O. G.
Es gibt immer noch keine vom weitgehend tatenlosen Bundestag gewählte neue Regierung. Aber der Kapitalismus funktioniert wie geschmiert.
Die einhundert umsatzstärksten börsennotierten Konzerne Deutschlands konnten letztes Jahr Rekorde verbuchen. Ihre Gewinne stieg in den ersten neun Monaten 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21 Prozent auf knapp 109 Milliarden Euro. Das geht aus einer Ende Dezember veröffentlichten Analyse der Unternehmensberatung EY hervor. Der Gesamtumsatz der 100 Firmen kletterte bereits in den ersten drei Quartalen von 2017 um knapp sieben Prozent auf 1,25 Billionen Euro.
Ein Forscherteam unter Leitung des französischen Ökonomen Thomas Piketty hat vor kurzem etwas dazu perfekt Passendes herausgefunden. Die Ungleichheit der Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland sei so groß wie im Wilhelmischen Kaiserreich von 1913! Bereits 2013 verfügten die reichsten 10 % Prozent der Bevölkerung über 40 Prozent des Gesamteinkommens, die unteren 50 % dagegen nur über 17 Prozent. Weltweit habe sich die Schere zwischen arm und reich vor allem seit 1980 immer weiter geöffnet.
Diese Entwicklung steht in krassem Widerspruch zum Grundgesetz (GG). Dort heißt es in Artikel 14 GG: „Eigentum verpflichtet.“ Und in Artikel 20 GG: „Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. […] Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Schön wär’s.
Eine Linke, die ihrem Anspruch auf Solidarität gerecht werden will, muss die Bekämpfung der sozialen Ungleichheit an erste Stelle setzen. Eine antikapitalistische Perspektive beinhaltet neben der Verhinderung von Geldwäsche und Steuerflucht progressive Steuersätze für die Reichen, Superreichen und Konzerne, die Stärkung demokratischer, insbesondere betrieblicher und gewerkschaftlicher Rechte sowie Mindestrenten und -löhne, von denen Menschen gut leben können.