Was wur­de aus der Novemberrevolution?”

Semi­nar der ISO Rhein-Neckar

 

U. D.

Am Sams­tag, dem 08. Dezem­ber 2018, fand das Semi­nar der ISO Rhein-Neckar zur Novem­ber­re­vo­lu­ti­on 1918 statt. Zwei Genos­sen refe­rier­ten über ihre Ursa­chen, ihren Ver­lauf und ihr Schei­tern. Viel­fäl­ti­ge Anmer­kun­gen, Dis­kus­si­ons­bei­trä­ge und Nach­fra­gen aus dem Kreis der Teil­neh­me­rIn­nen run­de­ten einen gelun­ge­nen Nach­mit­tag ab.

Es lohnt sehr, sich mit die­sem „deut­schen“ Ver­such einer sozia­lis­ti­schen Revo­lu­ti­on zu befas­sen. Die fol­gen­de, lücken­haf­te Semi­nar-Zusam­men­fas­sung soll dazu anregen.

Ursa­chen und Aus­lö­ser der* Novemberrevolution
Der Ers­te Welt­krieg mit sei­nen Gräu­eln, sei­nen Ent­beh­run­gen und sei­nen Mil­lio­nen Toten war die ent­schei­den­de Ursa­che der Novemberrevolution.

Der wach­sen­de poli­tisch-orga­ni­sa­to­ri­sche Ein­fluss der sozia­lis­ti­schen Arbei­te­rIn­nen­be­we­gung vor dem Ers­ten Welt­krieg hat­te ihn jedoch nicht ver­hin­dert. Die Zustim­mung der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Reichs­tags­frak­ti­on zu den Kriegs­kre­di­ten am 04. August 1914 führ­te in der Fol­ge zur Spal­tung der SPD in Kriegs­be­für­wor­ter und Kriegsgegner.

Die Exis­tenz klei­ner klas­sen­be­wuss­ter, revo­lu­tio­nä­rer Ker­ne vor allem in den (Metall-) Betrie­ben Ber­lins war ein zen­tra­ler Fak­tor des Wider­stands gegen den Krieg. Sie waren geheim orga­ni­siert und nann­ten sich selbst „Revo­lu­tio­nä­re Obleu­te“. Ihr Spre­cher war Richard Mül­ler. Die­se Ker­ne waren wesent­li­che Orga­ni­sa­to­ren der gro­ßen Anti­kriegs­streiks 1916, 1917 und 1918 und wich­ti­ge Akti­vis­ten der Novemberrevolution.

Einen bedeu­ten­den Ein­fluss auf die Ent­wick­lung im Deut­schen Reich hat­ten die bei­den rus­si­schen Revo­lu­tio­nen des Jah­res 1917. Sie stärk­ten die Hoff­nun­gen auf Frie­den und radi­ka­le gesell­schaft­li­che Veränderungen.

Nicht zuletzt sind die Matro­sen der kai­ser­li­chen Kriegs­flot­te zu erwäh­nen. Ihre Meu­te­rei gegen einen Ein­satz­be­fehl noch Ende Okto­ber 1918 lös­te letzt­end­lich in Kiel die gemein­sam mit den Arbei­te­rIn­nen „begon­ne­ne“ Revo­lu­ti­on aus.

Ver­lauf der Novemberrevolution
Die Revo­lu­ti­on ver­lief anfangs unge­heu­er dyna­misch. Inner­halb weni­ger Tage bil­de­ten sich im gan­zen Land hun­der­te von Arbei­ter- und Sol­da­ten­rä­ten. Die alte Obrig­keit und der Adel wichen dem revo­lu­tio­nä­ren Ansturm. Zum Teil kam es zur Grün­dung von Räte­re­pu­bli­ken (u. a. in Bre­men und München).

Eine gro­ße Schwä­che der revo­lu­tio­nä­ren Bewe­gung war ihr Ver­trau­en in die „alte“ Sozi­al­de­mo­kra­tie. Nicht zuletzt waren die Revo­lu­tio­nä­rIn­nen unge­nü­gend poli­tisch orga­ni­siert und verankert.

Erheb­li­che Bedeu­tung für den Aus­gang der Revo­lu­ti­on hat­te die ver­rä­te­ri­sche Rol­le der dama­li­gen Mehr­heits­so­zi­al­de­mo­kra­tie (MSPD) unter Ebert, Schei­de­mann und Noske. Der MSPD-Füh­rung ging es nicht um die Über­win­dung des Kapi­ta­lis­mus und die Errich­tung einer sozia­lis­ti­schen (Räte-) Republik.

Ihr Ziel war die Ein­däm­mung und Kon­trol­le der revo­lu­tio­nä­ren Wel­le und in Tei­len sogar der Erhalt der Mon­ar­chie. Dafür war sie bereit, die reak­tio­nä­ren und ultra­na­tio­na­lis­ti­schen Frei­korps­ver­bän­de mili­tä­risch gegen die revo­lu­tio­nä­ren Kräf­te ein­zu­set­zen. 5.000 sozia­lis­ti­sche Arbei­te­rIn­nen, Matro­sen und Sol­da­ten fie­len dem blu­ti­gen Wüten von Frei­korps und Reichs­wehr zum Opfer. Dar­un­ter Rosa Luxem­burg und Karl Lieb­knecht, die am 15. Janu­ar 1919 ermor­det wurden.

Fol­gen der Novemberrevolution
Noch 1919 und in den Fol­ge­jah­ren kam es in der Wei­ma­rer Repu­blik zu mas­si­ven Kämp­fen zwi­schen revo­lu­tio­nä­ren und reak­tio­nä­ren Kräf­ten. Letzt­end­lich wur­de die Revo­lu­ti­on besiegt und der Kapi­ta­lis­mus gerettet.

Auf­grund die­ser Ent­wick­lung ver­tief­te sich die Spal­tung der Arbei­te­rIn­nen­be­we­gung sowohl poli­tisch-orga­ni­sa­to­risch wie auch hin­sicht­lich einer ein­heit­li­chen Akti­ons­fä­hig­keit. Ohne dies hier näher aus­füh­ren zu kön­nen, war sie auch für die büro­kra­tisch-dik­ta­to­ri­sche Ent­wick­lung Sowjet­russ­lands unter Sta­lin und die Sta­li­ni­sie­rung der III. Inter­na­tio­na­le mitverantwortlich.

RSB-Plakat: Sozialismus oder Barbarei (Rosa Luxemburg)

RSB-Pla­kat: Sozia­lis­mus oder Bar­ba­rei (Rosa Luxemburg)

Ein Sieg der deut­schen Novem­ber­re­vo­lu­ti­on 1918 hät­te mit gro­ßer Sicher­heit der Geschich­te Deutsch­lands, Euro­pas und der Welt im 20. Jahr­hun­dert eine ande­re Rich­tung gege­ben. So aber führ­te der Weg von der Nie­der­schla­gung der Novem­ber­re­vo­lu­ti­on in weni­gen Jah­ren zum Sieg des Faschis­mus, sei­nen mör­de­ri­schen Kon­zen­tra­ti­ons- lagern, dem Holo­caust und den Schlacht­fel­dern des II. Weltkrieges

Zum Schluss zwei Buchempfehlungen
Wer nicht am Semi­nar teil­neh­men konn­te, hat einen fun­dier­ten Ein­stieg in das The­ma ver­passt. Um die­sen nach­ho­len zu kön­nen, emp­feh­len wir die Lek­tü­re vor allem fol­gen­der bei­den Bücher:

Zum les­ba­ren Ein­stieg Die deut­sche Revo­lu­ti­on von Sebas­ti­an Haff­ner, 1969 unter dem bezeich­nen­den Titel Die ver­ra­te­ne Revo­lu­ti­on erstveröffentlicht.
Zudem das span­nen­de, aber umfang­rei­che Werk Eine Geschich­te der Novem­ber­re­vo­lu­ti­on von Richard Mül­ler (dem Spre­cher der „Revo­lu­tio­nä­ren Obleute“).

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Janu­ar 2019
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