ISO Rhein-Neckar
Früh­jahrs­se­mi­nar „Sozi­al­part­ner­schaft oder Gegenmacht?“

H. S.

Das tra­di­tio­nel­le Früh­jahrs­se­mi­nar der ISO Rhein-Neckar fand am 22. April 2023 in Mann­heim statt. Es befass­te sich mit der Fra­ge, wie wir die Gewerk­schaf­ten stär­ken kön­nen. Es rich­te­te sich an Akti­ve, die sich in Betrieb, Gewerk­schaft und Gesell­schaft engagieren.

Die teil­neh­men­den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen kamen aus der GEW, der IGBCE, der IG Metall und aus ver.di. Sie konn­ten einen reich­hal­ti­gen Erfah­rungs­schatz in die Dis­kus­sio­nen einbringen.

Drei The­men­schwer­punk­te wur­den jeweils durch Refe­ra­te eingeleitet:
1. Wel­che Rol­le spiel­ten Gewerk­schaf­ten in der Geschichte?
2. Wel­che Rol­le spiel­te und spielt die Stra­te­gie der „Sozi­al partnerschaft“?
3. Was kön­nen wir zur Ent­wick­lung einer akti­ven und akti­vie ren­den, einer kämp­fe­ri­schen Gewerk­schafts­po­li­tik beitragen?

Der ein­füh­ren­de geschicht­li­che Teil wur­de durch einen kur­zen Doku­men­tar-Film berei­chert, der die oft wenig bekann­ten Ent­wick­lun­gen der deut­schen Gewerk­schafts­be­we­gung ver­an­schau­lich­te. Unser Refe­rent mach­te deut­lich, wie sehr die Grün­dung der Gewerk­schaf­ten im 19. Jahr­hun­dert auf der Erkennt­nis der Stär­ke von gemein­sa­mer Klas­sen­or­ga­ni­sa­ti­on beruh­te. Das kon­se­quen­te Füh­ren von Streiks bis hin zum Gene­ral­streik, dem höchs­ten Aus­druck gewerk­schaft­li­cher Soli­da­ri­tät, wur­de denn auch zum Schlüs­sel für die Erfol­ge der Arbei­ter­be­we­gung in der Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Kapital.

Anpas­sung …
Der zwei­te Teil des Semi­nars befass­te sich mit der Bedeu­tung der „Sozi­al­part­ner­schaft“ für den Fort­be­stand des Kapi­ta­lis­mus. Die Aus­füh­run­gen zu die­ser Fra­ge spann­ten den Bogen von der Prä­gung der BRD als „sozia­ler Markt­wirt­schaft“ mit einem sehr ein­ge­schränk­ten Arbeits- und Streik­recht bis hin zu der zuneh­men­den „sozi­al­part­ner­schaft­li­chen“ Anpas­sung der Gewerk­schafts­füh­run­gen an die­se Rahmenbedingungen.

Die­se Ent­wick­lung ist geprägt durch die Ver­in­ner­li­chung der Rol­le einer büro­kra­ti­schen gewerk­schaft­li­chen Ord­nungs­macht, die Kon­flik­te mit dem Kapi­tal in Form von Erzwin­gungs­streiks ver­mei­det und klas­sen­kämp­fe­ri­sche Kräf­te kontrolliert.

… oder Widerstand
Im drit­ten Teil des Semi­nars ging es dar­um, wie Gewerk­schaf­ten als hand­lungs­fä­hi­ge Kampf­or­ga­ni­sa­tio­nen gestärkt wer­den kön­nen. Die Ein­lei­tung zu die­ser Fra­ge beton­te die zen­tra­le Bedeu­tung leben­di­ger inner­ge­werk­schaft­li­cher Struk­tu­ren an der betrieb­li­chen Basis. Beson­ders wich­tig sei der Auf­bau von akti­ven Ver­trau­ens­leu­te­struk­tu­ren, die von dem Selbst­ver­ständ­nis „Die Gewerk­schaft sind wir“ geprägt werden.

In ange­reg­ten Dis­kus­sio­nen konn­ten die The­men­schwer­punk­te wei­ter ver­tieft und durch eige­ne per­sön­li­che Erfah­run­gen kon­kre­ti­siert werden.

Es bestand Einig­keit dar­in, dass die enor­men Bedro­hun­gen der Gegen­wart stär­ke­re Gewerk­schaf­ten erfor­dern, die sich nicht der Illu­si­on einer „Sozi­al­part­ner­schaft“ hin­ge­ben, son­dern kon­se­quent für die gemein­sa­men Inter­es­sen der abhän­gig Beschäf­tig­ten kämpfen.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Mai 2023
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