200 Jah­re Karl Marx (7.Teil)

Mehr­wert­pro­duk­ti­on als ver­schlei­er­te Ausbeutung

 

Manu­el Kellner

 

Jede Ware muss einen Gebrauchs­wert haben. Sie muss aber auch einen Tausch­wert haben, damit sie von einer Hand in die ande­re gelan­gen kann. Eine bestimm­te Ware wird zum all­ge­mei­nen Gegen­wert getauscht. Sie erwirbt damit einen neu­en Gebrauchs­wert als Zah­lungs­mit­tel, Mit­tel der Wert­ab­schät­zung und der Schatzbildung.

In der ein­fa­chen Waren­pro­duk­ti­on berei­chert sich nor­ma­ler­wei­se nie­mand auf Kos­ten ande­rer. Anders sieht das in der ent­wi­ckel­ten Waren­pro­duk­ti­on aus, in der das Geld zum Kapi­tal gewor­den ist.

Die Prei­se bil­den sich durch Ange­bot und Nach­fra­ge ver­mit­telt über die Kauf­hand­lun­gen auf dem Markt her­aus. Dabei schwan­ken die Prei­se um den Wert und pen­deln sich auf die ent­spre­chen­de Höhe ein. Die Höhe des Werts wird durch die gesell­schaft­lich not­wen­di­ge Arbeits­zeit bestimmt, die zur Pro­duk­ti­on der ent­spre­chen­den Ware erfor­der­lich ist. Dabei wird die Arbeit nicht als kon­kre­te Arbeit auf­ge­fasst, die ganz bestimm­te Pro­duk­te her­vor­bringt, son­dern als abs­trak­te Arbeit, als mensch­li­che Arbeit überhaupt.

Pappkamerad Marx in Trier, 7. Juli 2018

Papp­ka­me­rad Marx in Trier, 7. Juli 2018 (Foto: Avanti²)

Kapi­tal

Kapi­tal ist zunächst ein­fach eine Geld­sum­me, die sich ver­mehrt. Die­ses zusätz­li­che Geld ist der Mehr­wert. Beim Wucher­ka­pi­tal geschieht das ganz direkt, indem der Zins dem Schuld­ner ein­fach aus der Tasche gezo­gen wird. Doch auch das Han­dels­ka­pi­tal ver­mehrt sich durch Wert­über­tra­gung von einer Tasche in die ande­re, indem Waren bil­li­ger ein­ge­kauft als ver­kauft wer­den. In einer gesam­ten Nati­on kann so der Reich­tum ins­ge­samt nicht ver­mehrt wer­den. In der poli­ti­schen Öko­no­mie, der klas­si­schen Volks­wirt­schafts­leh­re, wur­de des­halb der fol­gen­den Fra­ge nach­ge­gan­gen: Wie kann es sein, dass sich der Reich­tum ein­zel­ner und zugleich der Gesamt­reich­tum einer Nati­on ver­meh­ren kann, auch wenn der Tausch von Waren mit glei­chen Wer­ten (Äqui­va­len­ten­tausch) vor­aus­ge­setzt wird?

Dafür ist eine Klas­se von Men­schen Vor­aus­set­zung, die nichts zu ver­kau­fen haben außer ihrer Arbeits­kraft. Die­se müs­sen sie ver­kau­fen, um über­le­ben zu kön­nen. Kapi­tal­ei­gen­tü­mer kau­fen die­se Arbeits­kraft und set­zen sie in der Pro­duk­ti­on ein. Der Wert der Ware Arbeits­kraft ent­spricht ihren gesell­schaft­lich gege­be­nen Repro­duk­ti­ons­kos­ten (Lebens­hal­tungs­kos­ten). Sie wird mit dem Arbeits­lohn bezahlt. Die pro­du­zier­ten Waren kön­nen vom Kapi­tal­ei­gen­tü­mer eben­falls zu ihrem Wert ver­kauft wer­den. Trotz­dem hat er nach die­sem Vor­gang sein ein­ge­setz­tes Kapi­tal nicht nur wie­der zurück­er­hal­ten, son­dern ver­mehrt. Wie kann das geschehen?

Mehr­wert

Inso­fern die Arbeit als kon­kre­te Arbeit betrach­tet wird, über­tra­gen die Arbei­te­rIn­nen den gan­zen Arbeits­tag über den Wert der Roh­stof­fe und Maschi­nen auf das End­pro­dukt. Wenn sie aber als abs­trak­te, wert­schöp­fen­de, waren­pro­du­zie­ren­de Arbeit betrach­tet wird, bringt sie lau­fend neu­en Wert hervor.

Einen Teil des Arbeits­tags wen­den die Beschäf­tig­ten dafür auf, den Gegen­wert (das Äqui­va­lent) ihres Arbeits­lohns zu pro­du­zie­ren: Das ist die not­wen­di­ge Arbeit. Wäh­rend des ver­blie­be­nen Teils erzeu­gen sie einen zusätz­li­chen Wert: Das ist die Mehr­ar­beit. Aus ihr kommt der Mehr­wert, der beim Ver­kauf der Ware rea­li­siert wer­den kann.

Aus­beu­tung

Den Mehr­wert ver­su­chen die Kapi­tal­ei­gen­tü­mer mit zwei ver­schie­de­nen Mit­teln zu ver­grö­ßern. Ers­tens durch die Ver­län­ge­rung des Arbeits­tags (abso­lu­ter Mehr­wert) und zwei­tens durch die Ver­kür­zung der not­wen­di­gen Arbeit (rela­ti­ver Mehr­wert). Letz­te­res erfor­dert die Erhö­hung der Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät durch ratio­nel­le­re Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on, ver­stärk­ten Ein­satz von Maschi­ne­rie und durch tech­ni­schen Neu­run­gen. In der kapi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­wei­se dreht sich der ele­men­ta­re Klas­sen­kampf daher eben­so sehr um die Arbeits­zeit und die Arbeits­be­din­gun­gen wie um die Lohnhöhe.

Kapi­ta­lis­ti­sche Aus­beu­tung ist viel­fach ver­schlei­ert. Die Betei­lig­ten erschei­nen als freie und sou­ve­rä­ne Waren­ei­gen­tü­mer. Bei Kauf und Ver­kauf ihrer Waren soll­ten sie idea­lis­ti­scher Wei­se nicht geprellt wer­den. Doch der „Vam­pir­durst“ des Kapi­tals nach Mehr­wert (Karl Marx) peitscht die kapi­ta­lis­ti­sche Pro­duk­ti­ons­wei­se vor­an und droht, die Mensch­heit ins Ver­der­ben zu treiben.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Okto­ber 2018
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