Beruhigung an der Preisfront?
E. B.
Auch im neuen Jahr rief das Aktionsbündnis „Solidarität statt Preistreiberei!“ zu einer Kundgebung auf. Sie fand am Dienstagabend, den 10. Januar 2023, auf dem Neumarkt in der Mannheimer Neckarstadt-West statt.
Im Mittelpunkt der Protestaktion stand dieses Mal die angebliche Beruhigung an der „Preisfront“. Redebeiträge der iL Rhein-Neckar (siehe hier) und der ISK forderten solidarische, antikapitalistische Alternativen gegen die sozialen Verheerungen der herrschenden Verhältnisse ein. Die vor Ort verteilten Flugblätter des Bündnisses wurden mit Interesse von den Passantinnen und Passanten angenommen.
Vor allem seit Jahresanfang gibt es zahllose Meldungen mit Überschriften wie „Inflation im Euroraum sinkt deutlich“ (FAZ vom 07.01.2023). Auch in Deutschland würde sich diese Entwicklung bemerkbar machen.
Hauptgrund dafür seien die „nicht mehr ganz so stark steigenden Energiekosten. In den übrigen Bereichen stiegen die Preise dagegen nahezu unvermindert an, vor allem Lebensmittel mit einem Plus von 13,6 Prozent verteuern den Alltag … Die sogenannte Kernteuerungsrate ohne Energie und Lebensmittel stieg sogar leicht auf 5,2 Prozent an.“ (FAZ vom 07.01.2023.)
Also kann doch von Entspannung vor allem für die Bezieherinnen und Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen keine Rede sein. Zumal die Teuerung ja in den meisten Bereichen die Rekordpreise von 2022 weiter erhöht und so enorme Zusatzgewinne vor allem großer Konzerne nicht nur im Energiebereich ermöglicht.
In krassem Gegensatz dazu stehen die bescheidenen bis skandalös geringen nominalen Erhöhungen von Löhnen, Gehältern, Renten und „Bürgergeld“. Sie können in der Regel nicht nur nicht mit der Preistreiberei Schritt halten, sondern verschärfen insbesondere bei prekär Beschäftigten, Erwerbslosen sowie Rentnerinnen und Rentnern die wachsende Armut.
EU-Gehälter an Inflation gekoppelt
Das Handelsblatt berichtete bereits am 15.07.2022: „Die Gehälter von EU-Angestellten sind an die Inflation gekoppelt. Daher dürften sie in diesem Jahr kräftig steigen.“ Bis zu 8,5 Prozent mehr seien für das Personal der europäischen Institutionen drin, „da sie sich an der Inflationsentwicklung in Belgien und Luxemburg orientieren … Das Lohnplus kommt nicht nur den Kommissionsbeamten zugute, sondern auch dem Personal anderer ‚EU-Organe‘, etwa den Abgeordneten und Angestellten des Parlaments und den Beschäftigten des Rats, in dem die Mitgliedsstaaten organisiert sind.“
Warum ist das kein Thema in Deutschland? Warum wird hierzulande praktisch nicht über die in Belgien und Luxemburg geltende gesetzlich festgelegte Anpassung der Einkommen an die Inflation berichtet? Das wären doch auch für die Bundesrepublik intelligente Regelungen zur Bekämpfung der Preistreiberei.
Das Aktionsbündnis fordert deshalb ganz im Sinne des Grundgesetzes, dass Politik und Wirtschaft den Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung und nicht denen einer kleinen Minderheit dienen dürfen.
Statt weiter Gewinne durch diese kleine Minderheit zu privatisieren und Verluste der großen Mehrheit der Bevölkerung aufzudrücken, sei ein grundlegend anderer Ansatz erforderlich. Die Wirtschaft müsse für die Menschen und die Umwelt da sein und nicht umgekehrt.
Deshalb solidarisiert sich der Zusammenschluss verschiedener gewerkschaftlicher und politischer Organisationen und Gruppen zum einen mit den Tarifkämpfen der Gewerkschaften für höhere Realeinkommen wie aktuell bei der Deutschen Post AG. Zum anderen steht er auf der Seite der Klimaschutzbewegung bei ihren Protesten gegen die anhaltende Naturzerstörung wie beispielsweise in Lützerath und Frankfurt/Fechenheim.
Auf der Kundgebung wurde deutlich ausgesprochen, dass es höchste Zeit ist, nicht wie die Bundesregierung weiter an Symptomen herumzudoktern, sondern das Übel an der Wurzel zu packen.
Die nächste Kundgebung gegen Preistreiberei findet am Dienstag, den 7. Februar 2023, um 18:00 Uhr auf dem Paradeplatz statt. Das nächste Treffen des Bündnisses findet am Donnerstag, den 23.02.23, um 18:00 Uhr im Mannheimer Gewerkschaftshaus statt.
Auf einem der am Neumarkt zu sehenden Plakate war zu lesen: „Solidarität schützt die Menschenwürde!“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Infos zum Aktionsbündnis „Solidarität statt Preistreiberei!“ gibt es hier.