Soli­da­ri­tät statt Pro­fit­gier - Rei­che und Kon­zer­ne zur Kasse!

 U. D.

Laut Sta­tis­ti­schem Bun­des­amt betrug die Infla­ti­ons­ra­te für den Sep­tem­ber 2022 im Ver­gleich zum Vor­jah­res­mo­nat 10 %. Das ist der höchs­te Stand seit 70 Jah­ren. Den­noch wird die gesam­te Dra­ma­tik der Teue­rung erst mit wei­te­ren Zah­len des Bun­des­am­tes deutlich.

Kundgebung „Solidarität statt Preistreiberei!“ in Mannheim, 25. Oktober 2022. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Kund­ge­bung „Soli­da­ri­tät statt Preis­trei­be­rei!“ in Mann­heim, 25. Okto­ber 2022. (Foto: helmut-roos@web.de.)

So wur­den allei­ne Nah­rungs­mit­tel um 18,7 % teu­rer, Strom um 21 %, leich­tes Heiz­öl um 108,4 und Erd­gas um 95,1 %. Damit liegt die tat­säch­li­che Teue­rung deut­lich über 10 %.

Kein Ende der Preis­trei­be­rei in Sicht
Am 17. Okto­ber 2022 teil­te das ifo-Insti­tut mit, dass für das Jahr 2022 glo­bal eine durch­schnitt­li­che Infla­ti­on von 9,3 % erwar­tet wer­de. Dies sei das Ergeb­nis des neu­en Eco­no­mic Experts Sur­vey (EES), einer vier­tel­jähr­li­chen Umfra­ge des ifo-Insti­tuts und des Insti­tuts für Schwei­zer Wirt­schafts­po­li­tik mit 1.687 Teil­neh­men­den aus über 100 Län­dern. Für das kom­men­de Jahr 2023 wer­de mit 7,5 % gerech­net. Im Jahr 2026 sei­en es welt­weit 5,0 % und in West­eu­ro­pa ca. 3 %.

Dies bedeu­tet: Auch in den kom­men­den Jah­ren wer­den die Prei­se schnel­ler stei­gen als in den ver­gan­ge­nen Jah­ren. Lebens­not­wen­di­ge Güter wer­den sich aus­ge­hend vom aktu­el­len Niveau noch­mals ver­teu­ern. Eine Preis­sen­kung auf das Niveau von 2020 wird es nicht geben. Die „Net­to-Ent­wer­tung“ von Löh­nen und sozia­len Trans­fer­zah­lun­gen (Ren­ten, ALG, „Bürgergeld“/Hartz IV, BAföG usw.) wird fortgesetzt.
Wer zahlt die Zeche?
Die herr­schen­de Klas­se hat die­se Fra­ge für sich längst beant­wor­tet. Wie immer sol­len ihre Pro­fi­te gesi­chert wer­den und die arbei­ten­den Klas­sen mit stei­gen­den Prei­sen, gerin­ge­rer Kauf­kraft, län­ge­ren Arbeits­zei­ten, schlech­te­rer sozia­ler Absi­che­rung usw. dafür bezah­len. Die­ses Kampf­pro­gramm wol­len sie mit ihrer Kapi­tal­macht poli­tisch und wirt­schaft­lich fort- und durchsetzen.

Die arbei­ten­de Klas­se hat nur die Wahl, die Ver­schlech­te­run­gen hin­zu­neh­men oder sich gegen die Pro­fit­in­ter­es­sen zur Wehr zu set­zen. Noch hat sie dazu die Kraft. Aber sie muss dafür selbst aktiv wer­den und den Klas­sen­kampf von oben mit soli­da­ri­schen Aktio­nen von unten wie Kund­ge­bun­gen, Demons­tra­tio­nen und Streiks bis hin zum Gene­ral­streik beantworten.

Nein zur „kon­zer­tier­ten Aktion“
Ein gro­ßes Hin­der­nis für eine sol­che Gegen­wehr ist die mehr­heit­lich sozi­al­part­ner­schaft­li­che Ori­en­tie­rung der Gewerk­schaf- ten und ihrer Füh­run­gen. Anstatt sich mit den kämp­fe­ri­schen Bewe­gun­gen in Eng­land und Frank­reich zu ver­bin­den, um eine euro­päi­sche Abwehr­front auf­zu­bau­en, ver­su­chen sie die gegen- sätz­li­chen Inter­es­sen von Kapi­tal und Arbeit „part­ner­schaft­lich auszugleichen“.

Sie las­sen sich auf nur kurz­zei­tig wir­ken­de „Ent­las­tungs­zah­lun­gen“ ein und betei­li­gen sich bereit­wil­lig an der von Kanz­ler Scholz neu auf­ge­leg­ten „kon­zer­tier­ten Akti­on“. Dabei hat die­se nur ein Ziel: die Gewerk­schaf­ten in eine pro­fit- und stand­ort­ori­en­tier­te Kri­sen­po­li­tik ein­zu­bin­den und sozia­le Kämp­fe zu vermeiden.

Ein ers­tes Ergeb­nis die­ser Poli­tik ist der Tarif­ab­schluss 2022 der IGBCE in der che­mi­schen Indus­trie. Die­ser dämpft zwar für 18 Mona­te mit steu­er- und bei­trags­be­frei­ten Ein­mal­zah­lun­gen den Kauf­kraft­ver­lust, setzt aber mit einer unzu­rei­chen­den Anhe­bung der Tabel­len­ent­gel­te den Real­lohn­ab­bau fort und schafft mit­ten in der Kri­se bis zur Jah­res­mit­te 2024 tarif­po­li­ti­sche Ruhe (mehr zum IGBCE-Abschluss auf Sei­te 10).

Umso wich­ti­ger ist es jetzt, dass kämp­fe­ri­sche Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen alles dafür tun, einen ähn­li­chen Knie­fall in den Tarif­run­den in der Metall- und Elek­tro­in­dus­trie und im Öffent­li­chen Dienst zu verhindern.

Hei­ßer Herbst“ oder hei­ße Luft?
Unter dem Mot­to „Soli­da­risch durch die Kri­se. Ech­te Umver­tei­lung jetzt!“ demons­trier­ten am 22. Okto­ber 2022 bun­des­weit rund 24.000 Men­schen. Für einen hei­ßen sozi­al­po­li­ti­schen Herbst reicht das nicht aus. Viel­mehr zeigt es scho­nungs­los die poli­ti­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Schwä­che der Gewerk­schafts­be­we­gung und der poli­ti­schen Linken.

Aus die­ser Situa­ti­on füh­ren „kein Gott, kein Kai­ser, noch Tri­bun“. Statt auf frem­de Hil­fe zu hof­fen, ist es not­wen­dig, selbst aktiv zu wer­den. Über­all dort, wo man lebt, lernt und arbei­tet, müs­sen jetzt Akti­ons­bünd­nis­se gegen die Teue­rung auf­ge­baut oder unter­stützt werden.

Nur so kann aus der poli­ti­schen Defen­si­ve her­aus eine star­ke Bewe­gung gegen Teue­rung und Preis­trei­be­rei auf­ge­baut wer­den. Nur so lässt sich ver­hin­dern, dass die auto­ri­tä­re und faschis­ti­sche Rech­te die sozia­le Fra­ge der Teue­rung für sich und ihren wei­te­ren Auf­stieg nutzt.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Novem­ber 2022
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