(Teil I)
K. H.
Am 26. Juli 2019 stand das Elektroauto im Mittelpunkt des monatlichen Infoabends der ISO Rhein-Neckar. Inhaltliche Grundlage war Winfried Wolfs Buch: Mit dem Elektroauto in die Sackgasse - Warum E-Mobilität den Klimawandel beschleunigt.
Vor allem der anhaltende Protest der „Fridays for Future“-Bewegung hat in den letzten Monaten dazu geführt, dass die fortschreitende Klimakatastrophe zu einem stärker beachteten gesellschaftlichen Thema geworden ist.
Ein wichtiger Teil dieser Debatte ist die Verkehrswende. Sie ist notwendig, um die massive CO2 -Belastung aus dem Verkehr spürbar zu reduzieren. Es ist wissenschaftlich belegt, dass die Nutzung von Kraftfahrzeugen – LKW und PKW, Diesel und Benziner – für ein Fünftel der das Klima schädigenden Gase verantwortlich ist. Der Autoverkehr ist der wichtigste Sektor, bei dem die das Klima schädigenden Emissionen absolut sogar ansteigen.
Um die Verkehrswende und die Einhaltung der Klimaziele von Paris zu schaffen, preisen uns Regierung und Autoindustrie das Elektroauto an.
Bei der Bewertung eines Verkehrsmittels geht es aber nicht nur um den unmittelbaren Ausstoß klimaschädlicher Emissionen. Dies würde angesichts der vielen Probleme der heutigen Verkehrspolitik zu kurz greifen. Es geht vielmehr um die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen und Belastungen durch den individuellen Kraftfahrzeugverkehr.
Daten zum heutigen Autoverkehr
Das Auto ist nicht ökonomisch: Der aktuelle Golf hat ein Gewicht von 1,3 Tonnen und befördert in der Regel eine Person (ca. 100 kg). Das entspricht einem Verhältnis zwischen Transportgut und Leergewicht von 1:13. Beim vergleichbaren E-Auto sind es dann sogar 1,9 Tonnen zu 100 kg oder eine Relation von 1:19.
Der Kraftfahrzeugverkehr ist nicht effizient: Die Durchschnittsgeschwindigkeit eines PKW im Stadtverkehr liegt bei ca. 25 km/h. Das ist nicht viel mehr als die Geschwindigkeit eines Radfahrers.
Der motorisierte Individualverkehr ist nicht sozial: Er steht immer im Widerspruch zum nicht motorisierten (Fußgänger- und Fahrrad-) Verkehr und zu den kollektiven Verkehrsmitteln (Bus, Straßenbahn …).
Der Kraftfahrzeugverkehr ist stadtzerstörerisch: Der Autoverkehr beansprucht mindestens viermal mehr Fläche je Transporteinheit als der Verkehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln – im Vergleich zu Fußgängerinnen und Radverkehr ist der Platzbedarf noch ein Vielfaches mehr.
Der Kraftfahrzeugverkehr ist mörderisch: Jahr für Jahr kostet er in der EU 25.000 Menschen das Leben. Weltweit sind es jährlich mehr als eine Million. Und das ist nicht „der Preis der Mobilität“. Das ist der Preis dieser spezifischen Mobilität.
E-Mobilität nicht klimafreundlich
Es wird behauptet, eine möglichst große Zahl von Elektroautos würde die CO2-Emissionen reduzieren und dem Klimawandel entgegenwirken. Das ist aber nicht der Fall – das Gegenteil trifft zu.
Die Antriebsart eines Autos ist nicht entscheidend bei der Kritik am motorisierten Individualverkehr. Grundsätzlich sind Elektroautos ähnlich problematisch und das Klima schädigend wie herkömmliche PKW.
Die reine CO2-Bilanz eines E-Autos ist im Vergleich zu einem Benzin- oder Diesel-PKW maximal um ein Viertel weniger schlecht, wenn der gesamte Lebenszyklus des Autos betrachtet wird. E-Autos sind aber zum großen Teil Zweit- und Drittwagen, die hauptsächlich in der Stadt genutzt werden. Dafür sprechen auch die technischen Aspekte wie Reichweite, Ladedauer und Ladestrukturen. E-PKW sind damit auf absehbare Zeit Mobilitätsmittel für diejenigen, die es sich finanziell leisten können und die über eine Garage oder einen „Carport“ mit Ladegerät verfügen. Damit sind Elektroautos ein weiterer Beitrag, um die PKW-Dichte noch mehr zu erhöhen und dies ausgerechnet dort, wo PKW besonders schädlich sind: in den Städten.
Zugleich tauscht die Autoindustrie, die jetzt auf Elektroautos setzt, die Abhängigkeit von dem endlichen Rohstoff Öl gegen die Abhängigkeit von anderen wie Kupfer und Nickel aus. Sie müssen für E-Autos ebenso in großen Mengen aus der Erde geholt werden wie Lithium, Kobalt und allgemein Seltene Erden.
Die grundlegenden Probleme des individuellen Autoverkehrs bleiben auch mit „Elektro-Mobilität“ in jedem Fall bestehen. Selbst wenn alle 950 Millionen Pkw, die es derzeit auf dem Planeten gibt, Elektroautos wären, bliebe es bei der einen Million Verkehrstoten im Jahr. Auch wenn in allen Großstädten der Erde Benzin- oder Diesel-PKW durch Elektro-PKW ersetzt werden würden, bliebe es dabei, dass der Flächenverbrauch, den diese Blechlawine beansprucht, wesentlich größer ist als der des Verkehrs zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
[Fortsetzung folgt in der nächsten Avanti².]