Kein Denkmalschutz für ein Monument der Mannheimer Industriegeschichte?
W. A.
Stefanie Kleinsorge (Direktion Port25 – Raum für Gegenwartskunst) konnte am 25. Juli 2019 über vierzig Interessierte zur Eröffnung der sehr sehenswerten Ausstellung „Der BBC-Torbau – Architekturfotografie von K.W. Ochs“ begrüßen. Die von der Mannheimer Stadtgalerie Port25 gemeinsam mit Rhein-Neckar-Industriekultur e.V. und IG Metall Mannheim organisierte und vom Mannheimer Bau- und Architekturarchiv MAB unterstützte Schau ist bis zum 22. September 2019 in der Hafenstraße 25-27 zu sehen (MI - SO, 11- 18 Uhr, freier Eintritt).
Klaus Stein (IG Metall Mannheim) unterstrich in seinem Grußwort die große gesellschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur. Auf den ersten Blick sei deren Verbindung mit der Existenz guter industrieller Arbeit oft nicht zu erkennen. Die Beschäftigung mit einem Bauwerk wie dem BBC-Torbau lasse aber diesen Zusammenhang ohne Weiteres erspüren. Klaus Stein bedankte sich bei den OrganisatorInnen der Veranstaltung und der Initiative Denkmalschutz BBC-Torbau für ihr großes Engagement und sicherte die weitere Unterstützung seiner Gewerkschaft zu.
Schauplatz exemplarischer Auseinandersetzungen
Barbara Ritter (Rhein-Neckar-Industriekultur e.V.) skizzierte sehr fundiert das Wirken von Karl Wilhelm Ochs (1896 - 1988). Als Chefarchitekt bei Brown, Boveri & Cie. hat er mehrere Bauphasen des Mannheimer BBC-Werkes maßgeblich gestaltet und fotografisch dokumentiert. Im Jahr1934 verhängten die Nazis gegen ihn das Berufsverbot als freiberuflichen Architekten, weil er keinen „Arier-Nachweis“ erbringen kann.
Den historischen Architekturfotografien von K.W. Ochs sind aktuelle Aufnahmen des BBC-Torbaus von Annette Schrimpf und Barbara Straube gegenübergestellt. Diese beeindruckenden Vergleiche zeigen, wie sehr das imposante Gebäude sowohl außen als auch innen in einem nahezu ursprünglichen Zustand erhalten ist.
Der ehemalige Werkszugang ist zweifelsohne ein bedeutsames Monument der Industriegeschichte und zudem ein Schauplatz exemplarischer sozialer Auseinandersetzungen. Im Laufe der Zeit hat der BBC-Torbau hunderte betriebliche Kundgebungen, spontane Streiks, gewerkschaftliche Tarifauseinandersetzungen, Betriebsrats-Informationen und Protestaktionen der Belegschaft bei Vorstand, Aufsichtsrat und Personalabteilung gesehen.
Vor etwa einem Jahr, so Ritter, habe man erfahren, dass bei BBC kein Gebäude unter Denkmalschutz steht. Deshalb sei ein „Antrag auf Unterschutzstellung beim Landesamt für Denkmalpflege in Karlsruhe“ gestellt worden. Die Antwort des Amtes war schlicht: Schon im Jahr 2000 habe eine „abschließende“ Prüfung ergeben, dass bei BBC nichts denkmalwürdig sei.
Kafkaeske Denkmalschutzbehörde
Auch persönliche Gespräche mit der Unteren Denkmalschutzbehörde in Mannheim und dem übergeordneten Amt in Karlsruhe führten laut Ritter trotz Vorlage aller aktuellen belastbaren Informationen bisher zu nichts.
Von der einmal eingenommen Position will das Landesamt bisher nicht abweichen. Der BBC-Torbau sei „nicht original genug erhalten“ und mit „heimatgeschichtlicher Bedeutung“ seien nicht Arbeitskämpfe gemeint, sondern eher die Bezüge eines Gebäudes zu einer „prominenten Person“. Die schriftliche Begründung von damals könne man allerdings nicht aushändigen.
Mit Genehmigung der Stadt Mannheim konnte das ehemalige BBC-Gelände von General Electric, dem Plattmacher des Kraftwerkbaus in Käfertal, für schlappe 28 Millionen Euro an Aurelis verkauft werden.
Der neue Eigentümer, ein „Immobilienentwickler“, hat Ritter zufolge versichert, den BBC-Torbau und die umliegenden Gebäude erhalten zu wollen. Interessanterweise bezeichnet der Bebauungsplan der Stadt diese Bauwerke „als eindrucksvolle Beispiele der Industriearchitektur [und] auch aus baukultureller Sicht erhaltenswert“.
Unter Würdigung aller Fakten und nicht zuletzt aufgrund der besonderen „heimatgeschichtlichen Bedeutung“ des BBC-Torbaus forderte Barbara Ritter, das Gesamtensemble an der Boveristraße unter Denkmalschutz zu stellen und so für die Zukunft zu erhalten.
Das bisher in diesem Zusammenhang erkennbare Verhalten der baden-württembergischen Denkmalschutzbehörde erscheint jedoch eher als kafkaesk denn als demokratisch und transparent. Es wird also noch ein gewisses Maß an öffentlichkeitswirksamer Überzeugungsarbeit vonnöten sein.