Semi­nar zum Rechts­extre­mis­mus im Betrieb

Den Ein­fluss der AfD in den Betrie­ben stoppen

 

S. T.

Um dem zuneh­men­den Ein­fluss ras­sis­ti­scher und faschis­ti­scher Het­ze in den Wein­hei­mer Freu­den­berg-Betrie­ben etwas ent­ge­gen­zu­set­zen, führ­te die Orts­grup­pe Wein­heim der IGBCE am 19. Okto­ber 2024 ein Semi­nar mit dem Refe­ren­ten Sebas­ti­an Ram­nitz durch.

Protest gegen Abbau bei Freudenberg in Weinheim, 27. April 2017. (Foto: Avanti².)

Pro­test gegen Abbau bei Freu­den­berg in Wein­heim, 27. April 2017. (Foto: Avanti².)

Der Hin­ter­grund ist: Die AfD und rechts­extre­me Grup­pen haben in den ver­gan­ge­nen Jah­ren gera­de in Betrie­ben und auch bei Gewerk­schafts­mit­glie­dern mas­siv an Ein­fluss gewon­nen. Die­se Ent­wick­lung för­dert nicht nur den wei­te­ren Rechts­ruck in der Gesell­schaft, son­dern sie wirkt sich auch unmit­tel­bar auf die Hand­lungs­fä­hig­keit der Gewerk­schaf­ten aus.

Anhän­ger der extre­men Rech­ten befeu­ern anti­de­mo­kra­ti­sche und ras­sis­ti­sche Vor­ur­tei­le, ver­dre­hen und miss­ach­ten Fak­ten und ver­brei­ten Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen. Im Semi­nar ging es um ver­schie­de­ne Erklä­rungs­an­sät­ze für den Auf­stieg rechts­po­pu­lis­ti­scher bzw. rechts­extre­mer Par­tei­en und Bewe­gun­gen. Unter­schie­den wer­den kann zum Bei­spiel zwi­schen öko­no­mi­schen Ansät­zen und sol­chen, die kul­tu­rel­le Kon­flik­te ins Zen­trum rücken.

Für „die Ver­ein­nah­mung der Mas­sen“ benut­zen Rechts­po­pu­lis­ten unter ande­rem eine Anti-Estab­lish­ment-Hal­tung, in der eine Gegen­über­stel­lung von „Volk“ und „Eli­te“ zen­tral ist und ein exklu­si­ver Volks­be­griff ver­tre­ten wird.

Hass und Hetze
Zuwan­de­rung leh­nen die­se Rech­ten radi­kal ab und sie ver­ach­ten demo­kra­ti­sche Insti­tu­tio­nen. Dabei instru­men­ta­li­sie­ren sie Kri­sen­si­tua­tio­nen wie die Coro­na-Pan­de­mie, den Ukrai­ne-Krieg oder die Her­aus­for­de­run­gen, die sich bei der Abwehr der Kli­ma-Zer­stö­rung ergeben.

Über­durch­schnitt­lich emp­fäng­lich für rech­tes Gedan­ken­gut sind Men­schen, die in Kri­sen­zei­ten finan­zi­el­le Sor­gen oder Angst vor Arbeits­platz­ver­lust haben und deren Ver­trau­en in demo­kra­ti­sche und öffent­li­che Insti­tu­tio­nen gering ist. Beson­ders häu­fig fin­det man die­se Ein­stel­lun­gen im Kreis der­je­ni­gen, die be- reits Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen rund um die Coro­na-Pan­de­mie zuge­neigt waren.

Öko­no­mi­schen Ansät­zen zur Erklä­rung der Rechts­ent­wick­lung ist gemein­sam, dass sie die Ent­ste­hung rechts­po­pu­lis­ti­scher Ori­en­tie­run­gen als Ergeb­nis ver­schärf­ter Ver­tei­lungs­kämp­fe ver­ste­hen. Sie erklä­ren rechts­extre­me Ori­en­tie­run­gen unter ande­rem als Aus­druck zuneh­men­der sozia­ler Spal­tun­gen in der Arbeits­welt, als ver­dräng­te Klas­sen­pro­ble­ma­tik, als Abwer­tung von Arbeiter:innen und als Ergeb­nis von Frem­den­feind­lich­keit und Rassismus.

Die sozio­öko­no­mi­sche Pola­ri­sie­rung der ver­gan­ge­nen Jah­re hat Ver­lie­rer­grup­pen her­vor­ge­bracht, die beson­ders ansprech­bar für rechts­po­pu­lis­ti­sche Ange­bo­te wurden.

Schlech­te Arbeits­be­din­gun­gen und das sich dar­aus erge­ben­de Poten­zi­al für Frust sowie Benach­tei­li­gungs- und Ohn­machts­er­le­ben sind ein Nähr­bo­den für die Ent­ste­hung anti­de­mo­kra­ti­scher Ein­stel­lun­gen, die dann von rech­ten Par­tei­en genutzt wer­den. Hier spie­len der Fak­tor Arbeit und die finan­zi­el­len Ver­hält­nis­se in den Haus­hal­ten eine zen­tra­le Rol­le. Die Ungleich­heit der Ein­kom­men hat, schon vor Beginn der Coro­na-Kri­se, einen neu­en Höchst­stand erreicht.

Anti­fa­schis­mus als Gewerkschaftsaufgabe
Nicht zuletzt ste­hen auch die Gewerk­schaf­ten vor der Auf­ga­be, gegen Abwer­tungs­er­fah­run­gen in der Arbeits­welt anzu­tre­ten, die den Rechts­extre­men und Faschis­ten in die Hän­de spielen.

Aller­dings ist eine sys­te­ma­ti­sche Orga­ni­sie­rung der Gegen­wehr bis­lang weit­ge­hend ausgeblieben.

Viel zu oft wird in den Betrie­ben lei­der so reagiert:
• Gewöh­nung: Rech­te und ras­sis­ti­sche Nar­ra­ti­ve fin­den Ein­gang in die All­tags­kom­mu­ni­ka­ti­on im Betrieb.
• Ver­drän­gung: Gewerk­schaft­li­che Anlie­gen, die über Tariffra­gen und den Betriebs­all­tag hin­aus­ge­hen, schei­nen zuneh­mend unerwünscht.
• Ver­un­si­che­rung: Die Befürch­tung mög­li­cher Mit­glie­der­ver­lus­te steht einer ein­deu­ti­gen poli­ti­schen Posi­tio­nie­rung entgegen.

Die erwähn­ten Gewöh­nungs­ef­fek­te sind nicht zu unter­schät­zen. Die stän­di­ge Wie­der­ho­lung ras­sis­ti­scher Res­sen­ti­ments, Halb­sät­ze und Schlag­wör­ter führt dazu, dass auch von bis­her Unbe­tei­lig­ten die Rea­li­tät zuneh­mend unter dem Blick­win­kel ras­sis­ti­scher Deu­tungs­mus­ter inter­pre­tiert wird.

Aus­sa­gen wie „Wir kön­nen nicht noch mehr Flücht­lin­ge in Deutsch­land auf­neh­men“ sor­gen dafür, dass der Ras­sis­mus zunimmt. Oft­mals sind sol­che Äuße­run­gen kein klas­sisch rech­tes Gedan­ken­gut, aber auch damit wer­den die Türen immer wei­ter für rech­te und faschis­ti­sche Ideo­lo­gien geöffnet. 
Es gilt, die­ser gefähr­li­chen Ent­wick­lung ent­schlos­sen und über­legt entgegenzutreten.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar März 2025
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