Ein Gespräch zweier Frauen und Mütter
Der 8. März, der Internationale Frauenkampftag, entstand als Initiative von Sozialistinnen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Er steht für die Forderung nach Gleichberechtigung von Frauen und für das Ziel der Überwindung der Unterdrückung von Frauen. Im Folgenden sprechen zwei Genossinnen über die Bedeutung des 8. März für sie selbst und über ihre ganz persönliche Situation als Frauen und Mütter.
Mareike: Hallo Nadja, Du bist Frau, angehende Lehrerin und Mutter von drei Kindern. Was bedeutet Dir der Weltfrauentag?
Nadja: Für mich ist der 8. März sehr wichtig. Er steht in der Tradition einer sozialistischen Frauen- und Arbeiterinnenbewegung, die sich für eine befreite Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung einsetzt. Durch die Mobilisierung zum Frauenstreik begann mir bewusst zu werden, wie sehr Geschlechterverhältnisse in der Unterdrückung von Menschen eine Rolle spielen und wie sehr ich als Frau davon betroffen bin.
Gerade in den letzten beiden Jahren der Pandemie hat sich vieles verschärft. Als Mutter bin ich nochmal viel stärker in ein traditionelles Rollenbild gerutscht, dem ich nie entsprechen wollte.
Mareike: Woran hast Du das bemerkt?
Nadja: Ich habe sehr viel Kindersorge übernommen und habe meine eigenen Anliegen in den Hintergrund gestellt. Ich war schwanger, war im Beschäftigungsverbot. Diese Zeit und die anschließende Elternzeit wollte ich eigentlich dafür nutzen, mich auf eine Promotion vorzubereiten. Dann kam der erste längere Lockdown und es gab keine Kinderbetreuung. Später haben mein Partner und ich aus Sorge um die Gesundheit der Kinder entschieden, sie nicht in der Kita betreuen zu lassen. Auch dann habe ich die Kinder betreut, da ich ja offiziell in Elternzeit war.
Wie war das bei dir?
Mareike: Bei mir war das sehr ähnlich. Ich habe, wie Du, kleine Kinder und wollte in den letzten beiden Jahren mein Studium abschließen. In der Pandemie habe ich jedoch den allergrößten Teil der Zeit damit verbracht, meine Kinder zu versorgen. Mein Mann arbeitet im Gesundheitsbereich und war daher beruflich stark ausgelastet, konnte sich wenig um die Kinder kümmern.
Nadja: Auch im Bereich der Lohnarbeit waren Frauen besonders von der Pandemie betroffen: Es fehlt ja allgemein an Schutzmaßnahmen in Betrieben. Auch sind viele Frauen in Berufen tätig, in denen sie sich weniger schützen können. Zum Beispiel im Bereich der Erziehung und Pflege. Da hat sich der schon zuvor bestehende Personalmangel weiter verschärft.
Mareike: Ja, der Kindergarten meiner Kinder wird aufgrund von Personalmangel jeden Tag früher geschlossen. Ich kann beobachten, dass fast ausschließlich Frauen vor den Kindergartentüren stehen und ihre Kinder nach den verkürzten Betreuungszeiten abholen. Das sind Frauen in unterschiedlichen Berufen: Ärztinnen, Lehrerinnen, Studentinnen, Köchinnen …
Nadja: Die Frauen müssen ja dafür in ihrer Lohnarbeit zurückstecken. Dadurch verstärkt sich auch die finanzielle Abhängigkeit vieler Frauen von ihrem Partner. Sie sind besonders von Armut und Gewalt zuhause betroffen.
Mareike: Ja, den Internationalen Frauentag sehe ich deswegen als wichtige Gelegenheit, Menschen dafür zu sensibilisieren, dass Frauenunterdrückung noch immer ein großes Thema ist. Das fängt schon bei der Erziehung von Mädchen und Jungen an.
Ich bin damit groß geworden, dass mein Körper, sowie der aller Frauen in meinem Alter, vor allem unter dem Aspekt der Schönheit betrachtet wurde, der „fuckability“ [der „sexuellen Attraktivität“]. In meiner Schule wurde intensives „Slut Shaming“ [„Schlampen-Dreschen“] betrieben: Mädchen mussten ein T-Shirt tragen, weil sonst „zu viel“ von ihrem Körper gesehen worden wäre, und um Lehrer und Schüler nicht vom Unterricht abzulenken. Heute erlebe ich das vor allem, wenn mir beim Stillen gesagt wird, ich solle meine Brust nicht in der Öffentlichkeit zeigen. Die ständige Bewertung unserer Körper hält uns Frauen davon ab, unser ganzes Potenzial entfalten zu können.
Viele Menschen meinen ja, Frauen und Männer seien in Deutschland völlig gleichberechtigt. Gleichzeitig stirbt jeden dritten Tag eine Frau in Deutschland durch die Hand ihres „Partners“ oder Ex-„Partners“.
Nadja: Das ist grauenvoll!
Ich muss jetzt los zu meinen Kindern. Aber wir sehen uns spätestens am 8. März in Heidelberg um 16:00 Uhr am Uniplatz.
In Mannheim findet um 16:30 Uhr im Gewerkschaftshaus eine Veranstaltung statt, und ab 17:30 Uhr startet von dort aus eine Demo des Feministischen Bündnisses.
Mareike: Wir sehen uns auf jeden Fall. Bis dann!