U. D.
Unter diesem Titel fand am 31. Januar 2019 in den Räumen der IG Metall Mannheim eine Veranstaltung des Aktionsbündnisses „Wir zahlen nicht für Eure Krise!“ statt (unterstützt durch IG Metall, Attac, IG BCE Weinheim und Zukunftsforum Gewerkschaften Rhein-Neckar). Über 70 Interessierte – leider auffallend wenig Jüngere – kamen und sorgten für ein mehr als „volles Haus“.
Der in Paris arbeitende und lebende Jurist und Journalist Bernard Schmid war als Referent gewonnen worden. Wie von seinen Artikeln gewohnt, stellte er die „Gelbwesten“-Proteste faktenreich und differenziert dar.
Zuerst beschrieb er die Ursachen der Bewegung. Die auch in den deutschen Medien genannte Erhöhung der Treibstoffsteuer sei nur der Auslöser gewesen. Vorangegangen sei die neoliberale Politik des Präsidenten Macron. Diese habe den „kleinen Leuten“ immer mehr finanzielle Lasten aufgebürdet. Somit habe die Treibstoffsteuer lediglich das soziale Pulverfass gezündet, das Macron zuvor selbst gefüllt hatte.
Enttäuschung über das *herrschende System
Die „Gelbwesten“ seien vom herrschenden politischen System tief enttäuscht. Darum wollen viele von Ihnen nichts von „Politik“ und politischen Parteien wissen. Sie würden sich selbst als eine Bewegung verstehen, die mit den staatlichen Strukturen und deren politischen VertreterInnen nicht zu tun habe. Aber natürlich wären auch in dieser Bewegung politisch organisierte Menschen und Gruppen aktiv, die versuchen, Einfluss zu nehmen. Insofern fänden sich innerhalb der „Gelbwesten“-Bewegung auch unterschiedliche politische Positionen wieder. Bislang sei es aber den Ultrarechten und Faschisten nicht gelungen, die Mehrheit dieser Bewegung vor ihren rassistischen und fremdenfeindlichen Karren zu spannen.
Sicher hätte es auch Gewalt der „Gelbwesten“ gegeben. Aber die weitaus massivere Gewalt sei von den brutalen Schlägertrupps und Einsatzkräften der Polizei ausgegangen. Es hätte auf Seiten der „Gelbwesten“ bislang etwa 2.000 - teilweise durch Verlust von Hand und Auge sehr schwer – verletzte Menschen und sogar Tote gegeben. Nicht zuletzt setze die Polizei massiv Hartgummigeschosse, Tränengasgranaten und andere Waffen ein. Mehrere Tausend Demonstranten seien bisher verhaftet und viele von ihnen bereits verurteilt worden.
Zusammengehen mit *anderen Bewegungen
Inzwischen habe es immer wieder ein Zusammengehen verschiedener sozialer Bewegungen mit den „Gelbwesten“ gegeben. So zum Beispiel von Teilen der Gewerkschaften oder der Ökologiebewegung.
Wie es mit den Protesten weitergehe und welche Auswirkungen sie auf die französische Gesellschaft haben werden, könne derzeit nicht vorhergesagt werden. Aber sicher sei, dass die „Gelbwesten“ eine große politische Herausforderung für die herrschende Klasse seien. Die nächsten Wochen und Monate würden zeigen, ob die Rebellion zu einer längerfristig politisch instabilen Lage führen könnte. Dies würde den Weg frei machen für weitere Massenaktionen der sozialen Bewegungen.
Eine intensive Frage- und Diskussionsrunde, in der Bernard Schmid immer wieder mit großem Detailwissen antwortete, setzte den Schlusspunkt unter einen gelungenen Abend. Mein persönliches Fazit lautet: Der Besuch dieser Veranstaltung hat sich sehr gelohnt.
Die politische Linke in Deutschland darf die „Gelbwesten“-Bewegung nicht den Rechten überlassen. Als vordringliche Aufgabe sollte sie jetzt die Solidarität mit den französischen Protesten und den Opfern der staatlichen Repression organisieren.