BR-Mob­bing – Her­aus­for­de­rung für die IG Metall

 

H. N.

Die Bekämp­fung von Betriebs­rä­ten (BR) und Gewerk­schaf­ten ist nicht neu im Kapi­ta­lis­mus. Aber in der „sozia­len Markt­wirt­schaft“ der BRD greift sie immer mehr um sich.

Konferenz „BR im Visier“ in Mannheim, 15. Oktober 2022. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Kon­fe­renz „BR im Visier“ in Mann­heim, 15. Okto­ber 2022. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Das Gere­de von „Ein­zel­fäl­len“ hat­te lan­ge auch in gewerk­schaft­li­chen Krei­sen Kon­junk­tur. Ger­ne in Ver­bin­dung mit dem bis heu­te nicht völ­lig ver­stumm­ten Gerau­ne, dass die gemobb­ten Betriebs­rats­mit­glie­der wegen ihres „unbot­mä­ßi­gen“ Ver­hal­tens ja selbst an ihrer Lage schuld seien.

Die Defen­si­ve der Gewerk­schaf­ten nutzt die Gegen­sei­te zuneh­mend, um gegen akti­ve BR vor­zu­ge­hen und gewerk­schaft­li­chen Ein­fluss wei­ter zurückzudrängen.

Kri­mi­nel­le Rechtsbrüche
Der aktu­el­le Skan­dal bei Pro­Mi­nent wirft ein grel­les Licht auf die „Sozi­al­part­ner­schaft“ hier­zu­lan­de. 2022 wur­de dort der in der IG Metall (IGM) orga­ni­sier­te Betriebs­rat zer­schla­gen und durch ein unter­neh­mens­hö­ri­ges Gre­mi­um ersetzt. Mit­ei­gen­tü­mer und Mit­glied der Geschäfts­füh­rung der Fir­ma ist Rai­ner Dul­ger. Die­ser ist zudem Prä­si­dent der Bun­des­ver­ei­ni­gung der Arbeit­ge­ber­ver­bän­de, also der höchs­te Reprä­sen­tant des Kapi­tals. Gegen die Machen­schaf­ten bei Pro­Mi­nent wen­det sich eine Soli­da­ri­täts­kam­pa­gne um Gün­ter Wall­raff*. Trä­ger die­ser Akti­on sind die „Anlauf­stel­le Uni­on Bus­ting“ beim IGM-Vor­stand, das Komi­tee „Soli­da­ri­tät gegen BR-Mob­bing!“ und nicht zuletzt Work Watch.

Nur ein Bruch­teil der Fäl­le von BR-Mob­bing wird bekannt. Mit „Ver­dachts­kün­di­gun­gen“, mit Bespit­ze­lung und Zer­set­zung des beruf­li­chen und pri­va­ten Umfel­des wird gegen enga­gier­te Betriebs­rä­te und gegen Betriebs­rats­grün­dun­gen vor­ge­gan­gen. Gesund­heit­lich rui­nier­te Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, trau­ma­ti­sier­te Fami- lien­an­ge­hö­ri­ge, zer­stör­te beruf­li­che Exis­ten­zen und nicht zuletzt ver­ängs­tig­te Beleg­schaf­ten sind die Folgen.

Den­noch blei­ben die hier­für ver­ant­wort­li­chen Mana­ger, ihre Hel­fers­hel­fer aus Anwalts­kanz­lei­en, Bera­tungs­fir­men, Detek­tei­en und den Rei­hen gefü­gi­ger „Betriebs­rä­te“ bis­lang meist straf­frei. Ver­ant­wort­li­che in Poli­tik, Jus­tiz, Medi­en und lei­der auch in man­chen betrieb­li­chen und gewerk­schaft­li­chen Struk­tu­ren neh­men die­se mas­si­ve Ver­let­zung von Grund- und Men­schen­rech­ten ent­we­der gar nicht wahr oder spie­len sie als „aty­pisch“ herunter.

Gegen­wehr beschlos­sen
Auf dem Gewerk­schafts­tag der IG Metall 2015 wur­de der weg­wei­sen­de Antrag der Mann­hei­mer IGM „Aktiv gegen Mob­bing von Betriebs­rä­ten“ beschlos­sen. Kern­punk­te die­ses Beschlus­ses waren die Ver­pflich­tung zur:

1. Bericht­erstat­tung in den Medi­en der IGM über aktu­el­le Fäl­le von BR-Mob­bing und zur sys­te­ma­ti­schen Hintergrundanalyse

2. Bereit­stel­lung aus­rei­chen­der poli­ti­scher, recht­li­cher und orga­ni­sa­to­ri­scher Kapa­zi­tä­ten durch den Vor­stand, um Betrof­fe­ne sowie gewerk­schaft­li­che Struk­tu­ren bei der Gegen­wehr wirk­sam bera­ten und unter­stüt­zen zu können

3. Behand­lung der The­men „Uni­on Bus­ting“ und BR-Mob­bing in der Bil­dungs­ar­beit der IGM

4. Fort­bil­dung der in der IGM orga­ni­sier­ten ehren­amt­li­chen Arbeits­rich­te­rin­nen und Arbeits­rich­ter zum The­ma BR-Mobbing

5. Initi­ie­rung gewerk­schafts- und län­der­über­grei­fen­der Akti­vi­tä­ten gegen Gewerk­schafts­be­kämp­fung und BR-Mobbing

6. Unter­stüt­zung gewerk­schafts­na­her Initia­ti­ven gegen BR- Mob­bing und deren Vernetzung

7. Unter­stüt­zung des Mann­hei­mer Appells „Gemein­sam gegen Mob­bing von Betriebsräten!“

8. Ein­wir­kung auf den Kapi­tal­ver­band Gesamt­me­tall, BR-Mob­bing durch des­sen Mit­glieds­fir­men zu unterbinden

9. poli­ti­schen Ein­fluss­nah­me auf die Regie­run­gen der Län­der- und Bun­des­ebe­ne zwecks Bekämp­fung von BR-Mob­bing und

10.Unterbindung von „Ver­dachts­kün­di­gun­gen“ und der Ein­füh­rung der Unschulds­ver­mu­tung auch im Arbeitsrecht.

Hemm­nis­se überwinden
Die Umset­zung die­ses Beschlus­ses ist jedoch – trotz des unbe­streit­ba­ren Enga­ge­ments ins­be­son­de­re der „Anlauf­stel­le Uni­on Bus­ting“ – bis­her nicht kon­se­quent und des­halb nur teil­wei­se erfolg­reich. Im Geschäfts­be­richt des IGM-Vor­stands für den bevor­ste­hen­den Gewerk­schafts­tag ist daher zu lesen: „Im Orga­ni­sa­ti­ons­be­reich der IG Metall häu­fen sich die Fäl­le von Arbeit­ge­ber­an­grif­fen auf die gewerk­schaft­li­che Macht und die Mit­be­stim­mung im Betrieb.“

Die IG Metall ist im DGB der Vor­rei­ter bei der Bekämp­fung von BR-Mob­bing. Aber es wäre falsch, die Augen vor offen­kun­di­gen Hemm­nis­sen zu ver­schlie­ßen und sich nicht für deren Über­win­dung ein­zu­set­zen. In die­se Rich­tung gehen auch drei Anträ­ge zum Gewerk­schafts­tag: für bes­se­ren „Schutz für Initiator*innen einer Betriebs­rats­grün­dung“, für ver­stärk­ten Kampf gegen „Uni­on Bus­ting“ und für die „Bil­dung von Schwer­punkt­staats­an­walt­schaf­ten“ gegen BR-Mobbing.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Okto­ber 2023
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