NUR MIT PLAN!
H. N.
Vor etwas mehr als einem Jahr ist die erste COVID-19-Infektion in Deutschland festgestellt worden. Die seitdem im Auftrag der Herrschenden betriebene „Corona-Politik“ ist gescheitert. Selbst die Kanzlerin soll am 24.01.2021 laut Presse gesagt haben: „Uns ist das Ding entglitten.“
Warum ist ihnen das „Ding entglitten“? Die Kette des Versagens der Bundes- und der Landesregierungen fing an mit dem Mißachten der von dem Coronavirus SARS-CoV-2 ausgehenden Gefahr. Es ging weiter mit dem Ignorieren der Risiko-Analyse des RKI von Januar 2012. Es hatte ziemlich genau die Entwicklung der Pandemie vorhergesagt. Dann folgte das Leugnen der Wirksamkeit von Schutzmasken. Politik und Virologen hatten Angst, dass der Maskenmangel für das medizinische Personal verschärft werden würde.
Abgerissene Lieferketten
Zum Glück rissen pandemiebedingt die globalen Lieferketten großer Industriebetriebe ab. Dadurch war das Infektionsgeschehen an vielen Fabrikarbeitsplätzen infolge des Produktionsstillstands wirksam einge- schränkt. Schon der erste „Lockdown“ im Frühjahr 2020 war verbunden mit dem Einschränken demokratischer Grundrechte. Parallel dazu kündigten Kapitalistenverbände wie Gesamtmetall einen verschärften Klassenkampf von oben an.
Danach begann auf Druck vor allem der exportorientierten Wirtschaft eine unkoordinierte Reihenfolge von „Lockerungen“. Im Sommer schien fast alles gut zu sein. Aber dann kam völlig überraschend der Herbst und – wie zu erwarten war – die zweite Welle der Pandemie.
Jetzt war der Aktionismus der kapitalhörigen Politik darauf ausgerichtet, den enormen Aufschwung vor allem der Autoindustrie nicht zu gefährden. Der Preis dafür war hoch. Ihn zahlten nicht nur die bisherigen Opfer von COVID-19, sondern wir alle.
Die Politik vertröstete nun auf die Ende 2020 anstehende Impfkampagne. Mit ihr begann das nächste Desaster.
„Pandemie-Bekämpfer“ Söder fordert deshalb jetzt eine staatlich gelenkte „Not-Impfstoffwirtschaft“. Es gebe, so Söder, eine Notlage, die auf längere Sicht „die Marktwirtschaft“ (d. h. den Kapitalismus) fundamental beschädigen könne.
Systemisches Versagen
Das offenkundige systemische Versagen „der Marktwirtschaft“ hat Ursachen. Der Widerspruch zwischen letztlich gesellschaftlich stattfindender (Lohn-)Arbeit und der privaten Aneignung (Ausbeutung) der Ergebnisse dieser Arbeit kennzeichnet den Kapitalismus. In ihm haben die Profitinteressen des (Groß-)Kapitals Vorrang vor den grundlegenden gesellschaftlichen Bedürfnissen und ökologischen Erfordernissen.
Die etablierte Politik handelt dementsprechend im Rahmen einer „marktkonformen Demokratie“ (Merkel). Ihre Folgen sind verheerend. Um nur einige zu nennen: Zerstörung des Gesundheitssystems, Verschärfung der sozialen Ungleichheit, Abwälzung der Krisenkosten auf die arbeitende Klasse, zunehmende Aushebelung von Grundrechten und wachsende faschistische und kriegerische Bedrohungen. Das ist die eine Seite der Medaille.
Die andere ist das fortgesetzte Versagen der mehrheitlich von der „Sozialpartnerschaft“ träumenden Gewerkschaftsapparate und der meist ihre Zersplitterung hätschelnden Linken.
Soziale Front aufbauen
Es ist aber höchste Zeit, eine soziale Front gegen den Klassenkampf von oben und gegen das Scheitern der „Corona-Politik“ aufzubauen. Dies erfordert den Aufbau praktisch wirkender Bündnisse und Bewegungen über alle gewerkschaftlichen und linken politischen Bereichs- und Organisationsgrenzen hinweg.
Unbedingt bedarf es zudem auch einer strategischen Alternative zum herrschenden Chaos. Der derzeit kursierende Aufruf #ZeroCovid enthält in diesem Sinn einige unterstützenswerte Forderungen. Es fehlt jedoch nach wie vor ein gesellschaftlicher Aktionsplan, der immer wieder aktualisiert und popularisiert werden muss.
Gesellschaftlicher Aktionsplan
Seine wesentlichen Punkte sollten sein:
1. Eine systematische, kontinuierliche massenwirksame Aufklärung über die Gefahren der Pandemie und über effektive Methoden des Schutzes vor Ansteckung.
2. Der uneingeschränkte und staatlich finanzierte Einsatz aller erforderlichen und geprüften Schutzmittel (Masken, Desinfektionsmittel, Tests, Impfungen, Medikamente …).
3. Die flächendeckende Umsetzung der gesetzlichen Gebote des präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes nach dem TOP-Prinzip an allen Arbeitsplätzen sowie die Entwicklung eines standardisierten Infektionsschutzes mit permanenter Anwendung und Wirkungskontrolle – beginnend in den Brennpunkten der Pandemie (Altenheime, Krankenhäuser, Kitas, Schulen, Industriebetriebe …).
4. Die gesetzliche Pflicht, überall Betriebsräte und von den Kolleg*innen kontrollierte Kommissionen für Arbeits- und Gesundheitsschutz zu bilden.
5. Die unmittelbare strafrechtliche Verfolgung von Gewerkschaftsbekämpfung und Betriebsratsmobbing.
6. Der Stopp aller Privatisierungen im Gesundheitswesen, die Abschaffung des Systems der Fallpauschalen, die geplante Überwindung des Mangels an qualifiziertem Pflegepersonal, die Schaffung guter Arbeitsbedingungen mit attraktiver Vergütung der Pflegeberufe sowie der Aufbau eines der gesundheitlichen Prävention verpflichteten öffentlichen Gesundheits- und Pflegebereichs als unverzichtbarer Bestandteil der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge.
7. Die Freigabe aller Impfstoff-Patente sowie die Offenlegung aller Forschungsdaten und Verträge als erste Schritte zur demokratisch kontrollierten Vergesellschaftung der Pharmaindustrie.
8. Die Enteignung des durch Steuergelder geretteten Finanzsektors und die Bildung einer öffentlichen, demokratisch kontrollierten Bank, die ausschließlich dem gesellschaftlichen Nutzen verpflichtet ist.
9. Die konsequente Bekämpfung aller politischen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Folgen des kapitalistischen „Krisenmanagements“ – Verbot von Entlassungen, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Gehaltsausgleich, finanzielle Absicherung aller von Erwerbslosigkeit, Armut, Wohnungslosigkeit und Ausgrenzung Betroffenen, grundlegender ökologischer Umbau der Bereiche Energie, Industrie, Landwirtschaft und Verkehr.
10. Die Durchsetzung einer progressiven Solidaritätsabgabe für alle Krisengewinnler, Reichen und Superreichen ab einem Barvermögen von 1 Million Euro.