Nach der Grundgesetzänderung -

Kano­nen statt Butter

 

H. S.

Im März wur­den wir Zeu­gen eines schänd­li­chen par­la­men­ta­ri­schen Manö­vers der noch nicht amtie­ren­den neu­en Bun­des­re­gie­rung. Ihre Begrün­dung dafür war, dass es um nichts weni­ger als die „Selbst­be­haup­tung Deutsch­lands und Euro­pas“ gehe sowie um die Auf­recht­erhal­tung der „Wer­te von Frei­heit, Frie­den und Demokratie“.

Am Frei­tag, den 21. März 2025, hat nach dem (alten) Bun­des­tag nun auch der Bun­des­rat beschlos­sen, dass die „Schul­den­brem­se“ grund­sätz­lich für Rüs­­tungs­pro- jek­te aus­ge­setzt und ein 500 Mil­li­ar­den schwe­res „Son­der­ver­mö­gen“ für „Infrastruktur­maßnahmen“ ermög­licht wird.

Käthe Kollwitz, Frau mit totem Kind, 1903. (Foto: Gemeinfrei.)

Käthe Koll­witz, Frau mit totem Kind, 1903. (Foto: Gemeinfrei.)

Für die Zustim­mung brauch­te es 46 Stim­men. Am Ende wur­de die Grundgesetzände­rung mit 53 „Ja“-Stimmen der ins­ge­samt 69 Stimm­be­rech­tig­ten ange­nom­men. Zwölf der sech­zehn Bun­des­län­der stimm­ten zu. Die Bun­des­län­der Bran­den­burg, Rhein­land-Pfalz, Sach­sen-Anhalt und Thü­rin­gen ent­hiel­ten sich, was einer „Nein“-Stimme gleich­kommt. Dort hat­ten das BSW und die FDP aus unter­schied­li­chen Grün­den ihre Zustim­mung verweigert.

Die bei­den Län­der, in denen die Lin­ke mitre­giert, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Bre­men, haben dage­gen für die Gesetzesände­rung gestimmt. Das Ver­hal­ten der Lin­ken in die­sen Regie­run­gen hat einen mas­siven Glaub­wür­dig­keits­ver­lust der Par­tei Die Lin­ke in der kri­ti­schen Öffent­lich­keit und ins­be­son­de­re der Frie­dens­be­we­gung zur Fol­ge. Es belegt ein­mal mehr, wozu die Ori­en­tie­rung auf den Par­la­men­ta­ris­mus führt.

Zuvor schon hat­ten sich CDU/CSU und SPD auf die­se Ände­rung des Grund­ge­set­zes geei­nigt. Die Grü­nen unter­stütz­ten sie eben­falls, aller­dings unter der Bedin­gung, dass auch der „Kli­ma­schutz“ berück­sich­tigt wer­den müsse.

Das Gan­ze wur­de noch gemein­sam mit der alten, abge­wähl­ten Regie­rung im Eil­ver­fah­ren durch­gebracht, da der neue Bun­des­tag, der am 23. Febru­ar gewählt wor­den war, die für die Grund­ge­setz­än­de­rung benö­tig­te Zwei­drit­tel­mehr­heit nicht mehr zustan­de gebracht hätte.

Die­ser Vor­gang bedeu­tet einen völ­lig unde­mo­kra­ti­schen Akt der Poli­tik, der gegen den aktu­el­len Wil­len der Wähler:in- nen durch­ge­drückt wur­de. Er ver­stärkt die Poli­tik­ver­­­dros­sen-heit und nutzt unter dem Strich aus­schließ­lich der AfD. Wider­spruch gab es mit unter­schied­li­chen Begrün­dun­gen außer von der AfD auch von BSW, FDP und Lin­ken, die ver­geb­lich ver­such­ten, die Gesetzesände­rung recht­lich zu verhindern.

Was genau wur­de abgestimmt?
Zukünf­tig sind die Aus­ga­ben für Auf­rüs­tung und Kriegs­zwe­cke sowie „Infrastruktur­projekte“ weit­ge­hend von der „Schul­den­brem­se“ aus­ge­nom­men. Alle Aus­ga­ben für Auf­rüs­tung und Kriegs­zwe­cke ab einer Höhe von 1 Pro­zent des Brut­to­in­lands­pro­dukts (aktu­ell sind das rund 43 Mil­li­ar­den Euro) dür­fen zukünf­tig unein­ge­schränkt durch Kre­di­te finan­ziert werden.

Die Grü­nen haben dabei einen brei­teren Begriff von „Sicher­heit“ durch­ge­setzt als ursprüng­lich geplant. Es geht nicht mehr nur allein um den Etat des „Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums“, son­dern auch um alle Ausga­ben des Bun­des für den Zivil- und Bevöl­ke­rungs­schutz sowie für die Geheim­dienste, für den Schutz der infor­ma­ti­ons­tech­ni­schen Sys­te­me und für die Unter­stüt­zung völ­ker­rechts­wid­rig ange­grif­fe­ner Staaten.

Außer­dem darf der Bund für ein neu­es „Son­der­ver­mö­gen“ über 12 Jah­re wei­te­re Kredi­te in Höhe von 500 Mil­li­ar­den Euro auf­neh­men. Dar­un­ter ver­ber­gen sich 100 Mil­li­ar­den für die Errei­chung der „Kli­ma­neu­tra­li­tät“ bis 2045. Wei­te­re 100 Mil­li­ar­den ste­hen den Bun­des­län­dern zu. Die bis­her für die­se gel­ten­de Schul­den­re­gel wird eben­falls auf­ge­weicht. Die Län­der kön­nen sich künf­tig bis zu einer Höhe von 0,35 Pro­zent des BIP ver­schul­den. Das ent­spricht etwa 15 Mil­li­ar­den Euro jähr­lich für alle Bundesländer.

Nach den Son­die­rungs­ge­sprä­chen zwi­schen CDU/CSU und SPD sind nun auch die Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen abge­schlos­sen worden.

Fol­gen­de Schwer­punk­te der kom­men­den Bun­des­re­gie­rung sind zu erkennen:
Migra­ti­ons­po­li­tik
In der Migra­ti­ons­po­li­tik haben sich CDU/CSU und SPD gleich auf meh­re­re Ver­schär­fun­gen geei­nigt. An den Lan­des­gren­zen sol­len künf­tig auch Men­schen zurück­ge­wie­sen wer­den, die ein Asyl­ge­such stel­len – aller­dings nur in Abstim­mung mit den Nach­bar­staa­ten. Dazu sol­len auch die Grenz­kon­trol­len deut­lich aus­ge­wei­tet werden.

Als gene­rel­le Leit­li­nie für Deutsch­land soll im Auf­en­t­halts-gesetz wie­der die „Begren­zung“ von Migra­ti­on als Ziel fest­ge­hal­ten wer­den. Eben­falls im Papier ent­hal­ten ist eine Aus­set­zung des Fami­li­en­nach­zugs für sub­si­di­är Schutz­be­dürf­ti­ge. Frei­wil­li­ge Auf­nah­me­pro­gram­me z. B. für Men­schen aus Afgha­ni­stan sol­len been­det werden.

Gleich­zei­tig soll eine Rückführungsoffen­sive gestar­tet wer­den. Dafür soll unter ande­rem die Bun­des­po­li­zei mehr Kompe­tenzen bekom­men, um aus­rei­se­pflich­ti­ge Men­schen aus dem Aus­land vor­über­ge­hend in Haft neh­men zu kön­nen. Das bedeu­tet auch Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan und Syri­en. Au-ßer­­dem soll die „Bezahl­kar­te“ für Geflüch­te­te bun­des­weit ein­ge­führt werden.

Wirt­schaft
Steu­er­sen­kun­gen sol­len „die Wirt­schaft“ noch wei­ter ent­las­ten. Die­se sol­len durch eine „Reform“ der Unter­neh­mens­steu­er, der Sen­kung der Strom­steu­er und durch die Her­ab­set­zung der Mehr­wert­steu­er auf 7 Pro­zent in der Gas­tro­no­mie ge­schehen. Die Ener­gie­prei­se für die Indus­trie sol­len auf fünf Cent je Kilo­watt­stun­de gesenkt wer­den. Auch träumt man wei­ter von der Nut­zung der Kernfusion.

Arbeits­welt
Über­stun­den im tarif­li­chen Bereich sol­len künf­tig steu­er­frei sein und die Pend­lerpauschale soll erhöht wer­den. Dar­über hin­aus soll eine wöchent­li­che Höchst­ar­beits­zeit statt einer täg­li­chen Höchst­ar­beits­zeit ein­ge­führt wer­den. Re­formiert wer­den soll auch die Ein­kom­mens­steu­er mit dem Ziel, die „brei­te Mit­telschicht“ zu entlasten.

Bür­ger­geld
Das Bür­ger­geld soll durch eine neue Grund­si­che­rung ersetzt wer­den. „Total­ver­wei­ge­rern“ droht ein kom­plet­ter Leistungsentzug.

Ren­te
Das Ren­ten­ein­tritts­al­ter soll nur vor­erst wie bis­her blei­ben. Die Müt­ter­ren­te soll ein­ge­führt wer­den. Außer­dem soll die „Aktiv­ren­te“ kom­men, damit sol­len Rent­nerinnen und Rent­ner steu­er­frei bis 2.000 Euro hin­zu­ver­die­nen können.

Ob und wie die Maß­nah­men tat­säch­lich umge­setzt wer­den, wird letzt­end­lich nach dem Amts­an­tritt der neu­en Bun­des­re­gie­rung vor­aus­sicht­lich im Mai entschieden.

Ein Zwi­schen­fa­zit
Auch wenn hier noch nicht auf den ers­ten Blick deut­lich wird, wo und wie­viel tat­sächlich „ein­ge­spart“ wer­den soll, so ist die Rich­tung doch klar. „Die Wirt­schaft“ soll mas­siv ent­las­tet wer­den, zah­len soll die brei­te Masse.

Vor allem die neu­en hohen Schul­den für die Auf­rüs­tung und Mili­ta­ri­sie­rung der Gesell­schaft wer­den zu weitrei­chenden Kür­zun­gen in den Berei­chen Sozia­les, Gesund­heit und Bil­dung füh­ren. Da­mit wird die Lebens­grund­la­ge der arbei­ten­den Klas­se angegriffen.

Um die Bereit­schaft der Bevöl­ke­rung zu för­dern, den Gür­tel enger zu schnal­len und für die kom­men­den Kos­ten für Auf­rüs­tung und Mili­ta­ri­sie­rung auf­zu­kom­men, wird vor allem die angeb­lich unmit­tel­bar bedroh­te „natio­na­le Sicher­heit“ beschwo­ren. Die­se erfor­de­re eben die „Kriegs­tüch­tig­keit“ im Rah­men der von SPD-Kanz­ler Scholz ausge­rufenen „Zei­ten­wen­de“.

Doch anders als die Regie­ren­den uns weis­ma­chen wol­len, geht es bei all­dem nicht um die Ver­tei­di­gung von „Demo­kra­tie und Men­schen­rech­ten“ oder „unse­rer Frei­heit und Sicherheit“.

Ver­tei­digt wer­den in ers­ter Linie die geo­po­li­ti­schen und wirtschaftli­chen Inter­es­sen der DAX-Kon­zer­ne und deut­schen Großaktionär:innen, Ban­kiers und Fabrikbesitzer:innen.

In der unsi­che­ren Welt­la­ge stellt sich die herr­schen­de Klas­se dar­auf ein, ihre Einfluss­sphären und Pro­fit­in­ter­es­sen not­falls durch krie­ge­ri­sche Eska­la­ti­on aus­zu­wei­ten oder zu verteidigen.

Dass es bei der Auf­rüs­tung nicht um die Ver­tei­di­gung gegen äuße­re Aggres­sio­nen geht, zei­gen etwa die deut­sche Betei­li­gung durch Waf­fen- und Muni­ti­ons­lie­fe­run­gen für den Ukrai­ne­krieg und den Gazakrieg.

Die „Frei­heit“ und „Sicher­heit“, um die es hier geht, ist die der deut­schen Kon­zer­ne und Ban­ken, wei­ter­hin Arbeits­kraft und Res­sour­cen in aller Welt aus­beu­ten zu können.

Gleich­zei­tig wird zuneh­mend die angeb­li­che „Gewinn­kri­se“ vor allem in der Auto­mo­bil­in­dus­trie aus­ge­nutzt. Die not­wen­di­ge Trans­for­ma­ti­on zu einer kli­ma­ge­rech­ten Mobi­li­tät durch Aus­bau des Schie­nen­ver­kehrs wird zuneh­mend durch eine Trans­for­ma­ti­on zuguns­ten der Rüstungsindus­trie ersetzt. Der Umbau der Wag­gon­fa­brik in Gör­litz in eine Pan­zer­fa­brik ist dafür bezeich­nend. Hier wird sicht­bar, wie der not­wen­di­ge Kli­ma­schutz der Auf­rüs­tungs- und Kriegs­po­li­tik geop­fert wird.

Aber nicht nur der Kli­ma­schutz, son­dern auch die Frei­heit und Sicher­heit der Arbei­ter:innen und Armen kom­men dabei unter die Räder. Nicht zuletzt wer­den neben So­zialkürzungen im Kon­text der „Zei­ten­wen­de“ zuneh­mend auch wie­der Angrif­fe auf das Streik­recht propagiert.

Dröh­nen­des Schwei­gen der Gewerkschaftsspitzen
Politiker:innen und „Expert:innen“ machen sich in Talk­shows und Medi­en unab­läs­sig für die mili­tä­ri­sche Auf­rüs­tung stark. Gleich­zei­tig tönen sie, dass es nicht die Zeit für Lohn­er­hö­hun­gen und Arbeits­zeit­ver­kür­zun­gen sei. Von den Gewerk­schafts­spit­zen hören wir dazu meist jedoch nur dröh­nen­des Schwei­gen oder sogar recht­fer­ti­gen­de Zustimmung.

In der deut­schen Poli­tik herrscht ein bemer­kens­wer­ter par­tei­über­grei­fen­der Kon­sens über die mas­si­ve Auf­rüs­tung der Bun­des­wehr. Was mit einem „Son­der­ver­mö­gen“ von 100 Mil­li­ar­den Euro begon­nen hat, soll mit einer nach oben unbe­grenz­ten Son­der­ver­schul­dung Deutsch­land nun zur füh­ren­den Mili­tär­macht in Euro­pa machen. Wäh­rend sich Uni­on, SPD, Grü­ne, FDP und AfD in eini­gem unei­nig sind, besteht bei dem The­ma mas­si­ve Auf­rüs­tung der Bun­des­wehr flä­chen­de­cken­de Übereinstimmung.

Käthe Kollwitz, Die Gefangenen, 1908.(Foto: Gemeinfrei.)

Käthe Koll­witz, Die Gefan­ge­nen, 1908.(Foto: Gemeinfrei.)

Die mas­si­ve Mili­ta­ri­sie­rung ist jedoch nicht nur ein deut­sches Phä­no­men. Sie wird beschleu­nigt durch Trumps Dro­hun­gen, den euro­päi­schen „Ver­bün­de­ten“ die mili­tä­ri­sche Unter­stüt­zung zu ent­ziehen. Nahe­zu alle NATO-Staa­ten erhö­hen jetzt die Mili­tär­aus­ga­ben und es wird bereits dis­ku­tiert, das Bei­trags­ziel von zwei auf drei oder vier Pro­zent des Brut­toinlandsprodukts anzuheben.

Auch die EU-Kom­mis­si­on treibt die Mili­ta­ri­sie­rung vor­an. Bis 2030 will die EU 800 Milliar­den Euro in die euro­päi­sche Auf­rüs­tung investieren.

Deutsch­land als füh­ren­de Mili­tär­macht Euro­pas
Erklär­tes Ziel der Bun­des­tags­par­tei­en ist es, Deutsch­land zur füh­ren­den Mili­tär­macht in Euro­pa zu machen. Ange­sichts der zuneh­men­den inter­na­tio­na­len Span­nun­gen mit Groß­mäch­ten wie Chi­na und Russ­land und nun auch noch mit den USA, soll die Bun­des­wehr dazu umge­rüs­tet wer­den, wie­der kon­ven­tio­nel­le Krie­ge füh­ren zu können.

Dafür braucht es nicht nur mas­si­ve Inves­ti­tio­nen, son­dern auch Menschenmate­rial. Auf­dring­li­che Wer­be­kam­pa­gnen und erhöh­te Bun­des­wehr­prä­senz in Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten, sol­len den jun­gen Men­schen den Kriegs­dienst schmack­haft machen. Auch die Wie­der­ein­füh­rung der Wehr­pflicht ist in den letz­ten Jah­ren wie­der ins Zen­trum der medi­al ver­brei­te­ten „Nach­rich­ten“ gerückt wor­den. Es sind nicht nur Politiker:innen von AfD oder CDU/CSU, die sich dafür aus­spre­chen, son­dern auch Vertreter:innen der Linkspartei.

Anti­kriegs­be­we­gung wich­ti­ger denn je
Die aktu­el­len Krie­ge ins­be­son­de­re der Ukrai­ne­krieg und der Gaza­krieg haben zu ei­ner star­ken Pola­ri­sie­rung der Gesell­schaft geführt. Die Sinn­lo­sig­keit des von Putins auto­kra­ti­schem Regime begon­ne­nen Ukrai­ne­krie­ges droht immer noch, zu einem drit­ten Welt­krieg zu füh­ren. Der von Isra­els kri­mi­nel­ler Regie­rung nach dem 7. Okto­ber 2023 begon­ne­ne Völ­ker­mord in Gaza fin­det kein Ende.

Nicht zuletzt des­we­gen braucht es eine star­ke natio­na­le und inter­na­tio­na­le Anti­kriegs­be­we­gung. Aber die­se ist der­zeit lei­der noch längst nicht in dem erfor­der­li­chen Aus­maß in Sicht.

Aktu­ell gibt es auch in Deutsch­land kei­ne rele­van­te poli­ti­sche Kraft, die eine glaub­würdige Per­spek­ti­ve gegen den zuneh­men­den Mili­ta­ris­mus bie­tet. Das gilt auch für die Linkspartei.

Die feh­len­de kla­re Hal­tung zum Ukrai­ne­krieg und die Zustim­mung zu den Kriegs­kre­di­ten in den Län­dern, in de­nen sie mit­re­giert, zeigt, auf welch töner­nen Füßen die Frie­dens­po­li­tik der Par­tei Die Lin­ke steht. Ob sich das durch den aktu­ell gro­ßen Zulauf an neu­en, vor allem jun­gen, Mit­glie­dern ändert, bleibt abzuwarten.

Das Bünd­nis Sahra Wagen­knecht (BSW) kri­ti­siert zwar die Auf­rüs­tung und Waffen­lieferungen und kann damit ins­be­son­de­re in Ost­deutsch­land vie­le Men­schen errei­chen. Aber auch das BSW will an einer „ange­mes­se­nen Aus­rüs­tung“ für die Bundes­wehr fest­hal­ten. Es stellt den deut­schen Impe­ria­lis­mus nicht grund­le­gend in Fra­ge, son­dern for­dert die Durch­set­zung „deut­scher Interessen“.

Das BSW schürt ras­sis­ti­sche und natio­na­lis­ti­sche Res­sen­ti­ments, die Gift für das Ent­ste­hen einer glaub­wür­di­gen Anti­kriegs­be­we­gung sind. Statt für den Auf­bau einer kämp­fe­ri­schen Bewe­gung mit mas­sen­haf­ten Mobi­li­sie­run­gen, steht das BSW für par­la­men­ta­ri­sche Stell­vertreterpolitik und Regierungsbeteiligungen.

AfD eine Friedenspartei?
Wenn sich die AfD vor dem Hin­ter­grund des Ukrai­ne­krie­ges als Frie­dens­par­tei zu in­szenieren ver­sucht, geht es ihr vor­ran­gig um die Anbie­de­rung an Putin und um die Gewin­nung poten­zi­el­ler Wähler:in­nen aus der Friedensbewegung.

Die AfD setzt sich zwar für Ver­hand­lun­gen mit Russ­land ein, lehnt aber auch Sank­tio­nen gegen die rus­si­sche Wirt­schaft ab. Auslandseinsät­zen der Bun­des­wehr und Rüs­tungs­pro­jek­ten hat die AfD im Bun­des­tag immer wie­der zugestimmt.

Eine ech­te Frie­dens­par­tei müss­te sich kon­se­quent und gene­rell gegen mili­tä­ri­sche Pro­blem­lö­sun­gen, Auf­rüs­tung, Rüs­tungs­expor­te, die Wehr­pflicht und das Mili­tär als Insti­tu­ti­on po­sitionieren. Genau dafür steht die AfD aber nicht. Sie posi­tio­niert sich klar für eine Auf­rüs­tung der Bun­des­wehr und steht im Gaza­krieg an der Sei­te der recht­ex­tre­men Regie­rung Israels.

Die AfD nutzt die Frie­dens­fra­ge ledig­lich aus tak­ti­schen Grün­den, ohne ihre ras­sis­ti­sche und faschis­ti­sche Poli­tik auf­zu­ge­ben. Des­halb hetzt sie gegen Kriegs­flücht­lin­ge und baut sie zu Sün­den­bö­cken auf.

Wel­che Forderungen?
Es muss die Rück­nah­me des „Son­der­ver­mö­gens“ für die Bun­des­wehr und die Ent­wick­lung einer alter­na­ti­ven, anti­mi­li­ta­ris­ti­schen Sicher­heits­po­li­tik gefor­dert wer­den. Nur so kann per­spek­ti­visch die Strei­chung der Mili­tär­aus­ga­ben in Deutsch­land und anders­wo erreicht werden.

Es ist skanda­lös, dass_für Aufrüstung_Geld prak­tisch unbe­grenzt zur Ver­fü­gung steht, jedoch vie­le ande­re Berei­che un­terfinanziert bleiben.

Statt hun­der­te Mil­li­ar­den Euro für die Bun­des­wehr, muss deut­lich mehr Geld in die Berei­che Sozia­les, Bil­dung, Gesund­heit und Pfle­ge, Woh­nungs­bau und Kli­ma­schutz inves­tiert werden!

Inwie­fern das beschlos­se­ne 500-Mil­li­ar­den­pa­ket für die „Infra­struk­tur“ sinn­voll genutzt wird, ist sehr zu bezwei­feln. Es ist zu befürch­ten, dass die­ses Geld vor­nehm­lich für Pro­jek­te aus­ge­ge­ben wird, die eben­falls der Mili­ta­ri­sie­rung die­nen. Dazu gehört zum Bei­spiel der Aus­bau wich­ti­ger Ver­kehrs­ver­bin­dun­gen, um Kriegs­ma­te­ri­al an die „Front“ trans­por­tie­ren zu können.

Umden­ken in Rich­tung Abrüstung!
Mehr Sicher­heit wird es nicht durch noch mehr Waf­fen geben. Statt­des­sen braucht es_neue Ideen für eine Poli­tik ge­meinsamer Sicher­heit in Euro­pa und der Welt, die auch die Sicher­heits­in­ter­es­sen Russ­lands miteinschließen.

Auf gar kei­nen Fall bedeu­tet dies die Sta­tio­nie­rung von neu­en Mit­tel­stre­cken­waf­fen. Die Ent­schei­dung zur Sta­tio­nie­rung der Mit­tel­stre­cken­waf­fen in Deutsch­land ist eine Be­drohung für den Frie­den in Deutsch­land und in Europa.

Anders als bei der soge­nann­ten Nach­rüs­tung in den 1980er Jah­ren, gegen die damals Mil­lio­nen pro­tes­tiert haben, wird das Risi­ko bei der aktu­el­len Sta­tio­nie­rung nicht von ver­schie­de­nen Län­dern geteilt. Deutsch­land ist das ein­zi­ge euro­päi­sche NATO-Land, in dem die­se Waf­fen sta­tio­niert wer­den sollen.

Somit sind wir in Deutsch­land vor­ran­gi­ges Ziel eines potenzi­ellen Gegen­schla­ges. Die Auf­rüs­tung wird auch nicht, wie beim NATO-Dop­pel­be­schluss 1979, mit einem Ver­hand­lungs­an­ge­bot ver­knüpft. Sie ist im Gegen­teil ein Sarg­na­gel für Rüstungskon­trolle und Ver­ein­ba­run­gen wie den New START-Vertrag.

Die Ent­schei­dung zur Sta­tio­nie­rung der Mit­tel­stre­cken­waf­fen in Deutsch­land erhöht auch das Risi­ko eines Atom­kriegs in Euro­pa. Statt­des­sen müss­ten alle Par­tei­en wei­ter eska­lie­ren­de Schrit­te unter­las­sen und zur Rüs­tungs­kon­trol­le zurück­keh­ren. Per­spek­ti­visch nötig sind Initia­ti­ven zur Abrüs­tung aller Mit­tel­stre­cken­waf­fen in Europa.

Wir mei­nen:
Die von Uni­on und AfD gefor­der­te Wie­der­ein­füh­rung der Wehr­pflicht muss entschie­den abge­lehnt wer­den. Wir for­dern ein Wer­be­ver­bot der Bun­des­wehr in Schu­len, Uni­versitäten und allen öffent­li­chen Einrichtungen!

Wir for­dern Dia­log statt Auf­rüs­tung. Wir for­dern die Wie­der­auf­nah­me von Ver­handlungen über Rüs­tungs­kon­trol­le und Abrüs­tung. Wir brau­chen neue Initia­ti­ven für Sicher­heit und Zusam­men­ar­beit sowie für eine dau­er­haf­te Frie­dens­ord­nung in Euro­pa und der Welt.

Auf­rüs­tung und Kriegs­trei­be­rei wer­den nicht durch die Ein­sicht von Politiker:innen im Par­la­ment ge­stoppt werden.

Wir müs­sen uns außer­par­la­men­ta­risch − in den Gewerk­schaf­ten, Betrie­ben, Wohn­ge­bie­ten, Schu­len und Unis − orga­ni­sie­ren, um gemein­sam mit Mobi­li­sie­run­gen auf der Stra­ße und mit Streiks in der Arbeits­welt eine gro­ße sozia­le Bewe­gung gegen Auf­rüs­tung, Krieg und Faschis­mus auf­bau­en zu können.

Aus Theo­rie­bei­la­ge Avan­ti² Rhein-Neckar Mai 2025
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