Wegducken oder wehren?
N.B.
Am Freitag, den 25. Juni, diskutierten wir in kleiner, sehr engagierter Runde über den verschärften Klassenkampf von oben und über Möglichkeiten der Gegenwehr. Nach sechzehn rein virtuellen Bildungsabenden konnten wir uns erstmals wieder in hybrider Form austauschen.
Unser Referent gab in seiner Einleitung einen umfassenden Überblick über die bedrohlichen gesellschaftlichen Entwicklungen, die allesamt das Interesse der Herrschenden bedienen. Vor dem Hintergrund der kapitalistischen Ausbeutung von Menschen und Natur ging er auf mehrere Bereiche ein.
Zerstörung, Spaltung, Faschismus
Die Rüstungsindustrie bringe Gewinne durch Tod und Zerstörung des menschlichen Lebens und der Umwelt, unter anderem um weltweit auf fossile Energieträger zugreifen zu können. Dafür wurden im Jahr 2016 1,7 Billionen US-Dollar ausgegeben, während in erneuerbare Energien gerade einmal 242 Mrd. Euro investiert worden seien.
Gerade in der aktuellen Krise und der Corona-Pandemie nehme die soziale Spaltung weiter zu. Besonders betroffen seien davon Bewohner*innen von Gemeinschaftsunterkünften: geflüchtete, obdachlose, behinderte und pflegebedürftige Menschen, aber auch Leiharbeiter*innen.
Die Armutsgefährdungsquote in Deutschland liege bei 15 %, sei aber auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen sehr ungleich verteilt. Alleinerziehende, migrierte Menschen, auch Kinder und Jugendliche, seien stark betroffen. Am meisten wachse momentan die Armut unter den alten Menschen an.
Diese zunehmenden Probleme bereiten auch Rassismus und Nationalismus einen fruchtbaren Boden. Die Gefahr des Faschismus nehme deutlich zu. Das zeige sich auch an den hunderten jährlichen Gewalttaten, von denen nur die auffälligsten durch die Medien in eine breite gesellschaftliche Wahrnehmung kämen. Spätestens seit dem NSU-Prozess sei die Verstrickung der faschistischen Bewegung mit dem Staatsapparat nicht mehr zu leugnen. Doch auch innerhalb von Teilen der Bevölkerung wachse die Bereitschaft, sich mit faschistischen Organisationen und Parteien zusammen zu tun, wie das die „Querdenken“-Proteste gezeigt hätten.
Rücksichtslose Produktion für Profite
Unser Referent machte deutlich, dass die Klimakatastrophe bei all diesen Problemen immer drängender die Frage nach dem menschlichen Überleben stelle.
So drehte sich auch die Diskussion zunächst um dieses Thema. Auf das Märchen des Umstiegs auf erneuerbare Energien als einzig nötige und mögliche Maßnahme dürften wir nicht hereinfallen. Vielmehr sei eine grundlegende gesellschaftliche Umgestaltung und die Verringerung des Energieverbrauchs erforderlich.
Im Kapitalismus führe die Konkurrenz zwischen den Unternehmen zu unnötiger Überproduktion. Es würden vollkommen nutzlose Waren für künstlich erzeugte Bedürfnisse oder für den militärischen Kampf um Profite und Macht produziert. Unendlich viele Kilometer überflüssiger Transportwege würden zurückgelegt.
Der Konkurrenzkampf um die höchsten Profite diene den Interessen der herrschenden Klasse, dem Kapital, und am Ende sei die arbeitende Klasse die Leidtragende.
Solidarische Front und demokratische Planung
Demgegenüber treten wir für eine sozialistische Gesellschaft ein, in der die Produktion nach den Bedürfnissen der Menschen demokratisch geplant und daher auch der Schutz der Umwelt und des Klimas ins Zentrum gerückt wird.
Wie aber kommen wir dahin? Einem großen Problembewusstsein in Bezug auf gesellschaftliche und ökologische Fragen stehe bei sehr vielen eine große Ratlosigkeit und das Gefühl der Ausweglosigkeit in Bezug auf Alternativen entgegen. Die faschistische Rechte mache sich mit ihrem globalen autoritären Auftreten die Schwäche der Linken zunutze. Dabei gebe es durchaus viele emanzipatorische und klassenkämpferische Ansätze. Die verschiedenen Stränge der Gegenwehr gelte es, in einer solidarischen Front zusammenzuführen.
Unsere Aufgabe als Sozialist*innen bestehe darin, die Betroffenheit der Menschen aufzugreifen und gegen die neoliberale Propaganda vom „alternativlosen“ Kapitalismus die Vision einer befreiten, demokratischen und bedürfnisorientierten Gesellschaft zu entwickeln. Dafür sei die Bildung einer organsierten politischen Kraft erforderlich, die dieser Idee in den Bewegungen, den Kämpfen und damit auch im Bewusstsein zum Durchbruch zu verhelfen vermag.