Mietkämpfe. In solchen Konflikten gelingt es immer wieder, auch Jüngere und Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen in aktive Gegenwehr mit ein- zubeziehen.
Als große Herausforderung und gleichzeitig Knackpunkt im Kampf gegen Faschismus und Kapitaloffensive sahen die Teilnehmenden die Verknüpfung konkreter Forderungen im Kleinen mit Grundsatzfragen („Ist Arbeiten/Wohnen nicht ein Grundrecht?“) und übergreifenden Kämpfen. Denn die großen Krisen vom Klima über Militarismus bis hin zur Produktion lassen sich letztlich nur global lösen durch eine internationale Bewegung der Produzent:-innen des gesellschaftlichen Reichtums.
Bevor es wieder zu spät ist
Ein großes Ziel, doch was bleibt uns anderes, als genau jetzt mit aller Kraft darauf hinzuarbeiten? So zitierte unser Referent in seinem Schlusswort Erich Kästner: „Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf …“