100 Jah­re GKM

Vor einem Ende mit Schrecken?

M. G.

Am 8. Novem­ber 1921 wur­de die Gross­kraft­werk Mann­heim AG (GKM) gegrün­det. Die Anla­ge in Rhein­au ist aktu­ell der größ­te Ener­gie­er­zeu­ger in Baden-Württemberg.

Das Stein­koh­le­kraft­werk nutzt die Tech­nik der Kraft-Wär­me-Kopp­lung (KWK). Es erzeugt mit den drei Blö­cken 6, 8 und 9 nicht nur Strom für rund 2,5 Mil­lio­nen Men­schen, son­dern auch für Gewer­be und Indus­trie. Block 7 muss bis min­des­tens März 2025 als Sys­tem­re­ser­ve für das Strom­netz betriebs­be­reit gehal­ten wer­den. Für die Deut­sche Bahn stellt das GKM rund 15 % des gesam­ten Bahn­stroms in der Bun­des­re­pu­blik zur Verfügung.

GKM Mannheim, 4. November 2014. (Foto: Gemeinfrei.)

GKM Mann­heim, 4. Novem­ber 2014. (Foto: Gemeinfrei.)

Zudem lie­fern die Anla­gen Fern­wär­me für rund 120.000 Haus­hal­te in der Rhein-Neckar-Regi­on. Allein in Mann­heim sind der­zeit mehr als 60 % der Haus­hal­te an das Fern­wär­me­netz ange­schlos­sen. Es ist über 800 Kilo­me­ter lang und gehört zu den größ­ten in Euro­pa. Der 2015 in Betrieb genom­me­ne Block 9 erreicht durch die Wär­me­er­zeu­gung mit­tels KWK Brenn­stoff­aus­nut­zungs­gra­de von bis zu 70 %.

Die „Libe­ra­li­sie­rung des Strom­mark­tes“ in den 1990er Jah­ren in Deutsch­land hat einen mas­si­ven Abbau von Beschäf­ti­gung zur Fol­ge gehabt. Statt der einst 1.600 Arbeits- und Aus­bil­dungs­plät­ze gibt es im GKM der­zeit nur noch rund 550.

2038 soll das letz­te Koh­le­kraft­werk in Deutsch­land vom Netz gehen. Die drei Eigen­tü­mer des GKMRWE (40 %), EnBW (32 %) und MVV Ener­gie (28 %) – gehen davon aus, dass das GKM spä­tes­tens 2033, wahr­schein­lich aber schon 2030 abge­schal­tet wird. Der Betriebs­rat befürch­tet, dass danach nur noch eine zwei­stel­li­ge Zahl von Beschäf­tig­ten wei­ter­ar­bei­ten könne.

Zurecht kri­ti­siert die Umwelt­be­we­gung schon lan­ge die hohen Emis­sio­nen von Schad­stof­fen und Treib­haus­ga­sen durch das GKM. Es ist kei­ne Fra­ge, dass die Koh­le­ver­stro­mung schnellst­mög­lich ein­ge­stellt wer­den muss. Aber das wird nicht gut gehen, ohne dass die sozia­le Fra­ge (Arbeit und Aus­bil­dung), mit der öko­lo­gi­schen (Kli­ma­schutz) und der tech­ni­schen (Ver­sor­gungs­si­cher­heit bei Strom und Fern­wär­me) ver­knüpft wird.

Bezeich­nen­der­wei­se gibt es bis­her kein wirk­sa­mes Kon­zept zur Lösung die­ser Pro­ble­me – weder von Sei­ten der eta­blier­ten, pro­ka­pi­ta­lis­ti­schen Poli­tik noch von Sei­ten des Unter­neh­mens. Es ist die Auf­ga­be vor allem der zustän­di­gen Gewerk­schaft ver.di, des Be-triebs­rats und der Kli­ma­ge­rech­tig­keits­be­we­gung, gemein­sam die­sen Skan­dal nicht hin­zu­neh­men und für Alter­na­ti­ven zu kämpfen.


Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Novem­ber 2021
Tagged , , , , . Bookmark the permalink.