Früh­jahrs­e­mi­nar der ISO-Rhein-Neckar

Den Faschis­mus bekämp­fen – aber wie?“

 

N. B.

Am 20.04. setz­te sich eine Grup­pe von Akti­ven und Inter­es­sier­ten in unse­rem Früh­jahrs­se­mi­nar mit der Geschich­te und der Gegen­wart des Faschis­mus aus­ein­an­der. Auch die Fra­ge nach Gegen­ar­gu­men­ten und Gegen­wehr durf­te dabei natür­lich nicht zu kurz kommen.

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Trans­pa­rent der ISO Rhein-Neckar

Den Auf­takt zum Semi­nar bestritt einer unse­rer Genos­sen mit einem umfas­sen­den Refe­rat zum Weg in den deut­schen Faschismus.

Kon­ti­nui­tä­ten und Risse
Vom Kai­ser­reich bis in die heu­ti­ge Zeit zeig­te er Kon­ti­nui­tä­ten auf, die auch an den ent­schei­den­den Momen­ten der Geschich­te eher durch Ris­se denn durch tat­säch­li­che Brü­che gekenn­zeich­net waren. Ins­be­son­de­re die wirt­schaft­li­che Macht einer klei­nen, aber umso mäch­ti­ge­ren herr­schen­den Klas­se aus Adel und Kapi­tal zieht sich durch die ver­schie­de­nen Staats- und Herr­schafts­for­men der letz­ten 150 Jahre.

Dabei hebt sich der Faschis­mus von allen ande­ren Herr­schafts­for­men der Geschich­te durch sei­ne mas­si­ve Ver­ach­tung, Bekämp­fung und Zer­schla­gung der Arbei­ter­be­we­gung und pro­gres­si­ver Kräf­te ab. Erfolg­reich konn­te der Faschis­mus dabei nur sein, weil SPD und KPD mehr dar­auf bedacht waren, sich gegen­sei­tig zu schwä­chen, anstatt den gemein­sa­men Kampf gegen den Faschis­mus auf­zu­neh­men. Auf­ru­fe zur Ein­heits­front, wie die Lin­ke Oppo­si­ti­on und Trotz­ki sie for­mu­lier­ten, blie­ben viel zu wenig gehört. So errich­te­ten die deut­schen Faschis­ten den auto­ri­tä­ren Staat inner­halb weni­ger Mona­te in sei­nen Grund­pfei­lern, der in den fol­gen­den 12 Jah­ren für so viel Leid, Ver­fol­gung, Ver­trei­bung und Ver­nich­tung sorgte.

Faschis­mus heute
Auf die­se geschicht­li­chen Erfah­run­gen auf­bau­end gelang im zwei­ten Teil des Semi­nars der Über­gang zur heu­ti­gen Situa­ti­on. Unser zwei­ter Refe­rent stell­te die mas­si­ve Kon­zen­tra­ti­on von Reich- tum dar. Ein Fünf­tel des Gesamt­ver­mö­gens in Deutsch­land ist bei den reichs­ten 0,1 % der Gesell­schaft kon­zen­triert, wäh­rend die ärme­re Hälf­te gera­de ein­mal über 1,3 % des Ver­mö­gens ver­fügt. Gleich­zei­tig nimmt der gewerk­schaft­li­che Orga­ni­sa­ti­ons­grad seit den 1950er Jah­ren fast kon­ti­nu­ier­lich ab, wäh­rend die Gegen­sei­te einen offen­si­ven Klas­sen­kampf von oben führt und teil­wei­se die AfD finan­zi­ell unter­stützt (z. B. Theo Mül­ler, Unter­neh­mens­füh­rer von Mül­ler­milch und Land­lie­be). Denn die AfD stellt für die Ver­mö­gen­den eine attrak­ti­ve „Alter­na­ti­ve“ dar: Steu­er­sen­kun­gen für die Rei­chen, Ren­te erst nach 45 Bei­trags­jah­ren, Kür­zung oder Strei­chung von Sozi­al­leis­tun­gen und Min­dest­lohn, Spal­tung der arbei­ten­den Klas­se durch beson­de­re Unter­drü­ckung migran­ti­scher und geflüch­te­ter Men­schen sowie Frau- en, und noch vie­les mehr.

Den­noch wür­den zur­zeit etwa 20 % der Bevöl­ke­rung die AfD wäh­len, in Thü­rin­gen bei den anste­hen­den Land­tags­wah­len sogar mehr als 30 %. Gemein­sam mit der CDU/CSU käme die AfD aktu­ell sowohl im Bun­des­tag als auch im Thü­rin­ger Land­tag auf mehr als die Hälf­te der Stim­men. Die Mas­sen­pro­tes­te der letz­ten Mona­te konn­ten dar­an nichts Wesent­li­ches ändern.

Björn vs. Rosa-Karl“
Die Zah­len sagen es, unse­re Erfah­run­gen bele­gen es: Wir alle wer- den auch in unse­rem All­tag immer öfter mit faschis­ti­schen „Argu­men­ta­tio­nen“ kon­fron­tiert. Des­we­gen wid­me­ten wir den letz­ten Teil des Semi­nars unter ande­rem der Übung: Wie kön­nen wir auf faschis­ti­sche Äuße­run­gen reagie­ren? Im Rol­len­spiel stell­ten wir eine Dis­kus­si­on zwi­schen dem blau­en „Björn“ und der roten „Rosa-Karl“ nach (Namens­ge­bung auf Vor­schlag eines Teil­neh­mers) und reflek­tier­ten anschlie­ßend mög­li­che Stra­te­gien. Als zen­tra­len Schritt arbei­te­ten wir her­aus, dass wir in einer sol­chen Situa­ti­on ent­schei­den müs­sen, ob wir uns auf eine Dis­kus­si­on über­haupt ein­las­sen, je nach­dem und ob wir damit rech­nen kön­nen, die Per­son oder Umste­hen­de zum Nach­den­ken und Umschwen­ken anzu­re­gen. Mög­li­che Ver­hal­tens­wei­sen kön­nen sein: kla­re Gren­zen zie­hen, nach Quel­len fra­gen, mög­lichst ruhig und sach­lich blei­ben, auf Fol­gen der AfD-Poli­tik verweisen.

Was tun?
Selbst­ver­ständ­lich braucht es mehr als klei­ne Dis­kus­sio­nen im pri­va­ten oder betrieb­li­chen Rah­men. Abschlie­ßend wies unser letz­ter Refe­rent auf die Not­wen­dig­keit hin, Wider­stand zu orga­ni­sie­ren, Bünd­nis­ar­beit und Ver­net­zung vor­an­zu­trei­ben, Mit­tel wie die Arbeits­un­ter­bre­chung und den Streik zu pro­pa­gie­ren und zu nut­zen sowie eine soli­da­ri­sche Front aufzubauen.

Die Bilan­zie­rung unse­res Semi­nars fiel sehr posi­tiv aus. Eine Fort­set­zung der prak­ti­schen Übung zur Kon­fron­ta­ti­on mit faschis­ti­schen Posi­tio­nie­run­gen ist geplant.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Mai 2024
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