Brü­cken schla­gen zu einer bes­se­ren Welt (Teil III)

U. D.

Am 14. Novem­ber 2020 führ­te die ISO Rhein-Neckar ihr Online-Semi­nar „Kurz noch­mal die Welt ret­ten“ durch. Wir ver­öf­fent­li­chen das Ein­lei­tungs­re­fe­rat in stark gekürz­ter Fas­sung. Teil I und Teil II erschie­nen in Avan­ti² im Janu­ar bzw. Febru­ar 2021.


Die Kri­se der Arbeiter*innenbewegung

Die Arbeiter*innenklasse ist die ein­zi­ge gesell­schaft­li­che Kraft, die den kapi­ta­lis­ti­schen Irr­sinn been­den und durch eine sozia­lis­ti­sche und öko­lo­gi­sche Räte­de­mo­kra­tie erset­zen könnte.

Kund­ge­bung MA-RX 200 in Mann­heim, 6. Mai 2018 (Foto:Avanti²)

Wie sonst soll­te eine Güter-Pro­duk­ti­on, die nicht den Pro­fit, son­dern Mensch und Natur in den Mit­tel­punkt stellt, orga­ni­siert wer­den kön­nen, wenn nicht durch die „Pro­du­zen­ten“, d. h. die Arbei­ten­den, selbst?

Aller­dings hat dies zur Vor­aus­set­zung, dass sich die Arbeiter*innenklasse ihrer Klas­sen­la­ge, ihrer Kraft und ihrer Mög­lich­kei­ten bewusst ist und über die Idee einer ande­ren Gesell­schaft ver­fügt. Die­ses Klas­sen­be­wusst­sein ist auf Mas­se­ne­be­ne nicht vorhanden.

Neue Nie­der­la­gen
In den letz­ten Jahr­zehn­ten gab es ver­schärf­te Angrif­fe auf die sozia­len und poli­ti­schen Rech­te der Arbeiter*innenklasse sowie einen poli­ti­schen und orga­ni­sa­to­ri­schen Nie­der­gang ihrer Orga­ni­sa­tio­nen. Dies hat zu exis­ten­zi­el­ler Unsi­cher­heit und zu wei­te­rer poli­ti­scher Des­ori­en­tie­rung geführt.

Das feh­len­de Klas­sen­be­wusst­sein erschwert die kol­lek­ti­ve Gegen­wehr der Arbeiter*innenklasse. Selbst inner­halb gewerk- schaft­lich gut orga­ni­sier­ter Schich­ten führt dies zu Indi­vi­dua­li­sie­rung, Ent­so­li­da­ri­sie­rung und Zer­stö­rung der kol­lek­ti­ven Iden­ti­tät als Klas­se. So kom­men zu den „alten“ Nie­der­la­gen neue hinzu.

Die­se All­tags­er­fah­rung grei­fen die bür­ger­lich-neo­li­be­ra­len Ideo­lo­gen auf und erklä­ren die­se zum alter­na­tiv­lo­sen „Nor­mal­zu­stand“: Jede® kämpft für sich allein und gewinnt oder schei­tert allein.

Wenn aber gemein­sa­me und soli­da­ri­sche Gegen­wehr kaum mehr mög­lich zu sein scheint, bleibt am Ende nur noch der indi­vi­du­el­le (wirt­schaft­li­che) Erfolg oder das gemein­sa­me Tre­ten auf noch Schwä­che­re. Nicht zuletzt dies begüns­tigt den Auf­stieg rech­ter, natio­na­lis­ti­scher und auto­ri­tä­rer Ideologien.

Aus­ge­hen von dem was ist …
Doch auch wenn Nie­der­la­gen und Ent­täu­schun­gen schwer wie­gen, so kommt es doch immer wie­der zu betrieb­li­chen und gesell­schaft­li­chen Bewe­gun­gen und Kämpfen.

Die­se besei­ti­gen nicht unmit­tel­bar die Unter­schie­de hin­sicht­lich der gemach­ten Lebens- und Arbeits­er­fah­run­gen, des Wis­sens und des Bewusst­seins der betei­lig­ten Men­schen. Sie bau­en auch nicht „spon­tan“ die Brü­cke zwi­schen dem „bestehen­den“ Bewusst­sein auf der einen Sei­te und der Not­wen­dig­keit, den Kapi­ta­lis­mus abzu­schaf­fen, auf der anderen.

Aber in ihnen kön­nen die Ver­ein­ze­lung über­wun­den sowie kol­lek­ti­ve und soli­da­ri­sche Akti­ons­for­men erfah­ren wer­den. In Ihnen kann anti­ka­pi­ta­lis­ti­sches Bewusst­sein auf brei­te­rer Ebe­ne ent­ste­hen. In ihnen kön­nen sich neue Aktivist*innen „her­aus­bil­den“.

Brü­cken bauen …
Brü­cken las­sen sich nur bau­en, wenn es gelingt, sozia­lis­ti­sche Ideen, poli­ti­sche For­de­run­gen und prak­ti­sche Arbeit zu einer Ein­heit zu ver­schmel­zen. Fol­gen­de Punk­te sind dafür wichtig:

1. Auf­klä­rung über die viel­fäl­ti­gen Kri­sen des glo­ba­len Kapi­ta­lis­mus und davon die Not­wen­dig­keit ablei­ten, das Pro­fit­sys­tem zu überwinden.

2. Pro­pa­gie­rung der Idee einer sozia­lis­ti­schen und öko­lo­gi­schen Rätedemokratie.

3. For­de­run­gen unter­stüt­zen und /oder ent­wi­ckeln, die eine unmit­tel­ba­re Ant­wort auf die drän­gends­ten Pro­ble­me der Arbeiter*innenklasse geben.

4. For­de­run­gen popu­la­ri­sie­ren und in einem Akti­ons­plan so mit­ein­an­der ver­knüp­fen, dass sie in ihrer Dyna­mik und Logik letzt­end­lich das kapi­ta­lis­ti­sche Sys­tem in Fra­ge stellen.

5. Dabei reicht es nicht aus, „klu­ge“ For­de­run­gen zu Papier zu brin­gen. For­de­run­gen wer­den letzt­end­lich nur wirk­sam, wenn sie von Bewe­gun­gen auf­ge­grif­fen wer­den und die­sen zusätz­li­chen „Schub“ geben. Dazu ist es not­wen­dig, in und mit den Bewe­gun­gen soli­da­risch zusammenarbeiten.

… eine soli­da­ri­sche Front schaffen
Letzt­end­lich muss es das Ziel sein, die fort­schritt­li­chen und kämp­fe­ri­schen Ker­ne inner­halb und außer­halb der Arbeiter*innen- klas­se in einer gemein­sa­men „sozia­len Front“ zusammenzuführen.

Eine Front, die gegen jede Spal­tung der arbei­ten­den Klas­se, für deren gemein­sa­me Inter­es­sen, für voll­stän­di­ge Unab­hän­gig­keit von Staat und Kapi­tal sowie für gren­zen­lo­se inter­na­tio­na­le Soli­da­ri­tät eintritt.

Dabei muss beim Auf­bau einer sol­chen Front gel­ten: Strik­te Ori­en­tie­rung auf die jewei­li­ge Basis, För­de­rung von Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und Eigen­ak­ti­vi­tät, Auf­bau brei­ter basis­de­mo­kra­ti­scher Struk­tu­ren (Räte, Kom­mis­sio­nen usw.).

Eine sol­che Front bie­tet die Chan­ce, die zur­zeit noch ver­ein­zel­ten Kräf­te zu bün­deln. Und sie könn­te neue Hoff­nung schaf­fen und den Kampf für eine ande­re, bes­se­re Welt wie­der auf die Tages­ord­nung setzen.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar März 2021
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