Kapitalismus bekämpfen, Grundrechte verteidigen!
H. N. / I. S.
Der jüngste Terroranschlag in Hanau wirft auf den anhaltenden Rechtsruck in Deutschland ein noch grelleres Licht.
Nach der Wahl des FDP-Politikers Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen war von einem „Dammbruch“ die Rede. Nur Höckes AfD machte diese Wahl möglich. Nach Kemmerichs schnellem Rücktritt vor allem auf Druck aus Parteiführungen und Kapitalverbänden, wurde medial Entwarnung gegeben. Dann kam es zu den Morden in Hanau. War der braune „Versuchsballon“ im Erfurter Landtag also nur ein flüchtiger Spuk?
Wohl kaum. Der trotz der Hamburg-Wahl rasante Aufstieg der AfD, die Normalität von rechten Lügen und brauner Gewalt sprechen für sich. Der blutige Nazi-Terror, der sich im Land ausbreitet und von Staatsorganen vertuscht, ja sogar gestärkt wird, flankiert diese bedrohliche Entwicklung. Das alles sind keine „Unfälle“, sondern Teil einer Strategie zur Stärkung faschistischer Kräfte im Vorfeld der nächsten Wirtschaftskrise.
Wie konnte es soweit kommen? Eine Antwort auf diese Frage können wir nur finden, wenn wir die politischen, die sozialen und die systembedingten Ursachen dieser bedrohlichen Entwicklung verstehen.
75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz
Thüringen, Hanau …
Was tun?
Nicht nur die AfD konfrontiert uns seit Jahren mit niederträchtigen Hetzkampagnen. Mit Parolen wie „Flüchtlingsflut“, „Islamisierung“ oder „versiffte 68er“ machen rassistische Kreise auch aus den etablierten Parteien Stimmung.
Das faschistische Spektrum organisiert und unterstützt Terror. Es schürt Linkenhass, Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie und Fremdenfeindlichkeit. Bevorzugte Feindobjekte sind vor allem die Ärmsten der Armen; Menschen, die vor Krieg, Unterdrückung, Ausbeutung, Armut und Perspektivlosigkeit fliehen; Menschen, die deswegen ihr Leben riskieren.
Rassismus vertieft die Spaltung der arbeitenden Klasse. Gleichzeitig lenkt er damit von den Ursachen der Verarmung und der hemmungslosen Bereicherung an der Spitze der Gesellschaft ab.
In Deutschland, in der EU und weltweit wurden und werden aufgrund der neoliberalen Umverteilungspolitik der etablierten Parteien und durch die Bankenrettung enorme Mittel für gesellschaftliche Solidarität gekürzt. Diese dienten vor allem dazu, um Klassenauseinandersetzungen zu „befrieden“.
Vor dem Hintergrund des globalen Wirtschaftskrieges wird die anhaltende Offensive des Kapitals radikalisiert. Durch beschleunigte Prekarisierung, Verlagerung, Vernichtung und Zerstückelung von Arbeit wird systematisch die Entsolidarisierung der arbeitenden Klasse vorangetrieben.
Vordergründig geht es der rechten und ultrarechten Hetze um Wahlerfolge, zumal diese dreistellige Millionensummen an Steuergeldern in ihre Parteikassen spülen. Dieses Geld ermöglicht erfolgreiche Kandidaturen und Wahlkämpfe, kurz: eine relevante Einflussnahme auf den politischen Prozess und die parlamentarischen Strukturen.
Ziel der Nazis: Ungehemmte Ausbeutung und Unterdrückung
Strategisch geht es der faschistischen Rechten, im Bündnis mit den ihnen bekannten rechten Terrornetzwerken, um die Beseitigung demokratischer und sozialer Grund- und Menschenrechte. Sie identifiziert sich mit dem neoliberalen Ziel der Schwä- chung und Abschaffung aller „Profitbremsen“ ‒ dazu zählen sie auch Gewerkschaften und Betriebsräte.
Ihren Coup in Thüringen hat die AfD euphorisch als „politische Revolution“ gefeiert. Der wahre Kern solcher Phrasen ist, dass die AfD erstmals die politische Isolation auf Landesebene aufbrechen konnte. Sie verhinderte zunächst nicht nur Bodo Ramelows Wiederwahl, sondern sie ermöglichte eine Front mit den kooperationsbereiten Kräften in CDU und FDP. Sie trieb damit einen weiteren Keil ins bürgerliche Lager, was die gesellschaftliche Verschiebung nach rechts beschleunigt.
In neofaschistischen Kreisen wird dieses Vorgehen als „konstruktiv-destruktive“ Strategie gelobt. Indem Teile der CDU und der FDP die AfD gezielt hoffähig machen, wird die zunehmende Radikalisierung dieser Partei bestens kaschiert.
Welche Verantwortung haben Linke und Gewerkschaften am Rechtsruck?
Haben sie sich zu sehr um identitätspolitische Fragen und zu wenig um die materiellen Probleme der Lohnabhängigen und Prekarisierten gekümmert? Sind sie einerseits auf parlamentarische „Realpolitik“ und „Sozialpartnerschaft“, andererseits auf Selbstbeschränkung in linken Szenen fixiert?
Fakt ist jedenfalls, dass die verbliebene Minderheit der sozialistischen Linken noch immer mit den verbreiteten Illusionen in eine „Sozialpartnerschaft“ und den bisher gescheiterten Versuchen zur Überwindung des Kapitalismus zu kämpfen hat. Diese Fehlschläge haben nicht nur die alte Arbeiterbewegung zerstört, sondern eine glaubwürdige sozialistische Alternative scheinbar in das Reich der Utopie verbannt. Solange die antikapitalistische Linke das nicht realisiert, wird ihre Anziehungskraft überschaubar bleiben.
Wer, wenn nicht wir?
Wir treten deshalb dafür ein, das mit vielen anderen gemeinsam zu ändern. Durch den Aufbau einer konsequenten und kämpferischen Linken auch in den Gewerkschaften, die sich einsetzt für:
• die Unterstützung aller Bündnisse und Initiativen, die auf eine breitestmögliche Aktionseinheit aller antifaschistischen Kräfte orientieren;
• eine solidarische Klassenpolitik von unten gegen das auch in Teilen der arbeitenden Klasse verbreitete rassistische und nationalistische Gift;
• den Aufbau einer breiten außerparlamentarischen Bewe gung, die entschieden gegen die globalen Spaltungen der ar beitenden Klassen und für deren gemeinsame soziale Interessen eintritt.
Es ist höchste Zeit aufzustehen und aktiv zu werden:
Gegen Faschismus, Klimakatastrophe und Kapitalismus!
Für die Durchsetzung der Menschenrechte!