Repression gegen streikende Kolleginnen und Kollegen
Bernard Schmid
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an gewerkschaftlichen Arbeitsniederlegungen sind im französischen wie im deutschen Recht vor Maßregelungen durch den „Arbeitgeber“ – das heißt vor disziplinarrechtlichen Sanktionen wegen ihrer Streikbeteiligung – geschützt.
Im derzeitigen Klima – sicherlich ermutigt durch die allgemeine Haltung des Regierungslagers – versuchen nun gleich mehrere prominente Unternehmen in Frankreich, diese Beschränkung abzuschütteln.
Arbeitsverbot bei der Post
Eines von ihnen ist La Poste. Das französische Postunternehmen gehört zu 34 % direkt dem französischen Staat und zu 66 % der durch die öffentliche Hand kontrollierten Bank CDC (Caisse des dépôts et consignations – Kasse für Depots und Kommissionsgeschäfte).
Während der massenhaften Protestbewegung zur Bekämpfung der am 15. April 2023 in Kraft gesetzten „Rentenreform“ legten im Frühjahr 2023 auch Postbedienstete im südwestfranzösischen Bezirk Pyrénées-Orientales (Bezirk Nummer 66, Ostpyrenäen, Hauptstadt Perpignan) die Arbeit nieder und hielten drei Wochen lang ohne jegliche Form von Gewaltanwendung einen Streikposten aufrecht. Die Unternehmensleitung leitete dennoch rechtliche Schritte gegen die Kolleginnen und Kollegen ein. Angeblich hätten sie, so die Behauptung des Post-Managements, durch das Streikpostenstehen „auf illegale und konzertierte Weise die Arbeit von Anderen behindert“.
Auf arbeits- bzw. disziplinarrechtlicher Ebene lud die Post zudem den Generalsekretär des Bezirksverbands der CGT-Gewerkschaft der Postbediensteten (CGT-FAPT 66), Alexandre Pignon, am 4. Juli 2023. zu einem Disziplinargespräch vor.
Einige Wochen später wurde der Kollege durch die Post hart sanktioniert: anderthalb Jahre mise à pied, das heißt Arbeitsverbot und Entfernung vom Arbeitsplatz ohne Bezahlung für achtzehn Monate.
Kündigung bei Euro Disney
Ein weiteres − in diesem Fall privates − Unternehmen ist Euro Disney, Betreiber des bekannten Freizeitparks und französischen Disneyland-Ablegers in der Nähe von Marne-la-Vallée südöstlich von Paris.
Dort fanden im Mai und Juni dieses Jahres mehrere Mobilisierungen von abhängig Beschäftigten und Demonstrationen für Lohnerhöhungen in Inflationszeiten statt. In den letzten Wochen wurden daraufhin Kündigungsversuche gegen fünf Lohnabhängige bei Euro Disney eingeleitet.
Bald darauf wurden diese Drohungen gegen einen ersten der betroffenen Kollegen wahrgemacht. Als Vorwand für die nunmehr ausgesprochene Kündigung diente eine Waffel, die angeblich einem Besucher des Vergnügungsparks schlecht serviert worden war.
Dies sind nur zwei „kleine“ Beispiele für die auch in Frankreich zunehmenden Angriffe auf gewerkschaftlich aktive Kolleginnen und Kollegen. Es ist höchste Zeit, dass Gewerkschaften diesen Klassenkampf von oben erkennen und gemeinsam dagegen konsequent Front machen.