Pro­fit oder Leben?

Wider­stand!

H. N.

Das kapi­ta­lis­ti­sche Cha­os spitzt sich wei­ter zu. Die Über­lap­pung und Ver­schär­fung der aktu­el­len Kri­sen (Krie­ge, Kli­ma, Umwelt, Armut, Hun­ger, Pan­de­mien …) hat extrem bedroh­li­che Aus­ma­ße angenommen.

Die Gefahr ist sehr real, dass neo­li­be­ra­le, auto­ri­tä­re, faschis­ti­sche und ras­sis­ti­sche Posi­tio­nen noch wei­ter an Boden gewin­nen. Füh­ren­de Krei­se ver­schär­fen den Klas­sen­kampf von oben. Die Regie­rung ist dabei ihr Handlanger. 
Als Bele­ge dafür nen­nen wir – ohne Anspruch auf Voll­stän­dig­keit – die offen­sicht­li­che Kapi­tal­hö­rig­keit der eta­blier­ten Po- litik, die Mili­ta­ri­sie­rung der Gesell­schaft, den zyni­schen Umgang mit Coro­na, die fort­ge­setz­te Zer­stö­rung des Gesund­heits­we­sens, den ener­gie­po­li­ti­schen Rück­schritt, das kli­ma- und ver­kehrs­po­li­ti­sche Ver­sa­gen, die För­de­rung der land­wirt­schaft­li­chen Groß­pro­duk­ti­on, den Arbeits­platz- und Sozi­al­ab­bau, die For­de­run­gen nach wei­te­ren Ein­schrän­kun­gen des Streik- und des Demons­tra­ti­ons­rechts, die brüs­ke Ableh­nung von gewerk­schaft­li­chen Tarif­for­de­run­gen und die zuneh­men­den Angrif­fe auf Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen von Beschäftigten.

Der­zeit gibt es eine in die­ser Höhe seit Jahr­zehn­ten nicht mehr gekann­te Infla­ti­on. Als Infla­ti­on gilt eine andau­ern­de all­ge­mei­ne Erhö­hung der Ver­brau­cher­prei­se. Sie ist das Ergeb­nis eines Kampfs um die Auf­tei­lung des gesell­schaft­lich pro­du­zier­ten Reich­tums. Die Kapi­tal­sei­te nutzt ihn zur Stei­ge­rung ihrer Pro­fi­tra­ten aus.

Rekord­ge­win­ne durch Preistreiberei
Resul­tat der hem­mungs­lo­sen aktu­el­len Preis­trei­be­rei der Kon­zer­ne sind Rekord­ge­win­ne. Eine win­zig klei­ne Min­der­heit kann des­halb ihren unvor­stell­ba­ren Reich­tum – meist sogar steu­er­be­güns­tigt – noch wei­ter vermehren.

Hin­ge­gen ver­schlech­tert sich die Lebens­si­tua­ti­on immer grö­ße­rer Bevöl­ke­rungs­krei­se spür­bar. Ins­be­son­de­re arme Men­schen wis­sen meist nicht mehr ein noch aus. Die sozia­le Spal­tung der Gesell­schaft und die Bedro­hung unse­rer Lebens­grund­la­gen wer­den immer deutlicher.

Es gibt jedoch das Men­schen­recht auf ein gesun­des Leben ohne Armut und Umwelt­zer­stö­rung. Sei­ne Durch­set­zung erfor­dert mehr als die Stimm­ab­ga­be bei Wah­len – näm­lich den orga­ni­sier­ten Kampf gegen das kapi­ta­lis­ti­sche Herr­schafts- und Wirt­schafts­sys­tem und letzt­lich des­sen Überwindung.

Was kön­nen wir gemein­sam tun, um Soli­da­ri­tät in Zei­ten von Krie­gen und Kri­sen gemein­sam ein­zu­for­dern und nicht zuletzt der Preis­trei­be­rei entgegenzuwirken?

Es ist höchs­te Zeit, Pro­test und Wider­stand zu orga­ni­sie­ren. Er wird weder vom Him­mel fal­len noch durch ver­meint­li­che Par­tei­stra­te­gen von oben ange­ord­net wer­den kön­nen. Es gilt, ihn gemein­sam mit Akti­ven aus unter­schied­li­chen Berei­chen offen und soli­da­risch vor Ort auf­zu­bau­en. Sei­ne demo­kra­ti­sche bun­des­wei­te und inter­na­tio­na­le Ver­net­zung ist unabdingbar.

Auto­ma­ti­scher Inflationsausgleich
Eine beson­de­re Rol­le im Kampf gegen die Teue­rung kommt den Gewerk­schaf­ten zu. Sie müs­sen auf­hö­ren, mit der Regie­rung in einer „kon­zer­tier­ten Akti­on“ zu kungeln. 
Statt­des­sen sehen wir sie in der Pflicht, für eine offen­si­ve gewerk­schaft­li­che Lohn-poli­tik, für die Ver­ge­sell­schaf­tung der Extra­pro­fi­te und eine wirk­sa­me Bekämp­fung der skan­da­lö­sen Steu­er­be­güns­ti­gun­gen von Rei­chen und Kon­zer­nen ein­zu­tre­ten. Die Lohn­zu­rück­hal­tung der letz­ten Jah­re hat nur dem Kapi­tal gedient. Hohe Ent­gelt­ab­schlüs­se – am bes­ten als Fest­geld oder Min­dest­be­trag – sind ein Muss.

Das allei­ne wird aber nicht rei­chen, um die hohen Preis­stei­ge­run­gen aus­zu­glei­chen. Wir brau­chen Tarif­ver­trä­ge mit einem auto­ma­ti­schem Infla­ti­ons­aus­gleich, wie dies die Pilo­ten­ge­werk­schaft for­dert. Und wir benö­ti­gen einen gesetz­lich ver­an­ker­ten Teue­rungs­aus­gleich wie in Bel­gi­en oder Luxem­burg für Allein­er­zie­hen­de, Erwerbs­lo­se, Pre­kä­re und Rent­ne­rin­nen und Rent­ner. Dadurch kön­nen wir mas­sen­haf­te Ar- mut wirk­sam verhindern.

Es bedarf zudem eines Akti­ons­pro­gramms gegen die wei­te­re Abwäl­zung der Kri­sen- und Auf­rüs­tungs­kos­ten auf die gro­ße Mehr­heit. Durch­ge­setzt wer­den kann es nur durch die Been­di­gung des gewerk­schaft­li­chen Klein­kleins und das Vor­be­rei­ten und Durch­füh­ren bereichs­über­grei­fen- der Demos und Streiks.

Die Orga­ni­sie­rung und Ver­net­zung akti­ver betrieb­li­cher und gewerk­schaft­li­cher Ker­ne braucht es dazu eben­so wie die Bil­dung einer sozia­len, öko­lo­gi­schen und anti­mi­li­ta­ris­ti­schen Front. Nur so kann der Druck für einen brei­ten Wider­stand gegen den Klas­sen­kampf von oben auf­ge­baut wer­den. Die­ser Auf­ga­be müs­sen sich alle stel­len, die die Augen vor den aktu­el­len Ent­wick­lun­gen nicht ver­schlie­ßen wollen.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Sep­tem­ber 2022

 

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