R. G.
So lautete der Titel des elften Online-Infoabends der ISO-Gruppe Rhein-Neckar am 22. Januar 2020. Nach rund einem Jahr Pandemie wollten wir über deren Verlauf und die aktuelle Situation diskutieren. Aber auch darüber, wie der Aufruf #ZeroCovid politisch einzuschätzen ist, und wie er sich praktisch nutzen lässt.
Unser Referent nahm uns mit auf eine kurze Zeitreise durch das vergangene Jahr. Angefangen bei den ersten Beschwichtigungen „dies sei ein chinesisches Problem“, über die Infragestellung der Nützlichkeit von Masken und die spätere gegenteilige Einschätzung mit folgender Maskenpflicht, über die sommerliche Untätigkeit bis hin zur „überraschenden“ zweiten Welle.
Verantwortungslosigkeit oben
Offensichtlich sei, dass die „Verantwortlichen“ die von der Regierung beauftragte Pandemie-Risikoanalyse aus dem Jahr 2012 nicht kennen würden oder nicht kennen wollten. Denn darin sei der Verlauf der Pandemie gut beschrieben, und insofern sei die aktuelle Entwicklung nicht überraschend.
Auch die ergriffenen Maßnahmen seien weder durchweg schlüssig, noch würden sie konsequent umgesetzt. So werde in den Unternehmen meistens die Verantwortung für die Gesundheit auf die Beschäftigten „abgeschoben“. Das heißt, sie sollen Masken tragen und die AHA-L-Regeln einhalten. Andere Konzepte oder Möglichkeiten seien oft gar nicht geprüft worden. Immer gehe es darum, die Wirtschaft am Laufen zu halten.
Die bereitgestellten Gelder würden kaum bei den „sozial Schwachen“ oder „kleinen Selbstständigen“ ankommen. Andererseits würden einzelne Unternehmen ohne Not die Möglichkeit des Kurzarbeitergelds nutzen, um daraus Vorteile für sich zu ziehen.
#ZeroCovid auf die Straße?
Die anschließende Diskussion befasste sich mit zahlreichen Facetten der Pandemie. Von A wie Arbeitsschutz bis Z wie ZeroCovid-Aufruf. Im Mittelpunkt stand aber, welche politische Praxis möglich ist.
Dabei ging es insbesondere um den Aufruf #ZeroCovid, der ein relativ breites internationales Medien-Echo findet. Viele hätten den Aufruf schon unterschrieben, was deutlich mache, dass er „einen Nerv“ treffe.
Seitens der Diskutierenden wurde der Aufruf positiv bewertet. Dennoch seien auch kritische Punkte zu benennen. So fehle z. B. der Bezug auf die Arbeiter*innenklasse, und die Notwendigkeit, praktische Politik zu entwickeln, werde zu wenig betont.
Dennoch sahen alle Teilnehmenden in dem Aufruf eine Chance, das Thema COVID-19 nicht Faschisten, Reichsbürgern, Quer-„Denkern“ usw. zu überlassen. Damit dies aber wirksam gelinge, sei es notwendig, diese Initiative mit Aktionen auf die Straße zu bringen. Nur so sei es möglich, in der Öffentlichkeit den Raum den Corona-Leugner*innen streitig zu machen und Alternativen zur Politik der Herrschenden aufzuzeigen.
Was tun?
Die Antworten auf die Frage, wie dies gelingen kann, deckten sich mit denen früherer Corona-Infoabende: 1. Überall handlungsfähige, widerständige Gruppen aufbauen. 2. Gemeinsam über solidarische und menschliche Perspektiven diskutieren. 3. Die Vernetzung und Zusammenarbeit der politischen und gewerkschaftlichen Linken im Rhein-Neckar-Raum verbessern.