“Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschismus schweigen!”
(Politische Resolution der ISO Teil II)
Wir veröffentlichen hier weitere Abschnitte aus der Politischen Resolution der ISO zu den Themen „EU“, „Soziale Bewegungen“ und „Unsere Schwerpunkte“.
Den ersten Teil dieses Textes haben wir in der Avanti² von Februar 2017 veröffentlicht. Der Schluss wird in der April-Ausgabe zu finden sein.
„Krise der EU
Die zunehmend brutaleren Angriffe der Herrschenden, die Krise auf dem Rücken der lohnabhängigen Bevölkerung zu lösen, haben auch zu einer tiefen Legitimationskrise ihrer politischen Institutionen geführt. Dabei sticht derzeit die Krise der Europäischen Union (EU) am stärksten hervor.
Die EU ist seit den Anfängen der Europäischen Gemeinschaften ein Europa des Kapitals. In ihrem Funktionieren und in ihrer Verfasstheit fällt sie hinter die Normen der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie weit zurück. Für die herrschende Klasse hat sie sich als nützliches Instrument erwiesen, im Namen der neoliberalen Dogmen den Bevölkerungen in den Mitgliedstaaten die Interessen des Großkapitals und der Großbanken durch ein erbarmungsloses Schuldendiktat und ruinöse Privatisierungsprogramme aufzuzwingen.
Dieses Instrument ist nun selbst in der Krise. Unter anderem, weil die Währungsunion (der Euro), losgelöst von einer gemeinsamen Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik, einen rigorosen Verdrängungswettbewerb zugunsten der produktiveren Unternehmen diktiert. Die Tendenz der Herrschenden, „alternativlose“ antisoziale Systementscheidungen auf die europäische Ebene zu verlagern, produziert autoritäre Strukturen. Sie entziehen sich selbst den geschwächten Kontrollmechanismen der bürgerlichen Demokratie. Damit befördern sie die Krise der EU, was u. a. im Brexit zum Ausdruck kommt. Die extreme Rechte greift das Unbehagen auf und lenkt es auf nationalistische Mühlen.
Die Kräfte der ArbeiterInnenbewegung und der Linken werden dadurch in den meisten Ländern der EU nicht gestärkt, sondern geschwächt. Sie schwanken zwischen der Illusion, die EU auf kapitalistischer Basis zu einem sozial gerechten, solidarischen und demokratischen Verbund der Bevölkerungen in Europa transformieren zu können, und der Illusion, durch einen Rückzug auf die nationale Ebene das Kräfteverhältnis für sich verbessern zu können. Unter den Bedingungen des globalisierten Kapitalismus und der europäischen Kleinstaaterei ist jedoch in vielen Bereichen eine nationale Lösung der Systemkrise des Kapitalismus nicht mehr möglich. Der Aufbau konfliktfähiger Bewegungen und Strukturen auf europäischer Ebene hinkt stark den Notwendigkeiten hinterher.
Soziale Bewegungen
Es gibt jedoch in Deutschland auch wichtige Bewegungen für fortschrittliche Ziele. Neben der Bewegung für die Solidarität mit den Flüchtlingen ist dies vor allem die Klimaschutzbewegung, die Aktionen und Camps gegen den ökologisch unverantwortlichen Braunkohleabbau und gegen die Nutzung fossiler Brennstoffe organisiert. Die antirassistische und antifaschistische Bewegung hat auch in Ostdeutschland erreicht, dass die Pegida-Aufmärsche der Zahl und dem Umfang nach zurückgegangen sind und die Sensibilität im Umgang mit der äußersten Rechten gestiegen ist (in Köln etwa musste ein Kongress der Querfront abgesagt werden, weil den Initiatoren im letzten Augenblick die Säle verweigert wurden). Frauen demonstrieren regelmäßig für ihr Recht auf Selbstbestimmung gegen die selbsternannten Lebensschützer. Erwerbslose organisieren sich in verschiedenen Initiativen zur Verteidigung ihrer Rechte und Interessen. Die Antiglobalisierungsbewegung, Attac und andere Akteure machen kontinuierlich die ungerechte Weltordnung zum Thema. Studierende sowie Schülerinnen und Schüler fordern für sich eine lebenswerte Zukunft.
Auch in den Betrieben gibt es Kämpfe gegen Massenentlassungen, Produktionsverlagerungen, die Digitalisierung der Produktion und die Angriffe auf die Rechte der abhängig Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen. Gewerkschaften nicht nur die in ihren Teilbereichen oftmals kämpferischen Spartengewerkschaften, sondern auch Aktive in DGB-Gewerkschaften, bemühen sich darum, in schwer zu organisierenden Bereichen und unter prekär Beschäftigten Interessenvertretungen aufzubauen oder gegen Geschäftsleitungen vorzugehen, die Betriebsräte und Gewerkschaftsstrukturen in den Betrieben mit allen Mitteln bekämpfen. Noch viel zu wenig wird versucht, ein anderes Modell gewerkschaftlicher Aktivität zu erproben: eines, das auf die aktive Einbeziehung der Belegschaften in jeder Phase des Arbeitskampfs und auf größtmögliche Transparenz der Entscheidungsstrukturen setzt. Gerade auf das Motto „Gewerkschaft, das sind wir“ kommt es jedoch an, wenn lange und harte Arbeitskämpfe eine hohe und anhaltende Mobilisierungsbereitschaft erfordern.
Unsere Schwerpunkte
Unabhängig von unserem jeweiligen politischen Aktionsfeld wird es ohne bewusst organisierte und solidarisch handelnde Strukturen keine Wahrnehmung der durchaus existierenden Chancen für Widerstand geben – weder im Kleinen noch im Großen:
Ohne Résistance keine Chance
Unsere strategische Orientierung im Kampf gegen Armut, Ausbeutung, Unterdrückung, Umweltzerstörung und Krieg ist nicht neu, aber dennoch hochmodern: Wir wollen geduldig unsere gesellschaftliche und betriebliche Verankerung stärken, im Alltagskampf die Notwendigkeit einer antikapitalistischen und internationalistischen Orientierung deutlich machen und damit einen Beitrag zum Aufbau einer revolutionär-sozialistischen Organisation und Internationale leisten.
Hierbei setzen wir auf eine aktive und solidarische Bündnispolitik mit anderen Kräften und Strömungen der Linken und der ArbeiterInnenbewegung. Wir vernachlässigen jedoch unseren eigenen organisatorischen Aufbau als nützliches Instrument der Widerstandsbewegungen nicht.
Unser Aktionsschwerpunkt liegt im Aufbau einer außerparlamentarischen Opposition, wobei kämpferische Aktionseinheiten, vor allem wenn sie Ansätze für eine praktische Einheitsfront der arbeitenden Klasse fördern, geeignet sind, das gesellschaftliche Kräfteverhältnis zu verbessern.
Wir verstehen uns als aktiver Teil der außerparlamentarischen Bewegungen und nehmen nach Kräften an ihnen teil. Wir bringen unsere Positionen und Vorschläge in sie ein und stellen sie zur Diskussion, um sie im Dialog mit anderen zusammen weiterzuentwickeln. „Organizing“ ist ein Konzept, das sich nicht nur auf der betrieblichen Ebene anwenden lässt. Im selben Sinne nehmen wir an den linken Formierungsprozessen antikapitalistischer Kräfte teil außerhalb wie innerhalb der Partei Die Linke.“
[Fortsetzung folgt.]