Der markt­ge­rech­te Patient“

Ein wich­ti­ger und sehens­wer­ter Film

H. S.

Am 12. März 2019 kam im Mann­hei­mer Cine­ma Qua­drat der Doku­men­tar­film „Der markt­ge­rech­te Pati­ent“ zur Auf­füh­rung. Rund 70 Besu­che­rIn­nen zeig­ten Inter­es­se an dem Film­abend, der in Koope­ra­ti­on mit Bünd­nis Rhein-Neckar für mehr Per­so­nal im Gesund­heits­we­sen, DGB Nord­ba­den, Über­be­trieb­li­ches Soli­da­ri­täts­ko­mi­tee Rhein-Neckar und ver.di Rhein-Neckar stattfand.

Die Fil­me­ma­cher Les­lie Fran­ke und Her­do­lor Lorenz haben einen beein­dru­cken­den Doku­men­tar­film gedreht. Anhand vie­ler Bei­spie­le unter­su­chen sie dar­in die Fol­gen der Fall­pau­scha­len und der Kran­ken­haus­pri­va­ti­sie­run­gen. Das Ergeb­nis: Wer an einer lang­wie­ri­gen Krank­heit lei­det, die auf­wen­di­ge Pfle­ge erfor­dert, hat zuneh­mend schlech­te­re Kar­ten. Er ist für vie­le Kran­ken­häu­ser finan­zi­ell unin­ter­es­sant und wird oft genug gar nicht erst auf­ge­nom­men. Bes­ser sind die Pati­en­tIn­nen, die man sehr schnell „hei­len“ kann, not­falls auch mit dras­ti­schen Mit­teln: mit Ope­ra­tio­nen bis hin zu Ampu­ta­tio­nen von Glied­ma­ßen, die ver­mie­den wer­den könnten.

Fata­le Fol­gen der Fallpauschalen
Der Pro­fit soll spru­deln. Die kran­ken Men­schen blei­ben oft genug auf der Stre­cke – und das auch im wört­li­chen Sinn, wie einer der doku­men­tier­ten Fäl­le beson­ders krass auf­zeigt. Es geht nicht mehr in ers­ter Linie um ethi­sche Wer­te oder gesund­heit­li­che Aspek­te, son­dern um Gewinn.

Geschäfts­füh­run­gen und Unter­neh­mens­be­ra­ter prü­fen, ob die Abläu­fe im Kran­ken­haus nicht mit noch weni­ger Per­so­nal bewäl­tigt wer­den kön­nen. Die ent­schei­den­de Fra­ge lau­tet nun­mehr: Was bringt uns der Pati­ent? Betrof­fe­ne kla­gen im Film dar­über, wie wenig Beach­tung sie in Kran­ken­häu­sern mit dün­ner Per­so­nal­de­cke finden.

Wenig pro­fi­ta­ble Berei­che wer­den sogar viel­fach ganz auf­ge­ge­ben. War­um medi­zi­ni­sche Ange­bo­te vor­hal­ten, die im Sys­tem der Fall­pau­scha­len mehr kos­ten als bringen?

Pati­ent als Mit­tel zum Zweck
Wann immer Kran­ken­häu­ser pri­va­ti­siert wer­den, erfolgt zwangs­wei­se eine Spe­zia­li­sie­rung auf die gewinn­brin­gen­den Berei­che in Ver­bin­dung mit Per­so­nal­kür­zun­gen. Je weni­ger Beschäf­tig­te im Kran­ken­haus arbei­ten, umso nied­ri­ger sind die Kos­ten. Umso gerin­ger ist aber auch die Betreu­ungs­dich­te der PatientInnen.

Durch die inner­be­trieb­li­che „Dika­tur der Zah­len“ steigt die Belas­tung für das Per­so­nal immer wei­ter. Vie­le Ärz­tIn­nen und Pfle­ge­rIn­nen kön­nen unter die­sen Bedin­gun­gen nicht mehr arbei­ten, ohne selbst krank zu werden.

Kran­ken­häu­ser, die sich nicht dem Spar­zwang unter­wer­fen, gera­ten auf­grund der Geset­zes­la­ge schnell in die Schuldenfalle.

Leben oder Profite
„Der markt­ge­rech­te Pati­ent“ zeigt, dass das alles nicht vom Him­mel fällt, son­dern Ergeb­nis einer neo­li­be­ra­len, kapi­ta­lis­ti­schen Poli­tik ist. Hin­ter ihr steht das Leit­bild, dass Pro­fi­te wich­ti­ger sind als unser Leben.

In der Dis­kus­si­on, die im Anschluss an die Film­vor­füh­rung statt­fand, wur­de deut­lich, dass wir uns die­ser Ent­wick­lung ent­ge­gen­stel­len und die­se unhalt­ba­ren Zustän­de besei­ti­gen kön­nen und müssen.

Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Spahn hat jüngst ver­kün­det, 13.000 neue Pfle­ge­stel­len schaf­fen zu wol­len. Nicht erklärt hat er aber, wes­halb sich die­se Fach­kräf­te den oft­mals mise­ra­blen Arbeits- und Ent­gelt­be­din­gun­gen in den Kran­ken­häu­sern unter­wer­fen sol­len. Auch nicht erwähnt hat er, dass mehr als 50.000 Stel­len in den letz­ten 15 Jah­ren gestri­chen wor­den sind – als Fol­ge der Fall­pau­scha­len­re­ge­lung und der Pro­fit­ori­en­tie­rung im Pflegebereich.

Der Doku­men­tar-Film „Der markt­ge­rech­te Pati­ent“ kommt zur rech­ten Zeit. Er kann Volks­be­geh­ren unter­stüt­zen, Bünd­nis­se initi­ie­ren. Er lie­fert Argu­men­te auf Basis einer Ursa­chen­ana­ly­se für alle, die sich für eine men­schen­wür­di­ge und sozia­le Gesund­heits­ver­sor­gung für Beschäf­tig­te und Pati­en­tIn­nen ein­set­zen wollen.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar April 2019
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