O. T.
Erneut müssen wir uns mit den „Struktur- und Kostensenkungsmaßnahmen“ und dem damit verbundenen Personalabbau bei Freudenberg in Weinheim befassen.
Bei Freudenberg Sealing Technologies (FST) waren vorwiegend noch im letzten Jahr – als Folge einer Produktionsverlagerung nach Ungarn – rund 160 Arbeitsplätze abgebaut worden. Zwar erfolgte der Abbau ohne betriebsbedingte Kündigungen mit Sozialplan und Interessenausgleich. Die Arbeitsplätze selbst sind aber für Weinheim verloren. Zudem soll die anhaltend hohe Auftragslage nun mit reduziertem Personal und mit Überstunden bewältigt werden. Mit anderen Worten: Der Arbeitsplatzabbau geschah über den für die Produktion erforderlichen Personalbedarf hinaus.
Das gleiche gilt für Freudenberg Performance Materials (FPM) und Freudenberg Filtration Technologies (FFT). Bei FPM sollte noch in diesem Jahr die Logistik mit 110 Beschäftigten geschlossen bzw. verlagert werden. Die Schließung zum Jahresende 2017 konnte jetzt, nicht zuletzt auch durch den Widerstand der Belegschaft und des Betriebsrats, verhindert werden.
Trotzdem wurde und wird der Personalbestand weiter reduziert. Bei FFT wird mehr als die Hälfte der Produktion in die Slowakei verlagert. 70 Arbeitsplätze in Produktion und im produktionsnahen Bereich sind davon betroffen. In beiden Bereichen wurden die Personalmaßnahmen bisher ohne betriebsbedingte Kündigungen über einen Sozialplan und Interessenausgleich umgesetzt.
Kündigungen noch nicht ausgeschlossen
Für rund 10 Betroffene aus dem FPM-Logistikbereich ist dies aber noch nicht gesichert. Falls keine Alternativarbeitsplätze im Konzern in Weinheim angeboten werden, droht diesen dann doch die betriebsbedingte Kündigung. Gleichzeitig sollen im Bereich FPM ebenfalls wegen einer erhöhten Auftragslage Überstunden geleistet werden.
Dies alles zeigt einmal mehr die Profitlogik, die hinter solchen Maßnahmen steht. Mit immer weniger Personal soll der höchstmögliche Gewinn herausgeholt werden. Dass dieses Konzept im Sinne der Kapitaleigner bislang aufgeht, das zeigt die wirtschaftliche Entwicklung des Freudenbergkonzerns.
In Weinheim wurden über die Jahre und Jahrzehnte immer mehr Arbeitsplätze abgebaut. Ende 2017 sind hier nur noch etwa 5.000 KollegInnen beschäftigt. Anfang der 1970er Jahre waren es noch rund 12.500. Stattdessen ist der Konzern außerhalb Weinheims, vor allem im außereuropäischen Ausland, kräftig gewachsen.
Weltweit arbeiten bei Freudenberg insgesamt etwa 48.000 Beschäftigte, davon zirka 25.000 in Europa. In Deutschland sind es noch rund 11.000 KollegInnen.
Rekordgewinne auf Kosten der Belegschaft
Das siebte Jahr in Folge konnten sowohl ein Rekordumsatz als auch ein Rekordergebnis erzielt werden. Der konsolidierte Nettogewinn stieg von 521 Mio. Euro in 2015 auf 1.087 Mio. Euro in 2016. Die Umsatzrendite stieg von 6,9% auf 12,7%.
Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, dass es vor allem die Freudenberg-Kapitalisten sind, die von dieser Entwicklung profitieren. Den Beschäftigten, die diesen Erfolg mit ihrer Arbeit erwirtschaftet haben, und der Gesellschaft werden die Folgen dieser Entwicklung aufgebürdet: Arbeitsplatzvernichtung durch Rationalisierung, Umstrukturierung und/oder Produktionsverlagerungen in Billiglohnländer, Abbau tariflich geregelter Vollzeitarbeitsplätze bei gleichzeitiger Ausweitung prekärer Arbeitsverhältnisse wie Befristungen und Leiharbeit, sowie immer mehr Leistungsdruck und schlechtere, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen.
In einer Erklärung des Eurobetriebsrats Freudenberg vom November 2017 heißt es: „Insgesamt hat sich die Situation der Arbeitnehmer in keinster Weise verbessert. Der Unternehmenserfolg ist in den Werkshallen von Freudenberg europaweit nur sehr wenig spürbar. Es besteht kein Zweifel daran, dass ein großer Teil des Erfolgs auf dem Rücken Tausender von Arbeitnehmern erzielt wurde, die ihre Arbeit überall unter stressigen und belastenden Bedingungen verrichten“.
Abbau bei Freudenberg stoppen
Vor diesem Hintergrund muss im Interesse der KollegInnen die gesamtgesellschaftliche Verantwortung des Konzerns, wie sie das Grundgesetz im Artikel 14. Absatz 2 vorgibt, eingefordert werden.
Es ist längst überfällig, dass nicht nur zum Wohle der Noch-Beschäftigten, sondern auch zum Wohle der gesellschaftlichen Entwicklung in der Region der Arbeitsplatzabbau bei Freudenberg gestoppt wird. Dazu bedarf es einer Strategie des koordinierten Widerstands durch die Belegschaften, die gewerkschaftlichen Vertrauenskörper und die Betriebsräte am Standort. Nur so kann der Spaltungspolitik des Kapitals entgegengewirkt werden.