Unse­re Gesund­heit ist mehr wert als ihre Profite!”

Tagung des RSB Rhein-Neckar in Mann­heim am 29.11.2014:

 

H.N.

Fast mär­chen­haft und uto­pisch mutet heut­zu­ta­ge die Defi­ni­ti­on von Gesund­heit an, die die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on 1946 for­mu­lier­te: „Gesund­heit ist ein Zustand des voll­stän­di­gen kör­per­li­chen, geis­ti­gen und sozia­len Wohl­erge­hens und nicht nur das Feh­len von Krank­heit oder Gebre­chen.“ Wel­cher Mensch kann heu­te schon sagen, dass er in die­sem Sin­ne gesund sei?


Fehl­ent­wick­lun­gen

Insbe­son­de­re in der Arbeits­welt sind seit lan­gem kata­stro­pha­le Fehl­ent­wick­lun­gen fest­zu­stel­len. Das bemerk­te sogar der klas­sen­kämp­fe­ri­scher Nei­gun­gen völ­lig unver­däch­ti­ge Deut­sche Ärz­te­tag vor mehr als zwei Jah­ren. Chro­ni­sche Über­for­de­rung, so die Medi­zi­ner-Tagung, führ­ten zu psy­chi­schen und psy­cho­so­ma­ti­schen Krank­hei­ten (Depres­sio­nen, Angst­stö­run­gen, Rücken­schmer­zen, Tin­ni­tus oder Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen). Zu den krank­ma­chen­den Arbeits­be­din­gun­gen gehör­ten unter ande­rem Zeit- und Leis­tungs­druck, Stress durch stän­di­ge Erreich­bar­keit über Han­dy und E-Mail, Angst vor Arbeits­platz­ver­lust, unge­nü­gen­de Erho­lungs­mög­lich­kei­ten oder Mob­bing. Die Schluss­fol­ge­rung des Ärz­te­tags war ein­deu­tig: „Die Arbeits­welt muss sich wie­der den Men­schen anpas­sen, statt vor­ran­gig Ren­di­te­er­war­tun­gen zu erfül­len.“ (Mann­hei­mer Mor­gen vom 07.06.2012.)

Zah­len
Es ist unbe­streit­bar, dass die bun­des­wei­ten Fehl­zei­ten auf­grund arbeits­be­ding­ter psy­chi­scher Erkran­kun­gen gera­de­zu explo­die­ren. Seit 1999 beträgt der Anstieg über 80 %. Die­se Ent­wick­lung bewirkt enor­mes Leid für die Betrof­fe­nen und ihre Ange­hö­ri­gen, – und sie ist teu­er. Allein für die Gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen ver­ur­sacht sie direk­te Kos­ten von rund 17 Mil­li­ar­den Euro pro Jahr. In der Euro­päi­schen Uni­on wer­den die Kos­ten arbeits­be­ding­ter psy­cho­so­zia­ler Risi­ken auf rund 270 Mil­li­ar­den Euro jähr­lich geschätzt.

Ursa­chen
Ver­ant­wort­lich hier­für ist der Kapi­ta­lis­mus im All­ge­mei­nen und sei­ne Ent­wick­lung in den letz­ten 40 Jah­ren im Beson­de­ren. Der Bereich der Finanz­spe­ku­la­ti­on ist von den Herr­schen­den zum Maß­stab für kurz­fris­tig durch­zu­set­zen­de maxi­ma­le Pro­fit­stei­ge­run­gen auch in der „Real­wirt­schaft“ gemacht wor­den. Vor allem Groß­kon­zer­ne als ent­schei­den­de Fak­to­ren öko­no­mi­scher Macht trei­ben die „Glo­ba­li­sie­rung“ und eine stän­di­ge Beschleu­ni­gung der Stand­ort­kon­kur­renz vor­an. Dadurch ver­schärft sich die „Dik­ta­tur der Zah­len“ in zuneh­mend mehr Berei­chen von Wirt­schaft und Gesell­schaft. Gleich­zei­tig ver­stärkt dies den Druck auf die Pre­ka­ri­sie­rung und Fle­xi­bi­li­sie­rung von Arbeits­ver­hält­nis­sen und Arbeits­be­din­gun­gen. Tay­lo­ris­mus und Toyo­tis- mus fei­ern in Pro­duk­ti­ons­hal­len und Büros ihr Wie­der­auf­le­ben. In der Fol­ge neh­men auch wie­der phy­si­sche arbeits­be­ding­te Erkran­kun­gen zu. Skan­da­lö­ser­wei­se wird der­zeit nur jede fünf­te Anzei­ge einer Berufs­krank­heit von den Berufs­ge­nos­sen­schaf­ten aner­kannt. Zudem bleibt die Dun­kel­zif­fer der berufs­be­ding­ten Erkran­kun­gen erschre­ckend hoch.

Han­deln
Gewerk­schaf­te­rIn­nen und Lin­ke soll­ten sich mehr als bis­her mit die­sem wei­ten und beson­ders wich­ti­gen The­men­feld aus­ein­an­der­set­zen und aktiv wer­den. Wir laden des­halb (nicht nur) in Betrieb und Gewerk­schaft Akti­ve zur Tagung „Unse­re Gesund­heit ist mehr wert als ihre Pro­fi­te“ ein. Sie fin­det am Sams­tag, den 29. Novem­ber 2014, in Mann­heim statt.

aus der Rhein-Neckar Bei­la­ge zur Avan­ti 226, Okto­ber 2014
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