Mannheim darf nicht zur Drehscheibe künftiger Kriege werden!“
Dem Protestaufruf des Friedensplenums gegen das NATO-Kriegsspiel „Defender 2020“ folgten am 22. Februar 2020 rund 100 Menschen aus der Region. Die Hauptrede bei der Auftaktkundgebung auf dem Alten Meßplatz hielt Christoph Marischka (IMI Tübingen)*. Wir dokumentieren sie in Auszügen.
Liebe Freundinnen und Freunde,
vor zwei Tagen, am 20. Februar, legte ein Frachter voller Militärgüter in Bremerhaven an. […] Zwei weitere Schiffe sollen allein in Bremerhaven folgen – insgesamt ca. 2.500 Fahrzeuge und Container. Weitere Frachter werden in Häfen in den Niederlanden und Belgien anlanden. […]
Insgesamt […] sollen etwa 37.000 Uniformierte quer durch Deutschland in Richtung der russischen Grenze verlegt werden. […]
Deutschland und die Bundeswehr bieten sich als Gastgeber, Drehkreuz und damit letztlich auch künftiges Schlachtfeld an, sie drängen sich geradezu auf. Natürlich hat das eiskalte geopolitische Gründe. Darüber hinaus bekommt man jedoch auch den Eindruck, dass hier ein gewisser morbider Narzissmus und ein ordentlicher Schuss Nationalismus mit im Spiel sind. […]
Liebe Freundinnen und Freunde, man sagt, man probe hier den Ernstfall – für uns ist das schon der Ernstfall. Denn dieses Manöver wird nicht einfach so vorbeigehen, und danach ist alles wieder beim Alten. Die jetzt ausgestellten Genehmigungen, z.B. diesen Panzer auf jenen Sattelschlepper zu verladen, sind explizit auf Dauer angelegt.
Ich glaube auch nicht, dass alles Material der US-Streitkräfte wieder einfach so zurückverschifft wird, sondern dass die Depots in Deutschland danach wieder besser und v.a. moderner befüllt sind, als bisher.
Ich glaube auch nicht, dass die russische Führung das einfach so achselzuckend zur Kenntnis nehmen wird, sondern auch sie wird wieder verstärkt aufrüsten, ihre eigene Bevölkerung und die ihrer Nachbarstaaten ihrerseits mit Übungen in Angst und Schrecken versetzen. Was für ein Irrsinn.
Deutschlands Verantwortung
Liebe Freundinnen und Freunde, ich weiß aber auch, dass dieses heillose Säbelrasseln nicht allein die USA zu verantworten haben. […] Deutschland hat sich gleich nach der Ukraine-Krise als Standort und Truppensteller der sog. NATO-Speerspitze – der Very High Readiness Joint Task Force – angeboten und aufgedrängt, die im Falle einer Eskalation als erstes an der russischen Grenze sein soll.
Deutschland hat Abfangjäger im Baltikum stationiert und führt im Rahmen der sog. „Enhanced Forward Presence“ – der verstärkten Vorwärtspräsenz der NATO – einen Kampfverband in Litauen. Deutschland hat sich als Standort eines neuen NATO-Logistikkommandos aufgedrängt, das dauerhaft solche Aufgaben wie nun bei Defender 2020 wahrnehmen soll und aktuell in Ulm aufgebaut wird.
Deutschland hat einen Rahmenfrachtvertrag für die Bundeswehr mit der Bahn abgeschlossen, der militärischen Güterzügen Vorrang vor allem anderen Verkehr gewährleisten soll. Deutschland setzt sich innerhalb der EU nicht nur ganz allgemein für Aufrüstung ein, sondern insbesondere auch für das sog. Military Schengen – das freien grenzüberschreitenden Verkehr für Waffen und sonstige militärische Gefahrgüter ermöglichen soll. Deutschland setzt sich dafür ein, dass Infrastrukturprojekte stets so geplant sind, dass sie einen militärischen Aufmarsch nach Osten ermöglichen und beschleunigen können.
Geld für Krieg statt für Pflege
Für all das ist Geld da, aber eine anständige Pflege und Alterssicherung, das bekommt die deutsche Politik nicht auf die Reihe. Liebe Freundinnen und Freunde, wir müssen uns dieser Aufrüstung, diesen Kriegsvorbereitungen widersetzen, und deshalb sind wir heute hier.
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Protest gegen „Defender 2020“ in Mannheim, 22.02.2020 (Foto: cki/KIM)
Liebe Freundinnen und Freunde, das eigentliche Manöver wird erst gegen Mai – ausgerechnet um den Jahrestag der Befreiung herum – im Baltikum, Polen und Georgien stattfinden. Danach beginnt die Rückverlegung. […] Das Manöver veranschaulicht uns auch, wie viele Flächen nach wie vor vom Militär besetzt und beansprucht werden, wie präsent das Militär in der Fläche ist. Es zeigt uns aber auch, dass mit dem Widerstand und der Friedensbewegung weiterhin gerechnet werden muss. […]
Lasst uns dieses Manöver dazu nutzen, um unsere Kräfte zu bündeln und unsere Kämpfe – soweit sinnvoll – zu verbünden. Denn der Krieg und seine Vorbereitung geht uns alle an – ebenso wie der Klimawandel – und es liegt an uns, sie zu stoppen. Das ist auch ein Aufruf, dieses Jahr noch viel breiter für die Ostermärsche zu mobilisieren! […]
*[www.imi-online.de/2020/02/24/gegen-unseren-ausdruecklichen-widerspruch/ – Zwischenüberschriften von Avanti².]