Wor­um geht es bei dem Macht­kampf um Griechenland?“

 

So lau­te­te der Titel unse­rer öffent­lich Monats­ver­an­stal­tung am 27. Febru­ar, die auf reges Inter­es­se stieß. Zu Beginn gedach­ten die Anwe­sen­den mit einer Schwei­ge­mi­nu­te einer lang­jäh­ri­gen, treu­en Besu­che­rin unse­rer Dis­kus­si­ons­aben­de, die kürz­lich ver­stor­ben ist.

K.M.

Unser Refe­rent führ­te aus, dass trotz mas­si­ver Gegen­wehr in Grie­chen­land und der Wahl einer neu­en Regie­rung die Aus­plün­de­rungs­po­li­tik der „Troi­ka“ – jetzt als „die Insti­tu­tio­nen“ bezeich­net – bis­her nicht gestoppt wer­den konn­te. Wenn Geschich­te eine Geschich­te von Klas­sen­kämp­fen sei, müss­ten wir auch bei der Betrach­tung der Kon­flik­te um und in Grie­chen­land immer von den jewei­li­gen Klas­sen­in­ter­es­sen ausgehen.

Der Spät­ka­pi­ta­lis­mus habe in sei­ner Anfang der 1970er Jah­re durch­ge­setz­ten neo­li­be­ra­len Aus­prä­gung zu einer bis­her nicht gekann­ten Zusam­men­bal­lung von Macht und Reich­tum geführt. Dies zei­ge sich auch in Grie­chen­land, wo 50 Fami­li­en Wirt­schaft, Medi­en und bür­ger­li­che Poli­tik beherrschten.
Zur Per­fek­tio­nie­rung der Aus­beu­tung sei glo­bal und regio­nal ein immer wei­ter ent­wi­ckel­tes und aus­ge­bau­tes Sys­tem von Insti­tu­tio­nen und Ver­trä­gen geschaf­fen wor­den. In die­sem Rah­men, so die Aus­füh­run­gen unse­res Refe­ren­ten, sei die aktu­ell wie­der ver­schärf­te Aus­ein­an­der­set­zung um Grie­chen­land zu sehen. Es gehe hier nur vor­der­grün­dig um „Schul­den“. Es gehe viel­mehr um die Pro­fit­in­ter­es­sen der herr­schen­den Klas­sen und ihre „alter­na­tiv­lo­se“ Ver­tei­di­gung durch die Insti­tu­tio­nen in der EU.

Nach dem Wahl­sieg von SYRIZA stel­le sich die Fra­ge, ob eine grund­le­gen­de Ände­rung statt­ge­fun­den habe. Nach Mei­nung unse­res Refe­ren­ten hat die Füh­rung von SYRIZA durch die Koali­ti­on mit der rech­ten ANEL (den „Unab­hän­gi­gen Grie­chen“ unter Panos Kam­menos) ein kla­res Zei­chen gesetzt. Sie stre­be eine Poli­tik des Kom­pro­mis­ses mit kapi­ta­lis­ti­schen Krei­sen an.
Tsi­pras und Co. wol­len, so unser Refe­rent, kei­nen Bruch mit dem Kapi­ta­lis­mus orga­ni­sie­ren. Ihr – illu­sio­nä­res – Ziel sei ein sozi­al abge­fe­der­ter Vor­kri­sen­ka­pi­ta­lis­mus, der der EU mög­lichst fried­lich in Ver­hand­lun­gen abge­run­gen wer­den soll.

Eine Alter­na­ti­ve sei nur durch den Stopp der Schul­den­zah­lun­gen zu errei­chen. Er wür­de sofort den tat­säch­li­chen Zustand der grie­chi­schen Ban­ken bloß­le­gen und ihre Natio­na­li­sie­rung unaus­weich­lich machen. Dadurch wür­de die Herr­schaft des Kapi­tals selbst in Fra­ge gestellt wer­den, beson­ders wenn die Ent­eig­nung ent­schä­di­gungs­los und unter Arbei­te­rIn­nen­kon­trol­le erfolge.
Das Fazit des Ein­lei­tungs­re­fe­rats lau­te­te: In Grie­chen­land ste­he tat­säch­lich auch die Zukunft Euro­pas auf dem Spiel. Die Soli­da­ri­tät mit der Wider­stands­be­we­gung der grie­chi­schen Bevöl­ke­rung soll­te von einem kri­ti­schen Ver­ständ­nis der Ent­wick­lun­gen in Grie­chen­land beglei­tet sein. 
Die­se Soli­da­ri­tät kön­ne dazu bei­tra­gen, eine Wen­de zu einem kon­struk­ti­ven Aus­weg aus der Kri­se für die Aus­ge­beu­te­ten und Unter­drück­ten herbeizuführen.

Die anschlie­ßen­de leb­haf­te Dis­kus­si­on dreh­te sich um die Mög­lich­kei­ten einer Soli­da­ri­täts­ar­beit, vor allem aber um die Chan­cen der neu­en Regie­rung in Athen. Ein The­ma, das wei­ter zu ver­fol­gen ist.

aus der Rhein-Neckar Bei­la­ge zur Avan­ti 231, März 2015
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