Fir­men und Kon­zer­ne als „Inves­ti­ti­ons­ob­jek­te“

Beleg­schaf­ten als Spiel­ball des Großkapitals?

(Teil I)

S. T.

Ein Gespenst geht um. Auch in der Rhein-Neckar-Regi­on. Immer öfter kommt es zum Kauf bezie­hungs­wei­se Ver­kauf von Fir­men, ja von gan­zen Kon­zer­nen. ABB und Hita­chi, Als­tom und Gene­ral Elec­tric, Nora und Inter­face, PFW und Hut­chin­son, VAG und Aure­li­us – das sind nur eini­ge der Namen, die in der letz­ten Zeit bekannt gewor­den sind.

Vom Ver­kauf eines Kon­zerns, eines Unter­neh­mens oder einer Fir­ma, in wel­cher Form auch immer, pro­fi­tie­ren im Zwei­fels­fall immer die betei­lig­ten „Inves­to­ren“. Die Beleg­schaf­ten, die den jewei­li­gen Laden am Lau­fen hal­ten, jedoch so gut wie nie.

Protest gegen GE in Frankfurt/Main, 17. September 2016 (Foto: Avanti²)

Pro­test gegen GE in Frankfurt/Main, 17. Sep­tem­ber 2016 (Foto: Avanti²)

Erst ver­kauft und dann auch noch betrogen
Vor­ab ein Bei­spiel, das so oder so ähn­lich in der Rhein-Neckar-Regi­on pas­siert ist:

Ein Unter­neh­men stand kurz vor der (wirk­li­chen) Schlie­ßung. Ein aus­län­di­scher Inves­tor hat die­ses Unter­neh­men über­nom­men und „gene­ral­sa­niert“. Das heißt, mas­si­ver Per­so­nal­ab­bau, „Über­prü­fung“ aller Arbeits­ab­läu­fe, Abbau betrieb­li­cher und tarif­li­cher Lohn- und Arbeitsbedingungen.

Jetzt arbei­ten dort die Über­bleib­sel der Beleg­schaft, die vor­her tarif­ge­bun­den war, ohne Tarif­bin­dung und für weit weni­ger als die Hälf­te der ehe­ma­li­gen Tarifentgelte.

Auch wenn ein Teil der Arbeits­plät­ze erhal­ten geblie­ben ist, so ist aus unse­rer Sicht den­noch nicht von einem posi­ti­ven Bei­spiel zu spre­chen. Wenn Ihr das anders bewer­tet oder Fäl­le kennt, bei denen es nach einem Ver­kauf für eine Beleg­schaft ohne Ein­schrän­kung bes­ser gewor­den ist, dann berich­tet uns das bitte.

Aus­blu­ten durch „Finanz­in­ves­to­ren“
Es gibt Unter­neh­mens­ver­käu­fe, bei denen sich im ers­ten Moment nicht viel für eine Beleg­schaft ändert. Das hängt aber in der Regel mit der Stra­te­gie des „Inves­tors“ zusam­men. So fol­gen „Finanz­in­ves­to­ren“ einer grund­le­gend ande­ren Stra­te­gie als soge­nann­te „stra­te­gi­sche Investoren“.

Finanz­in­ves­to­ren“ wol­len mit dem Ein­satz von mög­lichst wenig Eigen­ka­pi­tal und mit gerin­gem Risi­ko mög­lichst viel Pro­fit in mög­lichst kur­zer Zeit machen. Sie neh­men bei rela­tiv gerin­gem Eigen­ka­pi­tal­an­teil gro­ße Kre­di­te auf und kau­fen damit ein Unter­neh­men. Ihr Ziel ist es, die­ses nach einer gewis­sen Zeit, natür­lich mit einer sat­ten Preis­stei­ge­rung, wei­ter zu verkaufen.

In der Zeit, in der die gekauf­ten Unter­neh­men unter der Herr­schaft der „Finanz­in­ves­to­ren“ ste­hen, wird oft­mals nur wenig in das lau­fen­de Geschäft ein­ge­grif­fen. Das gekauf­te Unter­neh­men muss in der Regel selbst die Kre­dit­last tra­gen. Die im Unter­neh­men erwirt­schaf­te­ten Gewin­ne wer­den selbst­ver­ständ­lich vom „Inves­tor“ abkassiert.

Doch der größ­te Pro­fit ent­steht zumeist beim nächs­ten Ver­kauf des Unter­neh­mens. Gemes­sen am ein­ge­setz­ten Eigen­ka­pi­tal sind Ren­di­ten von bis zu 100 % kei­ne Sel­ten­heit. Wenn der nach­fol­gen­de Käu­fer dann erneut ein „Finanz­in­ves­tor“ ist, geht das glei­che Spiel, nur in ver­schärf­ter Form – sonst wür­de das Sys­tem nicht funk­tio­nie­ren – wie­der von vor­ne los.

Stra­te­gi­sche Inves­to­ren“ als Alternative?
„Stra­te­gi­sche Inves­to­ren“ ver­fol­gen in der Regel etwas ande­re Zie­le als „Finanz­in­ves­to­ren“. Die­se sind prak­tisch immer „Exit-ori­en­tiert“. Der „stra­te­gi­sche Inves­tor“ hat natür­lich bei einer Betei­li­gung oder Über­nah­me eben­falls Ren­di­te­zie­le, aber sie sind nicht so kurz­fris­tig wie bei „Finanz­in­ves­to­ren“.

Stra­te­gi­sche Inves­to­ren“ inter­es­sie­ren sich für den Zugriff auf Tech­no­lo­gien, Exper­ten­wis­sen und neue Märk­te bis hin zur „Markt­be­rei­ni­gung“. Der Ver­kauf einer neu erwor­be­nen Betei­li­gung an Drit­te kommt meist nur dann in Betracht, wenn sich die gesetz­ten Zie­le nicht umset­zen las­sen oder sich im Lau­fe der Zeit ändern.

Auch wenn „stra­te­gi­sche Inves­to­ren“ weni­ger „gie­rig“ als rei­ne „Finanz­in­ves­to­ren“ erschei­nen – es geht ihnen nicht um die arbei­ten­den Men­schen, son­dern um „nach­hal­ti­ge“ Pro­fi­te. Ins­be­son­de­re wenn sich die erwar­te­ten Vor­tei­le einer Betei­li­gung oder Über­nah­me nicht ein­stel­len ent­ste­hen gro­ße Risi­ken für Arbeits- und Aus­bil­dungs­plät­ze. Denn auch ein „stra­te­gi­scher Inves­tor“ kann die­se gefähr­den. Es ist also für einen Betriebs­rat und eine Beleg­schaft in jedem Fall erfor­der­lich, sich die eige­nen Inter­es­sen und Zie­le bewusst zu machen und die Ziel­set­zun­gen von „Inves­to­ren“ kri­tisch zu prüfen.

[Fort­set­zung folgt.]

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Janu­ar 2020
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