Vor­wärts, und nicht(s) vergessen?

Gewerk­schaft­li­che Soli­da­ri­tät stärken

H. N.

Vor­wärts, und nicht vergessen
Wor­in uns­re Stär­ke besteht!
Beim Hun­gern und beim Essen
Vor­wärts, nicht vergessen
Die Solidarität!“

Gewerkschaftsdemo in Paris gegen die „Rentenreform“, 23. März 2023.
Foto: Martin Noda / Hans Lucas.

Gewerk­schafts­de­mo in Paris gegen die „Ren­ten­re­form“, 23. März 2023.
Foto: Mar­tin Noda / Hans Lucas.

Das berühm­te „Soli­da­ri­täts­lied“ (Text von Ber­tolt Brecht, Musik von Hans Eis­ler) hat es schon 1931 auf den Punkt gebracht. Aber das Lied ist in wei­ten Krei­sen nicht mehr bekannt. Vor allem spielt sei­ne Kern­bot­schaft in der all­täg­li­chen Gewerk­schafts­po­li­tik nach Jahr­zehn­ten der neo­li­be­ra­len Offen­si­ve in den Betrie­ben und in der Gesell­schaft eine viel zu gerin­ge Rolle.

Explo­die­ren­der Reich­tum bei den herr- schen­den 0,1 Pro­zent einer­seits, zuneh­men­de Mas­sen­ver­ar­mung ande­rer­seits, beschleu­nig­te Kli­ma- wie Natur- zer­stö­rung und dadurch zuneh­men­de phy­si­sche und psy­chi­sche Gesund­heits­ge­fähr­dun­gen, Kriegs­trei­be­rei und Auf­rüs­tung, Stär­kung men­schen­ver­ach­ten­der und faschis­ti­scher Ten­den­zen, Aus­höh­lung demo­kra­ti­scher Rech­te, wuchern­de Kon­zern­macht und immer mehr unge­schütz­te Arbeits­ver­hält­nis­se – das sind nur eini­ge Stich­wor­te zu aktu­el­len, bedroh­li­chen Entwicklungen.

Von die­sen sind nicht zuletzt die Gewerk­schaf­ten betrof­fen – durch Ent­so­li­da­ri­sie­rung und Spal­tung der Beschäf­tig­ten, durch Tarif­flucht, durch Mob­bing von Betriebs­rä­ten und durch Bekämp­fung gewerk­schaft­li­cher Orga­ni­sa­ti­ons­macht. Für jeden den- ken­den Men­schen müss­te es klar sein, dass das aggres­si­ve und über­hol­te kapi­ta­lis­ti­sche Wirt­schafts­sys­tem eine exis­ten­zi­el­le Bedro­hung für die Gewerk­schaf­ten ist.

Ver.di-Warnstreik bei RNV Mannheim, 3. März 2023. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Ver.di-Warnstreik bei RNV Mann­heim, 3. März 2023. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Nur wer kämpft, kann gewinnen!
Die jüngs­ten Warn­streiks bei der Post, im Ver­kehrs­be­reich und in vie­len ande­ren Sek­to­ren haben gezeigt: Nur wer kämpft, beweist Stär­ke. Die par­al­le­len Aktio­nen von EVG und ver.di bele­gen: Gemein­sa­me Arbeits­nie­der­le­gun­gen machen unse­re Klas­se stär­ker und attrak­ti­ver. Es ist kein Zufall, dass ver.di in den letz­ten Wochen 70.000 neue Mit­glie­der gewon­nen hat.

Nun hat die ver.di-Spitze mit der Eini­gung im Öffent­li­chen Dienst erneut einen Erzwin­gungs­streik zur Durch­set­zung der eige­nen Tarif­for­de­run­gen vermieden.

Wir brau­chen aber Gewerk­schaf­ten, die kei­ne Angst vor Streiks haben, denn nur so kann unse­re Gegen­macht gestärkt wer­den. Nur so kön­nen die anhal­ten­den Angrif­fe auf unse­re Rech­te, unse­re Löh­ne und unse­re Arbeits- und Aus­bil­dungs­plät­ze erfolg­reich abge­wehrt werden.

Leben ist mehr wert als Profite!
Es gibt kei­ne Lohn-Preis­spi­ra­le, son­dern eine Pro­fit-Preis­spi­ra­le. Mit Erd­öl, Erd­gas, Koh­le und Lebens­mit­teln wird inter­na­tio­nal spekuliert.

Statt dage­gen vor­zu­ge­hen, unter­stützt die Poli­tik der Bun­des­re­gie­rung die­ses unge hemm­te Treiben.

Wir alle spü­ren die Teue­rung. Teue­rung wird gemacht. Sie ist das Ergeb­nis der Preis­trei­be­rei von Kon­zer­nen, die Rekord­ge­win­ne ver­bu­chen. Wir sind aber die­je­ni­gen, die mit unse­rer Arbeit den Laden am Lau­fen halten._

Ein­kom­men an Infla­ti­on anpassen
Durch die Rekord­in­fla­ti­on haben vie­le Beschäf­tig­te trotz der letz­ten Tarif­ab­schlüs­se real weit weni­ger Geld in der Tasche als vor­her. Von den Men­schen ganz zu schwei­gen, die Ren­ten oder Sozi­al­ein­kom­men beziehen.

Wir brau­chen des­halb Löh­ne, Ren­ten und Sozi­al­ein­kom­men, die wie in Bel­gi­en oder Luxem­burg auto­ma­tisch mit der Infla­ti­on steigen.

Gegen die anhal­ten­den Arbeits­platz­ver­nich­tun­gen (KFZ-Indus­trie, Han­del, Ban­ken …) hilft nur gemein­sa­mer betriebs-, bran­chen- und grenz­über­schrei­ten­der Wider­stand. Es gibt kein Recht auf Pro­fit­ma­xi­mie­rung, des­halb müs­sen wir ein Ver­bot von Ent­las­sun­gen durchsetzen.

Soli­da­ri­sche Front aufbauen
In Frank­reich haben die mit­ein­an­der kon­kur­rie­ren­den Gewerk­schaf­ten im Kampf gegen die „Ren­ten­re­form“ eine Ein­heits­front zustan­de gebracht. Wor­auf war­ten wir denn eigent­lich in Deutschland?

Es ist auch hier­zu­lan­de höchs­te Zeit für mehr gemein­sa­mes gewerk­schaft­li­ches Han- deln inner­halb und außer­halb der Betrie­be. Es gilt, eine soli­da­ri­sche Front zusam­men mit außer­par­la­men­ta­ri­schen sozia­len, öko­lo­gi­schen, anti­mi­li­ta­ris­ti­schen und anti­fa­schis­ti­schen Bewe­gun­gen aufzubauen.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Mai 2023
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