Einsatz für Sicheren Hafen Baden-Württemberg
N. B.
Als am 09. September 2020 das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos abbrannte, war die Verzweiflung und Wut groß. Doch es dauerte nicht lange, bis die Medien die Situation fliehender Menschen wieder einmal in Vergessenheit drängten. Das Seebrücke-Bündnis aber vergisst die Menschen nicht und bringt den Kampf um die Lebensbedingungen an den EU-Außengrenzen und in der Rhein-Neckar-Region zusammen.
Bereits am 17. September, eine gute Woche nach dem Brand, starteten das Bündnis Seebrücke und der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg eine neue Kampagne, um Baden-Württemberg zum Sicheren Hafen zu machen. In einem offenen Brief an die Landesregierung formulierten sie insgesamt neun Forderungen. Am 02. Oktober 2020, dem Tag des Flüchtlings, startete die Kampagne öffentlich.
Die Kampagne fordert einen solidarischen Umgang sowohl mit Menschen auf der Flucht als auch mit ihren Unterstützer*innen und insbesondere die Entkriminalisierung der zivilen Seenotrettung. Im Zentrum der Forderungen steht die Aufnahme weiterer Menschen aus den Lagern an den europäischen Außengrenzen – sei es über eine bundesweite Aufnahme oder ein eigenes Landesaufnahmeprogramm. Der offene Brief fordert zudem, den Kommunen rechtlich zu ermöglichen, eigenständig fliehende Menschen aufzunehmen.
Als der offene Brief verfasst wurde, hatten sich in Baden-Württemberg bereits 24 Städte und Gemeinden als Sichere Häfen erklärt. Um fliehende Menschen aufnehmen zu können, bedarf es jedoch der Zustimmung durch den Bund. Bundesinnenminister Seehofer stellt sich weiterhin quer.
Solidarität statt Abschiebung
Mit erhöhten Aufnahmezahlen würde aber bei der aktuellen Abschiebepraxis der grün-schwarzen Landesregierung in Stuttgart das Problem nur verschoben. So fordert der offene Brief auch bessere Bleibeperspektiven, ein Ende der Abschiebehaft in Baden-Württemberg und die Schließung des Abschiebeknasts in Pforzheim. Zur Bekräftigung dieser und anderer Forderungen gingen am 02. Oktober 2020 unter anderem in Mannheim und Heidelberg mehrere hundert Menschen auf die Straße.
Anne Dell von save-me Mannheim erinnerte an einen Spendenaufruf für „Stand by me Lesbos“ angesichts der verschärften „Situation in Griechenlands neuen, schrecklichen Internierungslagern für Geflüchtete, die aus dem abgebrannten Moria dorthin verfrachtet und eingepfercht werden“. Gleichzeitig liege der aktuelle Fokus aber auch auf einem Landesaufnahmeprogramm. Um dies voranzutreiben übe das Bündnis „Sicherer Hafen Mannheim“ Druck auf Oberbürgermeister Kurz aus.
Solidarität statt Ausgrenzung
In Heidelberg wurde die Kampagne mit Forderungen in Bezug auf die lokale Asyl-, Wohn- und Umweltpolitik verbunden. Seit 2015 werden geflüchtete Menschen direkt nach ihrer Ankunft in Baden-Württemberg im Ankerzentrum in der ehemaligen US-Kaserne Patrick-Henry-Village (PHV) außerhalb Heidelbergs untergebracht.
Dort soll nun ein neuer Stadtteil entstehen, in dem es für geflüchtete Menschen keinen Platz mehr gibt. Für sie ist ein neues Ankunftszentrum in den Wolfsgärten zwischen Autobahnen und Bahntrassen vorgesehen. Dafür muss die Ackerfläche dort bebaut werden, was den Empfehlungen eines Klimagutachtens von 2015 widerspricht. Für ein Bürgerbegehren gegen diese menschenverachtende und klimaschädliche Isolation können an verschiedenen Stellen Unterschriften abgegeben werden (Infos unter www.ankunftszentrum-hd.de).