L. M.
Dies war das Thema einer Veranstaltung mit Winfried Wolf am 24. Februar 2023 im Mannheimer Gewerkschaftshaus. Eingeladen hatte das Aktionsbündnis „Wir zahlen nicht für Eure Krise!“ mit Unterstützung der lokalen Gruppen von Attac, DIDF, DFG-VK, Förderverein Frieden, Friedensbündnis und IWA. Über 70 Menschen waren der Einladung gefolgt.
Winfried Wolf ging in seinem hervorragenden Vortrag auf die unterschiedlichen Interessen der direkt oder indirekt am Krieg beteiligten Staaten ein. Dabei machte er deutlich, dass es keine Rechtfertigung für den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gäbe. Waffenlieferungen lehnte er ab. Der Westen wolle den Krieg fortsetzen, obwohl dies nicht der Stimmung in der Bevölkerung entspräche.
Kriegstreiber nicht nur im Osten
Putins Politik sei nach innen autoritärer und nach außen aggressiver geworden. Die Opposition werde unterdrückt und alternative Medien seien inzwischen verboten. Aber auch in der Ukraine würden die demokratischen Rechte eingeschränkt und die russischsprachige Bevölkerung ausgegrenzt. Von über 8 Millionen Kriegsflüchtlingen seien immerhin mehr als 3 Millionen nach Russland geflohen.
Im Westen kämen in den Medien vor allem Personen zu Wort, die die Verlängerung des Krieges befürworteten. In den USA werde derzeit die Intensivierung des Krieges diskutiert. Und im deutschen Handelsblatt sei erklärt worden, dass es keinen Kompromiss geben könne. Solche Positionen nehmen, so Wolf, die Eskalation des Ukraine-Krieges bis hin zu einem atomaren Inferno in Kauf.
Laut Wolf ist der russische Überfall nicht vorhersehbar gewesen, aber im Rückblick erklärbar. In 10 Thesen zeigte er Interessen und Widersprüche auf, die in diesem Krieg eine Rolle spielen. Dabei analysierte er insbesondere die Ziele der USA.
Die Eigeninteressen der USA
Dieser Krieg passe in die Strategie der führenden NATO-Macht USA. Der USA gehe es nicht um die Verteidigung „westlicher Werte“, sondern um ihre weltweite Vormachtstellung. Sie bereite sich auf den großen „Showdown“ mit China vor.
Für dieses Kräftemessen sei die Vorherrschaft über Eurasien von besonderer Bedeutung. Die Ukraine habe dabei eine Schlüsselstellung. Deshalb setze die USA auf die Fortsetzung des Krieges und die Niederlage Russlands. Diese Strategie habe der ehemalige US-Präsidenten-Berater Brzezinski bereits 1997 in seinem Buch Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft beschrieben.
Am Ende werde es Friedens-Verhandlungen geben. Die Frage sei nur wann. Angesichts der atomaren Bedrohung müssten diese so schnell als möglich stattfinden, und es müsste jede Verlängerung des Krieges abgelehnt werden.
Ernsthafte und solidarische Diskussion
Zahlreiche Wortbeiträge machten deutlich, wie sehr dieser Krieg die Anwesenden berührt. Dabei kam es zu einem intensiven und solidarischen Austausch über den Krieg und die damit verbundenen politischen Herausforderungen. Einig waren sich alle in dem Ziel, dass dieser Krieg so schnell als möglich beendet werden müsse.
Ein wichtiger Punkt war die Bedeutung Mannheims als Drehscheibe für den Transport schwerer Waffen und sonstiger militärischer Ausrüstung für die US-Armee. Mannheim wäre bei einer Eskalation des Krieges ganz sicherlich ein Angriffsziel der russischen Luftwaffe. Dasselbe gelte für den nur 65 km von Mannheim entfernten US-Militärstützpunkt in Ramstein.
Ein anderes Thema war die Kriegspropaganda. Den veröffentlichten Bildern dürfe nicht blind vertraut werden. Sie seien Teil der jeweiligen Propaganda. Es sei einfach, Bilder zu inszenieren oder zu fälschen. Ergänzt wurde dies mit dem Hinweis, dass es weder den bösen Russen, noch den bösen Amerikaner gäbe.
Wie den Krieg beenden?
Eine interessante Frage war, wie die Gewaltspirale des Krieges beendet werden könnte. Winfried Wolf vertrat diesbezüglich das Konzept des „sozialen Widerstands“. Bedauerlicherweise konnte dieses Thema aus Zeitgründen nicht mehr vertiefend diskutiert werden.
Leider kam es auch nicht zu einer größeren Diskussion über das „Manifest für Frieden“ von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht. So konnte zwar die fehlende Abgrenzung des Manifests gegen die politische Rechte angesprochen, aber nicht im notwendigen Maße inhaltlich geklärt werden.
Dies waren vielleicht die größten Schwächen eines sehr gelungenen Abends, der viele Informationen und vor allem einen politischen Raum zur gemeinsamen Debatte bot.