H. N.
Die Bekämpfung von Betriebsräten (BR) und Gewerkschaften ist nicht neu im Kapitalismus. Aber in der „sozialen Marktwirtschaft“ der BRD greift sie immer mehr um sich.
Das Gerede von „Einzelfällen“ hatte lange auch in gewerkschaftlichen Kreisen Konjunktur. Gerne in Verbindung mit dem bis heute nicht völlig verstummten Geraune, dass die gemobbten Betriebsratsmitglieder wegen ihres „unbotmäßigen“ Verhaltens ja selbst an ihrer Lage schuld seien.
Die Defensive der Gewerkschaften nutzt die Gegenseite zunehmend, um gegen aktive BR vorzugehen und gewerkschaftlichen Einfluss weiter zurückzudrängen.
Kriminelle Rechtsbrüche
Der aktuelle Skandal bei ProMinent wirft ein grelles Licht auf die „Sozialpartnerschaft“ hierzulande. 2022 wurde dort der in der IG Metall (IGM) organisierte Betriebsrat zerschlagen und durch ein unternehmenshöriges Gremium ersetzt. Miteigentümer und Mitglied der Geschäftsführung der Firma ist Rainer Dulger. Dieser ist zudem Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, also der höchste Repräsentant des Kapitals. Gegen die Machenschaften bei ProMinent wendet sich eine Solidaritätskampagne um Günter Wallraff*. Träger dieser Aktion sind die „Anlaufstelle Union Busting“ beim IGM-Vorstand, das Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“ und nicht zuletzt Work Watch.
Nur ein Bruchteil der Fälle von BR-Mobbing wird bekannt. Mit „Verdachtskündigungen“, mit Bespitzelung und Zersetzung des beruflichen und privaten Umfeldes wird gegen engagierte Betriebsräte und gegen Betriebsratsgründungen vorgegangen. Gesundheitlich ruinierte Kolleginnen und Kollegen, traumatisierte Fami- lienangehörige, zerstörte berufliche Existenzen und nicht zuletzt verängstigte Belegschaften sind die Folgen.
Dennoch bleiben die hierfür verantwortlichen Manager, ihre Helfershelfer aus Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen, Detekteien und den Reihen gefügiger „Betriebsräte“ bislang meist straffrei. Verantwortliche in Politik, Justiz, Medien und leider auch in manchen betrieblichen und gewerkschaftlichen Strukturen nehmen diese massive Verletzung von Grund- und Menschenrechten entweder gar nicht wahr oder spielen sie als „atypisch“ herunter.
Gegenwehr beschlossen
Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall 2015 wurde der wegweisende Antrag der Mannheimer IGM „Aktiv gegen Mobbing von Betriebsräten“ beschlossen. Kernpunkte dieses Beschlusses waren die Verpflichtung zur:
1. Berichterstattung in den Medien der IGM über aktuelle Fälle von BR-Mobbing und zur systematischen Hintergrundanalyse
2. Bereitstellung ausreichender politischer, rechtlicher und organisatorischer Kapazitäten durch den Vorstand, um Betroffene sowie gewerkschaftliche Strukturen bei der Gegenwehr wirksam beraten und unterstützen zu können
3. Behandlung der Themen „Union Busting“ und BR-Mobbing in der Bildungsarbeit der IGM
4. Fortbildung der in der IGM organisierten ehrenamtlichen Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter zum Thema BR-Mobbing
5. Initiierung gewerkschafts- und länderübergreifender Aktivitäten gegen Gewerkschaftsbekämpfung und BR-Mobbing
6. Unterstützung gewerkschaftsnaher Initiativen gegen BR- Mobbing und deren Vernetzung
7. Unterstützung des Mannheimer Appells „Gemeinsam gegen Mobbing von Betriebsräten!“
8. Einwirkung auf den Kapitalverband Gesamtmetall, BR-Mobbing durch dessen Mitgliedsfirmen zu unterbinden
9. politischen Einflussnahme auf die Regierungen der Länder- und Bundesebene zwecks Bekämpfung von BR-Mobbing und
10.Unterbindung von „Verdachtskündigungen“ und der Einführung der Unschuldsvermutung auch im Arbeitsrecht.
Hemmnisse überwinden
Die Umsetzung dieses Beschlusses ist jedoch – trotz des unbestreitbaren Engagements insbesondere der „Anlaufstelle Union Busting“ – bisher nicht konsequent und deshalb nur teilweise erfolgreich. Im Geschäftsbericht des IGM-Vorstands für den bevorstehenden Gewerkschaftstag ist daher zu lesen: „Im Organisationsbereich der IG Metall häufen sich die Fälle von Arbeitgeberangriffen auf die gewerkschaftliche Macht und die Mitbestimmung im Betrieb.“
Die IG Metall ist im DGB der Vorreiter bei der Bekämpfung von BR-Mobbing. Aber es wäre falsch, die Augen vor offenkundigen Hemmnissen zu verschließen und sich nicht für deren Überwindung einzusetzen. In diese Richtung gehen auch drei Anträge zum Gewerkschaftstag: für besseren „Schutz für Initiator*innen einer Betriebsratsgründung“, für verstärkten Kampf gegen „Union Busting“ und für die „Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften“ gegen BR-Mobbing.