Aktio­nen gegen die Preistreiberei

In Mon­nem uff de Gass“

E. B.

Schon seit meh­re­ren Mona­ten orga­ni­siert das Akti­ons­bünd­nis „Soli­da­ri­tät statt Preis­trei­be­rei!“ in der Mann­hei­mer Innen­stadt Kund­ge­bun­gen, Pla­kat­mär­sche und Flug­blatt­ver­tei­lun­gen gegen die aktu­el­len Preis­stei­ge­run­gen. Bei der Akti­on am 6. Dezem­ber 2022 auf dem Mann­hei­mer Markt­platz hielt Ursu­la Jochim vom Offe­nen Stadt­teil­tref­fen Neckar­stadt (OST) die Haupt­re­de. Wir geben sie im Fol­gen­den wieder.


Lie­be Mann­hei­me­rin­nen, lie­be Mannheimer,

Kundgebung am 6. Dezember 2022. (Foto: NovoLuce.)

Kund­ge­bung am 6. Dezem­ber 2022. (Foto: NovoLuce.)

zum hei­ßen Win­ter mobi­li­siert in Mann­heim das Bünd­nis „Soli­da­ri­tät statt Preis­trei­be­rei!“ um dar­auf hin­zu­wei­sen, dass sich für immer mehr Men­schen in unse­rer Gesell­schaft ganz exis­ten­zi­el­le Fra­gen stellen.

Wel­che Lebens­mit­tel kann ich mir noch leis­ten? Wel­che muss ich vom Ein­kaufs­zet­tel strei­chen? Wie soll ich im nächs­ten Monat die Heiz­kos­ten, wie die Mie­te bezahlen? 

Das sind Fra­gen, mit denen sich bald jeder beschäf­ti­gen muss, obwohl wir alle wis­sen, dass wir in einem rei­chen Land leben.

Ver­brei­te­te Exis­tenz­angst
Immer mehr Men­schen haben Angst, Essen und Woh­nen nicht mehr bezah­len zu kön­nen. Mit einem Wort: Existenzangst. 

Inter­es­siert das die Abge­ord­ne­ten im Deut­schen Bun­des­tag und die Gemein­de­rä­te in der Stadt Mann­heim überhaupt? 

Eine Stu­die, in Auf­trag gege­ben von der frü­he­ren Arbeits­mi­nis­te­rin Andrea Nah­les, kommt für die Zeit von 1998 bis 2015 zu fol­gen­dem Ergeb­nis: Eine Geset­zes­än­de­rung wur­de umso eher umge­setzt, je mehr Rei­che sie befürworteten. 

Ganz anders bei For­de­run­gen aus der Mit­tel­schicht. Da ist die Poli­tik taub: Die For­de­run­gen wer­den weit­ge­hend igno­riert und der Poli­tik ist es prak­tisch egal, wie vie­le Men­schen aus der Mit­tel­schicht eine bestimm­te Ver­än­de­rung wünschen. 

Bei der unters­ten Ein­kom­mens­grup­pe scheint die Poli­tik doch tat­säch­lich hinzuhören: 

Je mehr Men­schen aus der unters­ten Ein­kom­mens­grup­pe eine bestimm­te Ver­än­de­rung befür­wor­te­ten, des­to gerin­ger die Chan­ce auf eine Gesetzesänderung. 

Das also haben wir von der Poli­tik zu erwarten.

Bedroh­li­che Krisen
Der Kapi­ta­lis­mus mit sei­ner kurz­sich­ti­gen Gier nach immer mehr Gewinn ist die Ursa­che der heu­ti­gen Kri­sen: Umwelt- und Kli­ma­zer­stö­rung, Auf­rüs­tung und Krieg, Kin­der­ar­mut und Bil­dungs­mi­se­re – und jetzt auch noch die Infla­ti­on. Die­se Kri­sen bedro­hen unzäh­li­ge Menschen. 

Ich spre­che hier als Ver­tre­te­rin des Offe­nen Stadt­teil­tref­fen Neckar­stadt – kurz: OST

Wir sind eine Bürger:inneninitiative, die sich seit Jah­ren mit der Woh­nungs­si­tua­ti­on in der Neckar­stadt aus­ein­an­der­setzt. In die­ser Rol­le spre­che ich heu­te zu Euch. 

Drei Din­ge sind Fakt. 
Ers­tens: Die Real­löh­ne sinken. 
Zwei­tens: In Mann­heim sind die Miet­prei­se pro Qua­drat­me­ter seit 2010 um rund 40 Pro­zent gestie­gen. Und die Mie­ten stei­gen unge­bremst weiter. 
Drit­tens: Jetzt explo­die­ren auch noch die Mietnebenkosten. 

Die Fol­ge: Nicht nur Men­schen mit nied­ri­gen Ein­kom­men, son­dern zuneh­mend auch Men­schen mit mitt­le­ren Ein­kom­men sind von Armut bedroht. Und das vor allem dann, wenn sie zur Mie­te wohnen.

Kei­ne Geschen­ke von oben
Des­halb for­dern wir einen Miet­preis­de­ckel, also nicht nur einen lang­sa­me­ren Anstieg der Mie­ten, wie bei der soge­nann­ten Miet­preis­brem­se, son­dern einen sofor­ti­gen Stopp des Mietpreisanstiegs. 

Und eine wei­te­re zen­tra­le For­de­rung: ein städ­ti­sches Vor­kaufs­recht für Wohn­raum und Grund­stü­cke, damit eine gemein­wohl­ori­en­tier­te Woh­nungs­po­li­tik über­haupt erst mög­lich wird. 
Ver­bes­se­run­gen bei den sozia­len Ver­hält­nis­sen bekom­men wir nicht geschenkt. Im Gegen­teil: Die Poli­tik hat bis­her nur für die obe­ren Ein­kom­mens­schich­ten gearbeitet. 

Das heißt ganz klar: Wir müs­sen uns orga­ni­sie­ren und für Ver­bes­se­run­gen sel­ber streiten. 

Und das beginnt in Mon­nem uff de Gass. Auch so funk­tio­niert Demo­kra­tie. Hoffentlich. 

Ich möch­te mich bei jeder ein­zel­nen, jedem ein­zel­nen, die sich dem Pro­test heu­te Abend ange­schlos­sen haben oder kurz ste­hen­ge­blie­ben sind, bedan­ken. Es bedarf einer lau­ten Bevöl­ke­rung, um Gehör zu erlangen. 

Des­halb: Redet mit­ein­an­der, orga­ni­siert Euch, wer­det kreativ!“


Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Janu­ar 2023
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